Essen. Die Gelsenkirchener Autoraser, die in Essen fünf Menschen verletzt hatten, sind jetzt rechtskräftig zu Haftstrafen verurteilt worden.

Drei Jahre nach dem schweren Unfall durch zwei Gelsenkirchener Autoraser am Berliner Platz in Essen ist das strafrechtliche Verfahren jetzt abgeschlossen. Die Staatsanwaltschaft und die Angeklagten akzeptierten am Donnerstag in der Berufungsverhandlung am Landgericht Essen das Urteil der ersten Instanz. Am 22. Oktober 2020 hatte das Essener Amtsgericht die beiden heute 25 Jahre alten Angeklagten zu einem Jahr und zwei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.

Es war der reinste Horror, den die Fußgänger an der Fußgängerampel vor dem Cinemaxx in der Essener Innenstadt erleben mussten. Am Samstag, 12. Mai 2018, 18 Uhr, stand dort eine Gruppe, die auf das Grünlicht wartete. In diesem Moment kollidierten zwei PS-Boliden beim Spurwechsel. Der Fahrer eines BMW M5 hatte den anderen seitlich touchiert, der Fahrer des Mercedes CLK verlor die Kontrolle über sein Auto, knallte vor einen Ampelmast und riss ihn aus der Verankerung. Erst vor einem Baum kam er zum Stehen.

Fünf Menschen bei Unfall verletzt

Fünf Menschen hatte der Fahrer zum Teil schwer verletzt, eine Frau flog durch die Luft. Zwei kleine Kinder, fünf und sieben Jahre alt, gehörten zu den Opfern. Körperlich verheilten die Wunden, psychisch hatten einige der Verletzten noch lange mit den Folgen zu kämpfen.

Die beiden Gelsenkirchener, zur Tatzeit 22 Jahre alt, hatten zunächst geschwiegen, der BMW-Fahrer sogar noch in der ersten Instanz. An sieben Verhandlungstagen hatte das Amtsgericht die Unfallfahrt rekonstruiert.

Autofahrt zum Angeben

Es war der Klassiker einer unsinnigen Fahrt, die allein der Prahlerei diente. Geboren sind beide in Gelsenkirchen, besitzen beide die türkische Staatsangehörigkeit. Der BMW-Fahrer, damals Schüler, strebt jetzt eine Ausbildung zum Lokführer an. Am Tattag hatte er sich den Wagen seines Vaters ausgeliehen. Sein Freund, ein Straßenbauer, fuhr den eigenen Wagen, ein recht altes Mercedes-Modell.

In Gelsenkirchen hatten sie sich an einer Waschanlage zur Fahrt nach Essen verabredet. Sie hätten im Einkaufszentrum Limbecker Platz "spazieren gehen" wollen, hörte das Amtsgericht. Tatsächlich wollten sie wohl angeben und Aufmerksamkeit erregen. Gäste von Straßencafès an der langgezogenen und vierspurigen Friedrich-Ebert-Straße in der Essener City hatten beobachtet, wie die beiden nebeneinander mit überhöhter Geschwindigkeit die Straße einmal hoch und dann wieder runter fuhren.

An der Ampel heulten die Motoren auf

Dann kam, was in den Innenstädten oft zu beklagen ist. An der roten Ampel vor dem Kreisel am Berliner Platz ließen sie die Motoren aufheulen. Laut Urteil hatten sie verabredet, wer von ihnen zuerst an der Jet-Tankstelle neben dem Cinemaxx eintrifft.

Bei Grün zogen sie los, Passanten hörten die Reifen quietschen. Einer auf der rechten Spur, der andere auf der mittleren. Kurz vor der Abfahrt zur Tankstelle hatte der BMW-Fahrer ein Problem, denn vor ihm geriet ein langsameres Fahrzeug in seinen Blick. Er versuchte, dieses durch Spurwechsel zu überholen und kollidierte seitlich mit dem "Rennpartner", der darauf in die Fußgängergruppe schoss.

Nicht um die Verletzten gekümmert

Ausdrücklich vermerkt das Urteil des Amtsgerichtes, dass die beiden sich nach dem Unfall nicht um die Opfer gekümmert hatten. Es ging ihnen wohl nur um die eigene Person: "Bruder, warum hast du mich rausgedrückt?" Das war der einzige Satz der beiden, den Passanten gehört hatten.

Zusätzlich zu den 14 Monaten Haft muss der BMW-Fahrer 150 Stunden soziale Arbeit leisten, der Mercedesfahrer dagegen 1500 Euro Buße zahlen. Besonders schmerzte sie der seit drei Jahren eingezogene Führerschein.

Die Staatsanwaltschaft und der BMW-Fahrer hatten Berufung gegen das Urteil eingelegt. Richter Roland Wissel, Vorsitzender der XXVII. Strafkammer, machte ihnen aber klar, dass das Gericht mit dem Urteil des Amtsgerichtes gut leben könne. Darauf zogen sie die Berufung zurück. Jetzt können die Gelsenkirchener einen neuen Führerschein beantragen, müssen dafür aber vermutlich zum "Idiotentest".