Gelsenkirchen. Sollte an Gelsenkirchener Schulen täglich eine vegane Mahlzeit angeboten werden? Mit diesem Vorschlag setzt sich die Stadt nun auseinander.
Als Aktivisten auf der ganzen Welt am 19. März 2021 zum globalen Klimastreik aufgerufen hatten, verbrachte die Gelsenkirchener Ortsgruppe von „Fridays for Future“ (FFF) ihre Zeit nicht nur auf der Straße, sondern offenbar – coronakonform – am Schreibtisch: Das Team formulierte fünf Bürgeranträge, mit denen sich die politischen Gremien der Stadt nun nach und nach beschäftigen müssen. In dem ersten dieser Anträge fordert der Schüler und FFF-Mitorganisator Lasse Block nun, dass in Schulkantinen künftig mindestens eine vollwertige vegane Mahlzeit angeboten werden soll.
Schüler: Veganes Angebot wäre auch für Muslime ein Vorteil
Der junge Mann hält ein veganes Angebot deshalb für sinnvoll, „weil immer mehr Menschen, vor allem auch jüngere Generationen, ohne tierische Produkte leben“. Sowohl ethische, aber auch klima- und umweltbezogene Gründe spielten häufig eine Rolle für die Entscheidung, „da vegane Ernährung insgesamt deutlich weniger Landnutzung nötig und weniger schädliche CO2-Emissionen verursacht“, schreibt Block.
Diese Anträge stellt Fridays for Future
Anlässlich des globalen Klimastreiks hat die „Fridays for Future“-Ortsgruppe neben der Forderung nach veganem Schulessen vier weitere Bürgeranträge an die Stadt gestellt. Die Klimaaktivisten fordern: eine Nachbegrünung von zubetonierten Plätzen, einen Baum für jedes neugeborene Kind, eine Dekarbonisierungsstrategie für die Beteiligungen der Stadt und eine Wildblumenwiese an der Ebertstraße.
Die Anträge werden in den kommenden Wochen und Monaten in den jeweiligen politischen Fachausschüssen beraten und diskutiert.
Auch führt der FFF-Aktivist religiöse Argumente an. Eine vegane Mahlzeit könne etwa auch ein Vorteil für Muslime sein. Sie könnten dann sichergehen, Mahlzeiten zu erhalten, die konform mit dem islamischen Glauben sind (kein Schweinefleisch und Fleisch von Tieren, die nach dem islamischen Ritus geschlachtet wurden). Aus diesen Gründen sei es nicht nur für die Schulen, sondern für alle öffentlichen Kantinen eine sinnvolle Ergänzung, den Zugang zu einer vollwertigen veganen Mahlzeit zu vereinfachen. [Lesen Sie auch:Gelsenkirchen: Veganes Leben muss kein Genussverzicht sein]
Stadt: Bisher wurde kein Bedarf an veganer Kost signalisiert
Für die Stadt und die Schulen ist eine solche Anregung offenbar neu. In dem sogenannten Essensbeirat, in dem Vertreter der Schulen und Verwaltung besprechen, ob bei künftigen Ausschreibungen für Catering-Dienste Besonderheiten berücksichtigt werden sollten, sei der Bedarf an veganer Kost bisher nicht angemeldet worden.
Zudem schreibt die Stadt in Ihrer Antwort an Lars Block: Ein vegetarisches Menü werde bereits täglich an allen weiterführenden Schulen und Förderschulen angeboten. Die Alternative zum Catering-Service, das „Schulrestaurant“ des Gelsenkirchener Mensavereins, wo Mahlzeiten für drei Förderschulen und vier weiterführende Gelsenkirchener Schulen zubereitet werden, habe zudem vegane Kost im Programm und stellt diese auf Anfrage bereit.
„Die Anfrage nach veganem Essen ist bislang sehr gering“, sagt Stephanie Schmidt, die Geschäftsleitung des Schulrestaurants. Von 1000täglichen Mahlzeiten sei rund 15 Mal vom regulären Speiseplan abweichende Sonderkost angemeldet worden, darunter lediglich fünf Mal vegane Sonderkost. Jene Familien bekommen dann einen gesonderten Speiseplan zugeschickt. Statt eines Burgers mit Fleischbulette, wie er am Freitag (18. Juni) auf dem normalen Speiseplan stand, ist dort dann für die wenigen Veganer ein Getreide-Burger mit Mayonnaise ohne Ei aufgeführt.
Schulrestaurant: Viele lehnen veganes Essen aus Prinzip an
Allerdings sei beim Schulrestaurant viel mehr vegan, als man zunächst meint, erklärt Schmidt. Beispielsweise biete man an der Nudelbar auch mal eine Soße auf Basis von Kokosmilch an. „Die deklarieren wir dann aber nicht als vegan, sondern als vegetarisch.“ Schmidt glaubt: „Wenn wir ‘vegan’ dran schreiben, würde da bei vielen eine grundsätzliche Ablehnungshaltung greifen.“ Viele Schüler und Eltern würden veganes Essen aus Prinzip ablehnen.
Und der Grundschulbereich? Hier ist die Mittagsverpflegung an die Träger der Ganztagsbetreuung abgegeben, die mit dem jeweilig gewählten Caterer einen Vertrag schließen. Die Trägervereine haben der Stadt dabei Folgendes zurückgemeldet: Das Mittagessen in den Grundschulen sei nach den Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) ausgerichtet. Das heißt: Vegetarische Mahlzeiten finden in Grundschulen Berücksichtigung. Bei Bedarf können im Einzelfall vegane Speisen angeboten werden.
Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät von rein veganer Ernährung ab
Die DGE rät allerdings von einer rein veganen Ernährung für Kinder und Jugendliche ab. Bei vegan ernährten Kindern seien „spezielle Kenntnisse der Lebensmittelauswahl und -zubereitung bzw. die Sicherstellung der Versorgung durch angereicherte Lebensmittel oder Supplemente erforderlich“, heißt es dort. [Lesen Sie auch: Hartz IV und Mangelernährung: Satt ist nicht gleich gesund]
Dennoch will die Stadt nun eines tun: Die Anregung aufgreifen und sie mit den beteiligten Ganztagsförderschulen und den weiterführenden Schulen erörtern. Zunächst aber berät der Jugendausschuss am 22. Juni über den Vorschlag.