Gelsenkirchen-Horst. Corona-Pandemie, Vertrauenskrise: Keine einfachen Zeiten für eine katholische Gemeinde in Gelsenkirchen. Doch es gibt auch Grund zur Zuversicht.

Dass Menschen aus der katholischen Kirche austreten, kommt in diesen Tagen häufiger vor: Die vielen Missbrauchsskandale und der Umgang der Amtskirche damit sind ein Grund dafür. Wolfgang Pingel, Pfarrer der Kirchengemeinde St. Hippolytus in Gelsenkirchen-Horst, schmerzt jeder Austritt, auch wenn er sagt: „Ich kann die Menschen verstehen.“ Dennoch: Jedes Gemeindemitglied, das austritt, bekommt einen Brief von Pfarrer Pingel, in dem er klar macht: „Wir sind weiter für Euch da – und unsere Tür steht jederzeit offen.“

Es war kein einfaches Jahr für die Kirchengemeinde, es stand ganz im Schatten der Corona-Pandemie. Festgottesdienste, Gemeindefeiern, Kinderfreizeiten, Veranstaltungen für Senioren – vieles musste ausfallen oder konnte nur im ganz kleinen Rahmen stattfinden. Besonders betroffen waren dabei die Kommunionkinder, und das gleich von zwei Jahrgängen. Im Jahr 2020 musste die Erstkommunionfeier ganz ausfallen, sie wurde auf das Jahr 2021 verschoben. Jetzt im Mai richtete die Gemeinde an mehreren Sonn- und Feiertagen versetzt mehrere Feiern aus – aber natürlich aufgrund der Coronabeschränkungen nicht in dem Rahmen, den man bei diesem Anlass gewohnt ist.

Besondere Erstkommunion für drei Gelsenkirchener Kinder

In „normalen“ Jahren ist die Erstkommunion ein großes Familienfest: Die Kirchen sind voll, weil viele Verwandte der Kommunionkinder kommen, anschließend wird daheim oder im Restaurant gefeiert. Das alles war in diesem Jahr nicht beziehungsweise nur sehr begrenzt möglich: Es durfte nur eine kleine Anzahl von Menschen in die Kirche, die Gastronomie hatte noch geschlossen, größere Feiern waren verboten. „Viele Eltern haben sich im Vorfeld traurig darüber gezeigt, dass der lang ersehnte Tag nun ganz anders stattfinden würde“, erinnert sich Wolfgang Pingel.

Gemeindereferentin Barbara Strack: „Mit einem Zoom-Gottesdienst sind Kinder und Jugendliche leichter zu erreichen.“
Gemeindereferentin Barbara Strack: „Mit einem Zoom-Gottesdienst sind Kinder und Jugendliche leichter zu erreichen.“ © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Doch dann kam der Tag der Kommunion – und vieles war dann doch anders, als man es sich vorher vorgestellt hatte. „Mich haben nachher ganz viele Gottesdienstteilnehmer angesprochen und gesagt, dass sie die aufs Wesentliche reduzierte Feier sehr genossen hätten“, sagt Paul Heselmann, der als Diakon in der Gemeinde tätig ist. Für drei Kinder sollte es sogar noch eine ganz besondere Feier werden: Sie waren im Vorfeld positiv auf Corona getestet worden und durften daher nicht zur Kirche kommen. „Mit den dreien haben wir einen Gottesdienst über die Videoplattform Zoom gefeiert“, sagt Pfarrer Wolfgang Pingel. „Anschließend haben Paul Heselmann, Gemeindereferentin Barabara Strack und ich den Kindern die Erstkommunion vorbeigebracht – natürlich unter Einhaltung aller Sicherheitsmaßnahmen.“

Diese Konzept soll auch in der Nach-Corona-Zeit beibehalten werden

Natürlich freut mach sich bei der Gemeinde, dass jetzt, mit sinkenden Inzidenzzahlen, auch wieder mehr möglich ist. Und natürlich will man im kommenden Jahr wieder eine „richtige“ Erstkommunionfeier anbieten. Dennoch: Nicht alles von dem, was in der Corona-Zeit aus der Not heraus geboren wurde, soll nach Corona wieder vergessen werden. „Wir haben etwa festgestellt, dass Kinder und Jugendliche über so einen Zoom-Gottesdienst viel leichter zu erreichen sind, dass die Berührungsängste da viel kleiner sind“, sagt Barbara Strack. „Das ist sicherlich ein Konzept, das man in die Nach-Corona-Zeit mitnehmen kann.“

Generell müsse man ein anderes Verständnis von Kirche leben, so Diakon Paul Heselmann. „Wir müssen die Menschen einbinden und mitnehmen“, sagt er. „Kirche darf nicht mehr als eine Organisation erlebt werden, die von oben herab predigt. Ich bin zuversichtlich, dass es uns so gelingt, wieder Vertrauen aufzubauen.“

Informationsabend in der Kirche

Im Mai fand die letzte Kommunionfeier statt – nach den Sommerferien geht die Vorbereitung auf die Erstkommunion im kommenden Jahr los. Angesprochen sind alle Kinder der Gemeinde, die zwischen dem 1. Oktober 2012 und dem 30. September 2013 geboren wurde.Am Montag, 21. Juni und am Dienstag, 22. Juni, findet jeweils um 19 Uhr ein Informationsabend in der Hippolytuskirche statt. Wer daran teilnehmen möchte, meldet sich bei Barbara Strack unter 01575 1460186.

Das gelte auch mit Hinblick auf die Krise, in der sich die katholische Kirche gerade befindet – und die vor allem viele Gemeindepriester vor Ort auch ein wenig ratlos zurücklässt. Die leisteten nämlich in aller Regel gute Arbeit, findet Wolfgang Pingel, der allerdings auch kein Patentrezept hat, um die Kirche aus der Krise zu führen. „Wir können nur Vertrauen aufbauen, indem wir auf die Menschen zugehen und glaubwürdig sind“, sagt er, „und dabei ein gutes Stück Gottvertrauen an den Tag legen.“