Gelsenkirchen. Erstmals gibt es in NRW wieder eine Öffnungsperspektive für Clubs und Diskotheken. Gelsenkirchener Betreiber reagieren allerdings sehr skeptisch.
Feiern, tanzen, Leute kennenlernen – und das möglichst, ohne 1,50 Meter Abstand zu halten: Alles, was Partys ausmacht, ist während der Corona-Pandemie undenkbar. Seit über einem Jahr sind Clubs und Diskotheken deshalb schon geschlossen. Nun bietet das Land NRW erstmalig eine Öffnungsperspektive. Für Gelsenkirchener Clubbetreiber bleiben jedoch viele Fragen offen.
Nico Karls Familie hat die Diskothek Alte Hütte von 1983 bis 2014 betrieben, zwischenzeitlich verpachtet und dann 2018 zurückgekauft. Was für sie im Klartext bedeutete: Kredite aufnehmen und viel investieren. Eineinhalb Jahre später kam Corona. „Ich sage ehrlich: Es ist momentan ganz, ganz schwer. Wir müssen privat auf Vieles verzichten“, berichtet er. Die jetzige Ankündigung des Landes sei zwar ein positives Signal. Aber: „Dass wir potenziell wieder öffnen dürfen heißt nicht, dass sich der Betrieb für uns auch rentiert. Da gibt es noch viele Wenns und Abers.“
Öffnung der Innenbereiche von Clubs und Diskotheken ab September möglich
Am Mittwoch (26. Mai) hatte die NRW-Landesregierung einen neuen Stufenplan zur Lockerung der Corona-Regeln vorgestellt. Demnach dürften Clubs und Diskotheken bei einem Inzidenzwert unter 35 ihre Außenbereiche für bis zu 100 Gäste öffnen. Voraussetzung ist ein aktuelles negatives Testergebnis. Ab 1. September soll dann im Innenbereich eine unbegrenzte Gästezahl erlaubt sein – sofern auch die Landesinzidenz unter 35 liegt und die Betreiber ein Hygienekonzept vorlegen, das genehmigt werden muss. Auch die Testpflicht bleibt in diesem Fall bestehen.
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„Schon vor Corona war es nicht einfach, eine Diskothek profitabel zu betreiben“, betont Nico Karl. Das habe unter anderem mit dem veränderten Ausgehverhalten junger Menschen zu tun: „Heute muss man ja nicht mehr rausgehen, um jemanden kennenzulernen. Die hohen Kosten, etwa für Personal, GEMA und TÜV-Abnahme, bleiben aber die gleichen.“ Unter Pandemie-Bedingungen sei es naturgemäß noch viel schwerer, die Wirtschaftlichkeit zu erhalten.
Unklarheit über das vom Land NRW geforderte Öffnungskonzept
Nur den Außenbereich zu öffnen, kommt für den Clubbetreiber nicht in Frage. Doch auch, ob sich die mögliche Öffnung des Innenbereiches ab September lohnen werde, sei noch nicht sicher. Denn unklar ist bis jetzt, wie das vom Land geforderte Konzept aussehen soll. „Wenn die Voraussetzung ist, dass Gäste einen Mindestabstand einhalten sollen oder eine Maskenpflicht gelten muss, ist das für uns nicht umsetzbar“, so Karl. „Denn wir als Diskothek leben davon, dass Leute hier gemeinsam an der Bar sitzen, dass sie sich näher kommen können.“
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Einen „Witz“ nennt Norman Mücke, Betreiber der LED-Diskothek, die Vorgaben des Landes. Für ihn sind zu viele Parameter noch ungeklärt, um überhaupt darüber zu spekulieren, wann sein Club wieder öffnen kann – angefangen davon, dass niemand wisse, ob die Inzidenz in Gelsenkirchen im September tatsächlich unter 35 liegen werde. „Auf die Öffnung müsste ich mich aber jetzt schon vorbereiten: Programm vorbereiten, DJs buchen, neues Personal akquirieren, große Mengen an Getränken kaufen. Und wenn die Zahlen doch wieder steigen, bleibe ich auf alldem sitzen.
Gelsenkirchener Clubbetreiber fürchtet Probleme im Zusammenhang mit der Testpflicht
Falls ab September tatsächlich nur Geimpfte, Getestete und Genese in die Clubs dürften, sehe er weitere Probleme: „Dann verlagert sich das Problem vor unsere Tür. Wenn wir Leute nicht hereinlassen, weil sie keinen negativen Test dabeihaben, steigt das Aggressionspotenzial.“ Dazu komme die Tatsache, dass Feiern gehen oft ein Spontanentschluss sei – um 22 oder 23 Uhr sei aber kaum noch ein Testzentrum geöffnet.
„Und letztendlich bin ich dann der Dumme, der die Gäste nicht in den Club gelassen hat. Das bedeutet für mich auch einen Imageschaden“, ärgert sich Mücke. Da seine Zielgruppe Menschen zwischen 16 und 30 umfasse, sei auch keineswegs gesagt, dass die meisten Gäste im Herbst bereits zweimal geimpft seien.
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Nichts zuletzt kritisiert der Diskothekenbetreiber, die Inzidenzgrenze von 35 sei von der Politik willkürlich gewählt: „Wer will denn dafür seinen Kopf hinhalten, wenn doch etwas schief geht und es ein größeres Infektionsgeschehen gibt? Ich sicher nicht.“ Ein Stück Normalität werde daher wohl erst zurückkehren, wenn eine Herdenimmunität erreicht sei.
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