Gelsenkirchen. Die Feuerwehr Gelsenkirchen erhält schweres Gerät: Kraftprotz Manitou. Mobiler und schlagkräftiger will die Polizei werden mit einer Radstaffel.

Die Gelsenkirchener Feuerwehr und Polizei verfolgen zwei Ansätze, die nicht gegenseitiger sein können: Auf der einen Seite steht die Mobilität der neuen Polizei-Radstaffel, auf der anderen die enorme Kraft des Teleskopladers der Feuerwehr - beide Einheiten eint, dass sie flexibel einsetzbar sind.

Jüngstes aber dafür bärenstarkes Mitglied bei der Gelsenkirchener Feuerwehr ist Manitou. Der Teleskoplader kann bei maximal ausgefahrenen Teleskoparm 1,5 Tonnen tragen. Im Bild: Löschzugführer Frank Luckas (l.) und Simon Bürgner.
Jüngstes aber dafür bärenstarkes Mitglied bei der Gelsenkirchener Feuerwehr ist Manitou. Der Teleskoplader kann bei maximal ausgefahrenen Teleskoparm 1,5 Tonnen tragen. Im Bild: Löschzugführer Frank Luckas (l.) und Simon Bürgner. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Gelsenkirchener Manitou: 14 Meter Hubhöhe, zehn Meter Reichweite, vier Tonnen Tragkraft für 180.000 Euro

Auf pure Kraft setzt die Feuerwehr mit dem neuen Elf-Tonner Manitou. Dank einer umfangreichen Ausstattung nebst enormer Reichweite und Tragkraft wird der Teleskoplader überall dort den Gelsenkirchener Rettungskräften unter die Arme greifen, wo schwere Fahrzeuge oder auch gefährliche Materialien wie Gefahrgut aus dem Weg geräumt oder geborgen werden müssen.

Mehr Kraft als Tempo

Der Manitou verfügt über zwei lenkbare Achsen. Die voll klimatisierte Kabine steckt unter einem Sicherheitskäfig und hat neben den Kameras noch drei Scheibenwischer, damit die Sicht nach vorn, hinten und oben nicht beeinträchtig wird.

Alle hydraulischen Elemente sind gegen Feuer geschützt. Das bedeutet, die Maschine kann im Zweifelsfall sehr nah an den Einsatzort heranfahren.

Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 30 Stundenkilometer. Wäre das Fahrzeug schneller, müssten alle Benutzer einen Lkw-Führerschein machen. Bei der Berufsfeuerwehr ist das Standard, bei der Freiwilligen Feuerwehr aber nicht. Stationiert ist der Manitou bei den freiwilligen Helfern.

„Manitou ist vor allem ein Arbeits- und kein Rettungsgerät“, erklärt Feuerwehrsprecher Carsten Jost bei der Vorstellung des 180.000 Euro teuren Kraftprotzes an der Hauptfeuerwache. Der Teleskoparm des treckerähnlichen Quattro-Gefährts hat eine Hubhöhe von 14 Metern und reicht zehn Meter weit. Bis zu vier Tonnen Tragkraft sind verbrieft. Dazu verfügt die Maschine über fünf Kameras (360 Grad-Sicht), eine Überdruckkabine mit Luftfilterung sowie Atemluftgerät für Notfälle.

Umfangreiches Zubehör: Seilwinde, Räumschild, Reißschaufel, Arbeitskorb und Kehrbesen

Genug Kraft also, „um brennende Strohballen auseinander zu ziehen oder umgekippte Transporter mit Chemikalienfässern zu bergen“, skizziert Jost beispielhaft das Einsatzspektrum des „MT 1440 HA Comfort“, so lautet der technokratische Name des Geräts.

Der Gelsenkirchener Manitou verfügt über eine umfangreiche Ausstattung: Angebaut werden kann ein Arbeitskorb für drei Einsatzkräfte, eine Reißschaufel, ein Schneeschild, eine hydraulische Seilwinde mit einer Hakenlast von drei Tonnen oder auch ein Kehrbesen, hier im Bild.
Der Gelsenkirchener Manitou verfügt über eine umfangreiche Ausstattung: Angebaut werden kann ein Arbeitskorb für drei Einsatzkräfte, eine Reißschaufel, ein Schneeschild, eine hydraulische Seilwinde mit einer Hakenlast von drei Tonnen oder auch ein Kehrbesen, hier im Bild. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Angedockt an die 100-PS-Maschine „können ein Arbeitskorb für drei Einsatzkräfte, eine Reißschaufel, ein Schneeschild, eine hydraulische Seilwinde mit einer Hakenlast von drei Tonnen oder auch ein Kehrbesen“, führt Jost weiter aus. Das erleichtere es der Feuerwehr, bei Schlechtwetterlagen ihre Einsatzbereitschaft aufrecht zu erhalten und auch Wartungen an den Feuerwachen und logistische Arbeiten schneller zu verrichten. Die Feuerwehr unterhält große Lager, in denen unter anderem medizinisches Material vorgehalten wird.

„Manitou wird an den Löschzug 17 der Freiwilligen Feuerwehr angedockt“, freut sich Löschzugführer Frank Luckas. LZ 17, das sind die Logistiker unter den örtlichen Rettern. Zehn der ehrenamtlichen Helfer sind bereits geschult worden mit der komplexen Bedienung des Laders, weitere werden folgen. 15 Kräfte der Berufsfeuerwehr haben sich mit den zigfach belegten Joysticks und dem Meer aus Schaltern und Sensoren bereits auseinandergesetzt.

13 Gelsenkirchener Polizeibeamte haben den Stadtsüden im Blick - vom Sattel aus

Polizeipräsidentin Britta inmitten von Beamten der neuen Polizei-Radstaffel an der Polizeiwache Süd (Wildenbruchstraße). 13 Polizistinnen und Polizisten sind ab sofort im Gelsenkirchener Süden im Einsatz.
Polizeipräsidentin Britta inmitten von Beamten der neuen Polizei-Radstaffel an der Polizeiwache Süd (Wildenbruchstraße). 13 Polizistinnen und Polizisten sind ab sofort im Gelsenkirchener Süden im Einsatz. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Ortswechsel zur Polizeiwache Süd an der Wildenbruchstraße: Von hier aus schwärmt ab sofort die neue Radstaffel der Gelsenkirchener Polizei aus - fährt Streife oder Einsätze. Das Besondere: Die Idee ist nicht etwa in den Führungsetagen der Polizeibehörde oder des Innenministeriums geboren worden, sondern der Anstoß kam aus den eigenen Reihen, von der Basis.

„Wir sind eine Gruppe von radbegeisterten Beamten“, sagt Polizeioberkommissar Alexander Hans, der Kopf der Radstaffel. Mit wir meint der Beamte zwölf weitere Kolleginnen und Kollegen, die für den Weg zur Arbeit oder auch in der Freizeit Sattel und Muskelkraft bevorzugen.

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Die Polizeiradstaffel soll zunächst einmal im Laufe eine sechsmonatigen Testphase vor allem den Gelsenkirchener Stadtsüden ins Visier nehmen, wie Polizeipräsidentin Britta Zur bei der offiziellen Vorstellung der neuen Einheit erklärt. Sie „findet die Idee toll und unterstützt sie sehr gerne“.

Britta Zur sowie Polizeidirektor Andreas Morbach, der Leiter der Polizeiwache Süd, versprechen sich vom Einsatz der Radstaffel einen Zugewinn an Mobilität und Reichweite. Letzteres zielt allerdings weniger auf Kilometer ab denn auf Örtlichkeiten, die mit Streifenwagen schlechter zu erreichen sind, beispielsweise Parks. Nicht zu vergessen: Der direkte Draht zum Bürger. Die Hemmschwelle, einen Beamten auf dem Rad anzuhalten und anzusprechen sei geringer als bei einer Streife im Wagen.

Die Gelsenkirchener Radstaffel hat spezielle Schutzkleidung für warme wie kalte Tage bekommen. Zur Ausrüstung gehört natürlich auch eine Schutzweste.
Die Gelsenkirchener Radstaffel hat spezielle Schutzkleidung für warme wie kalte Tage bekommen. Zur Ausrüstung gehört natürlich auch eine Schutzweste. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Einsatzspektrum: Fußballspiele, Demonstrationen, Fahndungen, Unfälle

Das Einsatzspektrum reicht laut Alexander Hans von der Unterstützung bei Fußballheimspielen über Demonstrationen und Versammlungen bis hin zu Fahndungen. „Nicht selten behindert dichter Verkehr Streifenwagen, die Radstaffel kann über Schleichwege durchaus schneller sein“, berichtet der Oberkommissar von ersten positiven Erfahrungen. Natürlich sei die Staffel auch so ausgerüstet, einen Unfall, Alltag bei der Polizei, aufzunehmen.

Ein Vorteil aus Sicht der Polizei: Die Ordnungskräfte fallen auf ihren Trekkingrädern trotz Raduniform weit weniger auf als ein Streifenwagen. „Wir sind oft schon da, bevor man uns bemerkt“, so Alexander weiter.

Sollte der Test positiv verlaufen, ist an einen Ausbau der Staffel gedacht. Technisch wie wohl auch personell. In Krefeld, Münster und Düsseldorf sind vielköpfige Radstaffeln bereits fester Bestandteil der Behördenstruktur. Nicht selten auf einem Pedelec, also einem Rad mit Elektro-Antrieb.