Gelsenkirchen-Buer. Warum sich die Gelsenkirchener Kaufmannstochter Angela Dieler für die Selbstständigkeit entschied. Wäsche-Laden soll Rü-Flair nach Buer bringen.
„Busenfreundin“: (Fast) jede hat so eine, vertraut wie niemand sonst mit allerlei Geheimnissen – und mit genau diesem Anspruch ist gerade ein gleichnamiges Geschäft in Buer an den Start gegangen. Mitten im Corona-Lockdown, möglich ist nur die Abholung von Online-Bestellungen per „click and collect“, hat Existenzgründerin Angela Dieler ihren „Bodywear-Concept-Store“ an der Blindestraße eröffnet. Leichtsinnig? „Überhaupt nicht!“, sagt die Inhaberin. Mutig? „Schon!“ Verrückt? „Auf jeden Fall!“
Was die 49-Jährige sich vorgenommen hat, ist nichts weniger, als ihren Kundinnen und Kunden ganz nah zu kommen, hautnah eben: Wo früher die Parfümerie Pieper im Dienste der Schönheit residierte, bietet Angela Dieler auf 117 Quadratmetern Dessous, Lingerie, Bade- und Strandmode, Nachtwäsche und Loungewear an, also Kleidung (nicht nur) fürs Homeoffice. Vornehmlich für Frauen, einen kleinen Bereich hat sie aber auch für Herren reserviert. „In 80 Prozent der Fälle sind es sowieso Frauen, die ihren Männern die Schlafanzüge kaufen.“
Wäsche „für jede Rundung des Körpers“
Das Besondere: Sie stellt Kollektionen zusammen etwa aus Bikini und Strandkleid, die farblich und im Stil zusammenpassen, „anspruchsvoll und modern, für jedes Alter und für jede Rundung des Körpers“, betont die Bueranerin. „Sonst muss sich die Kundin das zumeist selbst zusammensuchen.“
Seit 1998 im Textilhandel tätig, weiß sie: Nicht jede Frau passt in Konfektionsgröße 38 und Körbchengröße 75B. „Daher führe ich die Größen XS bis XXL, 34 bis 48 und Cups 70 A bis 100 G.“
Erst kam die Kündigung, dann ging’s an die Existenzgründung – schon immer ein Traum
Mit „Busenfreundin“ am Robinienhof erfüllt sich Angela Dieler einen langgehegten Traum – den ihr erst die Coronakrise ebenso aufnötigte wie ermöglichte. Verantwortlich für den europaweiten Wäsche-Online-Handel einer bekannten Modekette, erhielt sie Ende Juli 2020 die Kündigung, als das Unternehmen in die Insolvenz ging. Ihr alter Traum drängte nach oben, und dann ging alles ganz fix: Schon zehn Tage später, so berichtet sie, besuchte sie die erste Modemesse für Bodywear, sprach mit möglichen Lieferanten, handelte Konditionen aus und schrieb nebenher einen 76-seitigen Businessplan für die Bank.
„Ich wollte schon immer ein eigenes Geschäft für Wäsche eröffnen“, erzählt die 49-Jährige, die als Tochter der Gelsenkirchener Unternehmer-Familie Dieler schon mit der Kaufmanns-DNA geboren wurde. „Aber ich hatte auch viel Spaß an meinem Job, mein Chef wollte mich nicht gehen lassen, und da habe ich die Selbstständigkeit irgendwie aus dem Blick verloren.“ Insofern sei Corona Fluch und Segen zugleich gewesen.
Aus Buer „die Rüttenscheider Straße in Klein machen“
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Als Zielgruppe hat sie die Kundinnen im Blick, die sich bei Mode-Geschäften im hochwertigen Segment zu Hause fühlen und das passende „Drunter“ suchen: mal schlicht, mal raffiniert, immer edel. „Bei mir bekommt man aber nicht nur einen BH für 150, sondern auch einen für 60 Euro“, betont die Inhaberin.
Unterwäsche für brustoperierte Frauen
Inhaberin Angela Dieler bietet auch Prothesen-BH und Bademode für brustoperierte Frauen an. Interessierte können dafür einen exklusiven Termin vereinbaren, etwa nach Ladenschluss.
Körperpflege-Produkte, Duftkerzen, Tagesdecken und Plaids ergänzen das Sortiment, in dem auch nachhaltige Mode aus Recycling-Material vertreten ist.
Das Geschäft „Busenfreundin“, Blindestraße 2, hat montags bis freitags von 10 bis 19 und samstags von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Wegen des Corona-Lockdowns ist derzeit nur die Abholung online gekaufter Ware möglich, mit niedrigeren Inzidenzwerten wird dann Einkauf mit Termin für negativ Getestete, Genesene und Geimpfte möglich.
Corona-Lockdown, Umbrüche im Einzelhandel, Online-Einkaufsboom hin oder her: Angst vor der eigenen Courage hat sie nicht. „Ich bin überzeugt, dass die Menschen gemerkt haben, wie langweilig Online-Shoppen ist! Der Nachholbedarf wird riesig sein, wenn die Geschäfte wieder öffnen dürfen. Und davon werden gerade inhabergeführte Läden profitieren.“ Schon jetzt im Lockdown sei die Resonanz „enorm“.
So will sie mit ihrem Konzept des individuellen Sortiments und exklusiven Terminshoppings der Monokultur vieler Innenstädte etwas entgegensetzen. Direkt gegenüber von Juwelier Weber und der Lounge-Bar von Sophia Biancolin angesiedelt, fühlt sie sich pudelwohl: „Wenn es uns mit vereinten Kräften gelänge, aus Buer so etwas wie die Rüttenscheider Straße in Klein zu machen, das wäre doch toll!“
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