Gelsenkirchen-Horst. Wie der Gelsenkirchener Bezirksbürgermeister auf Kritik an Angebotsmangel im Frische-Bereich reagiert. Und warum Gelsendienste sie zurückweist.

„Quirlige Atmosphäre“, „südländisches Flair“, „wie auf einem Basar“: Wenn es um den Horster Wochenmarkt geht, gerät Gelsendienste auf seiner Internetseite ins Schwärmen. So mancher Besucher sieht den Sortimentsmix in Nicht-Coronazeiten allerdings weniger positiv. Zu wenige Frischwaren, zu viele Non-Food-Produkte, so lautet die Kritik – die Bezirksbürgermeister Joachim Gill nun zum Anlass für eine besondere Initiative nehmen will.

„Schon seit Jahren gibt es Klagen über einen so genannten Flohmarkt-Charakter“, berichtet Gill. Es fänden sich bei dem einmal wöchentlich stattfindenden Mittwochs-Markt unter den rund 90 Ständen zu viele Textiler auf dem Josef-Büscher-Platz, so die Kritiker. Weiterer Vorwurf: Auch das große Angebot an Haushalts-, Lederwaren und Schuhen werde dem Anspruch eines Frischemarkts nicht gerecht.

Gelsenkirchener Bezirksbürgermeister bedauert, dass sich das Sortiment verändert hat

Textilhändler auf Wochenmärkten – hier in Herne-Röhlinghausen – sind für viele Kunden ein Anziehungspunkt, auch in Gelsenkirchen-Horst. Andere erinnert das dabei verbreitete Flair an Flohmärkte.
Textilhändler auf Wochenmärkten – hier in Herne-Röhlinghausen – sind für viele Kunden ein Anziehungspunkt, auch in Gelsenkirchen-Horst. Andere erinnert das dabei verbreitete Flair an Flohmärkte. © WAZ FotoPool | SCHILD, Thomas

Selbst seit vielen Jahren vertraut mit den Gegebenheiten vor Ort, muss Gill bestätigen: „Das Sortiment des Wochenmarkts hat sich schleichend verändert. Im Laufe der Jahre haben einige Frische-Händler ihm den Rücken gekehrt, weil sie nach eigenen Angaben zu wenig Umsatz gemacht haben. Textiler und andere Non-Food-Beschicker haben die Lücken gefüllt.“

In der Corona-Krise sei für Nicht-Frischwaren-Händler zwar kein Platz, für die Zeit nach der Pandemie will Gill allerdings Veränderungen anstoßen, „am besten mit anderen Akteuren, denen Horst ebenso am Herzen liegt“.

Zweiter Wochenmarkttag könnte auf der Hippolytusstraße abgehalten werden

Bezirksbürgermeister Joachim Gill (SPD) will einen zweiten Markttag auf dem Wochenmarkt in Gelsenkirchen-Horst initiieren.
Bezirksbürgermeister Joachim Gill (SPD) will einen zweiten Markttag auf dem Wochenmarkt in Gelsenkirchen-Horst initiieren. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Konkret regt er einen zweiten Markttag ausschließlich mit frischen Waren wie Obst, Gemüse, Fleisch, Fisch und Blumen am Freitag oder Samstag an. „Das würde den Bereich rund um die Essener Straße beleben und auch den Kaufleuten gut tun“, ist Gill überzeugt. Weil dieser Markt dann kleiner werde als der am Mittwoch, könne er gut konzentriert auf der Hippolytus-Straße stattfinden.

Dass das Potenzial dafür existiert, davon ist Gill überzeugt. „Schon vor rund zehn Jahren haben wir einen solchen Frischemarkt ausprobiert, da gab es anfangs bombastische Umsätze. Nach wenigen Wochen ist das Ganze aber eingeschlafen, wahrscheinlich auch, weil wir es im Herbst gewagt haben“, setzt der Bezirksbürgermeister auf einen zweiten, besser vorbereiteten Versuch, etwa im Frühjahr.

Händler-Chef regt Gastronomie-Elemente an

Auch Bernd Strickling, Vorsitzender der Werbegemeinschaft Horst, kann die Klagen über den „Flohmarkt-Charakter“ des Wochenmarkts vor der Pandemie durchaus nachvollziehen. „Der Markt ist tatsächlich zu einem großen Teil mit Non-Food-Artikeln bestückt. Allerdings zieht genau dieses Angebot auch viele Besucher an“, meint er.

Die Initiative von Gill befürwortet er, „jedoch müsste das Konzept ausgefeilter sein als vor rund zehn Jahren. Toll wäre es doch, wenn sich in Horst so ein ähnliches Flair wie der Feierabendmarkt in Buer etablieren ließe, also mit Gastronomie-Elementen.“

Gelsendienste weist Kritik zurück

Ausdrücklich „offen für neue Vorschläge“ zeigt sich auf Anfrage Siegbert Panteleit, bei Gelsendienste verantwortlich für die Wochenmärkte. „Wir unterstützen jede Initiative, die helfen kann, die Märkte zu beleben.“ Dass der Anteil an Frische-Produkten in Horst zu klein sei, mag er aber nicht bestätigen. „Das Frische-Sortiment ist ausreichend groß, jede Warengruppe ist vertreten.“

Wie der Einzelhandel in den Innenstädten befinde sich der Wochenmarkt an sich im Wandel, weil Händler in den Ruhestand gingen, sich aber kein Nachwuchs finde. „Daher müssen wir zusehen, junge Gründer dafür zu interessieren, die sich etwa mit Landwirtschaft im Nebenerwerb etwas dazu verdienen.“

Erst in der vergangenen Woche habe ein neuer Beschicker erstmals in Horst junge, selbstgezogene Gemüsepflanzen angeboten. „Das Angebot kam super an, weil nachhaltiges Gärtnern bei vielen in der Coronakrise im Trend ist. Nach drei Stunden war er ausverkauft.“ Panteleit hofft nun, dass sich diese Tendenz verstetigt und weitere solcher Händler mit neuen Ideen die Wochenmärkte bereichern – auch in Horst.