Gelsenkirchen. Kreativköpfe aus Gelsenkirchen stellen im Büro von OB Karin Welge ihre Kunst aus. Den Anfang macht Ekkehart Bussenius mit Revier-Fotos bei Nacht.

Der Himmel leuchtet in einem unwirklichen Violett-Ton. Im Vordergrund erhebt sich vor einer grauen Hausfassade geradezu majestätisch ein Baum, dessen knorrige Äste wie die Fangarme eines Kraken nach den Fenstern zu greifen scheinen. Das Verwunderliche: Trotz der besonderen Ästhetik hat Fotograf Ekkehart Bussenius auf jegliche Form der digitalen Nachbereitung seiner Aufnahmen verzichtet. Diese zeigen Ruhrgebiets-Szenerien bei Nacht. Und werden derzeit an einer der prominentesten Stellen der Stadt ausgestellt: im und vor dem Büro von Oberbürgermeisterin Karin Welge.

73 Kreativköpfe aus Gelsenkirchen hatten sich beworben

Fotograf Ekkehart Bussenius lebt und arbeitet seit 2011 in Gelsenkirchen-Ückendorf.
Fotograf Ekkehart Bussenius lebt und arbeitet seit 2011 in Gelsenkirchen-Ückendorf. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

„OB art“ hat Welge daher auch diese neue Ausstellungsreihe genannt, die allen bildenden Künstlerinnen und Künstlern dieser Stadt die Chance bietet, ihre zeitgenössischen Werke in einem ganz besonderen Umfeld zu zeigen. Nach dem Aufruf vor einigen Wochen hatten 73 Kreativköpfe ihre Bewerbungen samt digitaler Arbeitsproben eingereicht. „Von dieser Resonanz waren wir total überrascht“, sagte Andrea Lamest, Leiterin des städtischen Referats Kultur. Sie gehörte genau wie OB Welge zur fünfköpfigen Jury, die aus den Einsendungen ihre favorisierten Arbeiten auswählte.

Die Premiere dieser neuen Reihe darf nun Ekkehart Bussenius bestreiten. Der 59-Jährige ist in Flensburg geboren, lebt aber bereits seit 1987 im Ruhrgebiet. Seit 2011 ist die Zeche Holland in Ückendorf sein Lebens- und Arbeitsmittelpunkt. „Ich fotografiere eigentlich nur bei Nacht – und das immer mit sehr langen Belichtungszeiten“, erklärt Bussenius beim Blick auf sein ausgestellten Arbeiten. „Und mir geht es bei meinem Arbeiten nicht um eine Abbildung des Vorhandenen, es geht mir immer um Metaphern.“ Die Fotos seien Symbole für Orte, die stellvertretend für etwas Anderes stehen würden als das, was sie zeigen.

Denkwürdige Begegnungen bei den Streifzügen durch die Nacht

Wer in Zeiten ohne Corona-Ausgangssperren bei Nacht unterwegs ist, der trifft auf die unterschiedlichsten Menschen. Auch diese Begegnungen sind es, die Bussenius nachhaltig im Gedächtnis kleben bleiben. Viele waren lustig, nur wenige unangenehm. Aber alle waren ebenso denkwürdig wie skurril.

Im nächsten halben Jahr – genauer gesagt: bis Oktober – werden alle Besucher von OB Welge die Chance zum Kunstgenuss mit den Werken von Bussenius haben. In Corona-Zeiten sind das aber nicht allzu viele Menschen, die gerade persönlich vorbeischauen können. „Bei allen Videokonferenzen sind die Bilder in meinem Büro im Hintergrund zu sehen. Ich verschicke Bilder über Facebook. Und jeder Gast, den ich hier persönlich empfange, ist ebenfalls ein Multiplikator“, so Welge.

Jannine Koch kam 2012 aus Leipzig nach Gelsenkirchen

Jannine Koch wird ihre ausgewählten Werke von November 2021 bis April 2022 im und vor dem Büro von Gelsenkirchens OB Karin Welge ausstellen dürfen.
Jannine Koch wird ihre ausgewählten Werke von November 2021 bis April 2022 im und vor dem Büro von Gelsenkirchens OB Karin Welge ausstellen dürfen. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Auch die zweite Künstlerin ist bereits ausgewählt: Von November 2021 bis April 2022 sollen die Arbeiten von Jannine Koch aus Buer das OB-Büro zieren. Die 40-Jährige wurde in Cottbus geboren, studierte in Leipzig und schlug im Jahr 2012 ihre Zelte im Gelsenkirchener Norden auf. Sie hatte sich mit Malereien und Radierungen beworben, die Käfer und Insekten zeigen. „Das sind Zwitterwesen mit Elementen aus der Natur, aber auch aus der Technik“, erklärt Koch.

Als die Künstler die Nachricht erhielten, dass sie die beiden Auserwählten seien, waren sie gleichermaßen „erfreut als auch total überrascht“. Koch betonte, dass die Corona-Phase ihr im Gegensatz zu so vielen anderen Kreativen aus der Kunst- und Kulturszene „einen Aufwind beschert“ habe. Denn sie erhielt zunächst im Oktober 2020 eines der städtischen Stipendien für Künstler. Arbeiten von ihrer waren dann bei der Jahresausstellung des Kunstmuseums zu sehen. „Und jetzt die Zusage für das OB-Büro ist quasi das Sahnehäubchen obendrauf“, so Koch.