Gelsenkirchen. Die Preise für Bauholz steigen dramatisch an. Auch Gelsenkirchener Betriebe leiden darunter. Die Gründe – und was Joe Biden damit zu tun hat.

Holz ist ein Werkstoff, um den sich Otto Normalverbraucher normalerweise keine Gedanken macht. Holz ist überall: In den Stühlen, auf denen wir sitzen, den Betten, in denen wir schlafen, im Dachstuhl, der uns trocken hält. Doch sei einiger Zeit muss man sich Gedanken über das Holz machen. Die Preise für den Werkstoff sind nämlich plötzlich extrem gestiegen. Das betrifft auch die Menschen in Gelsenkirchen – in vielerlei Hinsicht.

Benjamin Reichelt ist Dachdeckermeister, er ist Inhaber eines Handwerkerbetriebs in Erle. Er kann bestätigen, dass die Holzpreise in der letzten Zeit deutlich gestiegen sind – „zum Teil um das dreifache“, sagt er. Das sei nicht das einzige Problem: Es werde immer schwieriger, überhaupt an Holz zu kommen, so der Dachdecker. „Wenn ich bei Großhändlern Holz bestellen will, höre ich immer häufiger den Satz ,Da müssen wir schauen, ob wir das überhaupt auf Lager haben’“, berichtet er. Da seine Firma kein großes Lager unterhalte, sondern das Holz objektbezogen einkaufe, sei er darauf angewiesen, das Holz schnell vom Händler zu bekommen. „Das wird gerade zum Problem“, sagt Benjamin Reichelt.

Auch für Gelsenkirchener könnte der Hausbau teurer werden

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Das bekämen nach und nach auch die Kunden zu spüren. „Zum Teil müssen wir Aufträge nach hinten verschieben“, sagt der Handwerker. Da Holz zudem wie an der Börse nach Tagespreisen verkauft werde, die unberechenbar seien, könne er zurzeit im Vorfeld keine festen Preise vereinbaren. Der Traum vom Eigenheim könnte für viele Menschen gerade teurer werden als gedacht.

Seit dem vierten Quartal 2020 gebe es bei verschiedenen Materialien eine „sehr dynamische“ Preisentwicklung, sagt der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe, Felix Pakleppa. „Teilweise gibt es heute schon Lieferschwierigkeiten.“ Holz sei seit September um 15 bis 20 Prozent teurer geworden. Als Ursache der Probleme sieht Pakleppa die in der ersten Phase der Pandemie heruntergefahrene Produktion. Als dann die Konjunktur in China wieder angesprungen sei, sei die Nachfrage schneller als die Kapazität gewachsen.

Was US-Präsident Joe Biden mit der Situation zu tun hat

Und auch der neue US-Präsident Joe Biden ist indirekt für die Situation auf dem Holzmarkt verantwortlich. Sein Konjunkturpaket pumpt 1,9 Billionen Dollar in die US-Wirtschaft, für die zahlreichen angestoßenen Bauprojekte wird auch Holz benötigt. Weil zudem in Kanadas Kiefernwäldern ein Holzkäfer den Bestand zerstört, importieren die USA Holz aus Europa – und zahlen gute Preise. Hier fehlt der Baustoff dann.

„Wir stehen auf dem Schlauch“, bestätigt auch Klaus Neth, Betriebsleiter bei Holz Meyer in Gelsenkirchen, „wir haben Schwierigkeiten, an das Material zu kommen.“ Noch habe man Holz auf Lager, bei Bauholz läge die Lieferzeit aber derzeit bei bis zu 30 Wochen.

Gelsenkirchener Ladenbauer reagiert auf die Lage

Das Problem kennt auch André Rademacher. Er ist Inhaber des Traditionsbetriebes Ladenbau Rademacher in Buer, seine Firma baut unter anderem die Inneneinrichtung von Supermärkten. „Ich habe erst einmal unser Lager aufgestockt“, sagt er und weiß natürlich, dass er damit ein Risiko eingeht. „Anders ist es derzeit aber nicht zu machen“, sagt er. Auch die Kunden hätten schon auf die Lage reagiert: Eine große Supermarktkette etwa suche sich ihre Handwerker derzeit nur noch dort, wo man wisse, dass die Lager einigermaßen gut gefüllt seien.

Ein Ende der Situation sei schwer abzusehen, sagt André Rademacher: „Ich hoffe, dass sich die Lage in sechs bis sieben Monaten wieder beruhigt hat“, sagt er.