Knackig müssen Würstchen für Horst Elshoff sein. Der Schalker Metzger verabschiedet sich zum Jahreswechsel aus der Verantwortung und tritt nach über 40 jahren in der Wurstküche kürzer. Seine Frau Claudia ist die neue Chefin.
6 Uhr früh in der Wurstküche. Der Arbeitstag für Horst Elshoff beginnt wischen Kesseln und Cutter, Kombidämpfer und Kühlkammer. Gasflammen heizen den Räucherofen. Es riecht nach Buchenholz und Brühwurst. Der Himmel hängt, nein, nicht voller Geigen: Mett- und Fleischwürste baumeln von der Decke. Im weißen Kittel bringt Elshoff Leberkäs in Form, schafft Schwartemagen und Sülze, Thüringer und Zungenwurst. Frisch wie jeden Tag. Seit über 40 Jahren ist der Meister Chef in seinem Reich, ist Metzger mit Leib und Seele – und wohl auch unternehmerischem Geschick. Denn die Branche, um im Bild zu bleiben, blutet langsam aus.
„1968 hatten wir noch etwa 250 Betriebe in Gelsenkirchen, heute sind es vielleicht noch 36 bis 38”, sagt Elshoff. Seiner liegt an der Königsberger, Ecke Liboriusstraße in Schalke. Die Metzgerei wirtschaftet mittlerweile in der Handels-Diaspora. Lebensmittelläden und Lotto-Geschäft, Drogerie, Milch- und Gemüseladen – alle weg, aufgegeben, eingegangen. „Wir sind die einzigen, die bis jetzt standgehalten haben”, sagt Claudia Elshoff. „Wir haben von Anfang an versucht, auf Qualität zu setzen. Man muss um jeden Kunden kämpfen, muss ihn überzeugen. Aber es wird immer schwerer gegenüber den großen Diskountern”, fügt ihr Mann hinzu.
Das Geschäft hat sich ohnehin geändert. Bratfertig ist angesagt. „Die Leute wollen Spezialtäten haben”, sagt Claudia Elshoff. Und sie wollen sich weniger Arbeit machen. Fleisch liegt zunehmend mariniert und adrett aufbereitet in der Kühltheke des Eckladens, Schweinefilet trägt schon einen Blätterteigmantel, Rouladen oder Gyrosspieße und Geschnetzeltes können gleich in die Pfanne. Was kaum oder gar nicht mehr geht? „Innereien, außer Leber vielleicht, und da auch seltener vom Schwein”, sagt Elshoff
Wobei auch in dem schmucken Stadthaus zum Jahreswechsel eine Ära endet. Horst Elshoff, mittlerweile 66 und damit eigentlich längst im Ruhestandsalter, hört auf. Das Ende für die Fleischerei bedeutet das indes nicht. Neue Chefin im Ring wird dann seine Frau Claudia. Sie gibt bislang beim Partyservice und im Verkauf den Ton an, will das Mittagstisch-Angebot für Firmen und die Hauslieferungen weiter aubauen. Und die Metzgerei weiterführen. „Mit 50 muss ich ja noch was tun für die Rente”, sagt die blonde Frau. „Außerdem mach ich das ja schon so viele Jahre.”
Niemals geht man so ganz. Weder im Schlager noch im Selbstständigen-Leben. Bis Mitte April wird Elshoff noch Fachunterricht an der Berufsschule geben. Michael Jabs, sein letzter Auszubildender in einer langen Reihe seit 1969, will im Januar seine Gesellenprüfung ablegen und dann zum Bund wechseln. Und Elshoff wird ein paar Gänge zurückschalten, sich Freiräume für Tennis, Fußball (-gucken) und Enkelkind schaffen, aber weiter in seiner Metzgerei stehen. Vorerst zumindest. „Auf Dauer werden wir wohl noch jemanden einstellen.”
Noch hat Elshoff Spaß am Handwerk. „Das ist kreativ”, meint der Meister und hält an alten Tugenden fest. Geschmacksverstärker oder Konservierungsstoffe sind für ihn tabu, ebenso die Fleischlieferung in ausgelösten Teilen. Zerlegt und verarbeitet werden Schweine- und Rinderhälften aus der Region. In Schalke entsteht „das gesamte Brühwurstprogramm”, Leber- und Kochwurst, Schinken und und und. Was gute Wurst auszeichnet? „Sie muss gut im Anschnitt und Geschmack sein. Und sie muss Biss haben.” Dabei bleibt's für Elshoff auch 2010. Im Unruhestand.