Gelsenkirchen-Horst. Eine Initiative will die Museumspädagogik am Schloss Horst retten - indem die Stadt Gelsenkirchen einen Historiker wieder einstellt.
Schmied, Steinmetz, Zimmermann: Im Erlebnismuseum Schloss Horst werden viele Berufe vorgestellt, die es im 16. Jahrhundert gab. Der des Museumspädagogen zählt naturgemäß nicht dazu. Die vielgelobte Ausstellung ist freilich ohne dessen Arbeit kaum denkbar. Nun ist ein Streit um genau diese Stelle entbrannt. Befeuert wird er von einer Online-Petition, in deren Mittelpunkt der bislang dort beschäftigte Historiker Benjamin Bork steht – und die Forderung an die Stadt, ihn im Sommer wieder einzustellen.
Die Petition verlangt nicht weniger als „die Rettung der Museumspädagogik am Schloss Horst durch den Erhalt der Stelle von Herrn Benjamin Bork“ und sieht einen „skandalösen Umgang mit einem engagierten und langjährigen Mitarbeiter seitens der Stadt und den Vorgesetzten“. Es könne nicht sein, „dass ohne Not das bisher Aufgebaute in Frage gestellt und der Fortbestand aufs Spiel gesetzt“ werde.
Museumspädagogik ist bislang beim Förderverein angesiedelt - und dem droht das Aus
Hintergrund der Auseinandersetzung ist die drohende Auflösung des Fördervereins Schloss Horst. Sollte sich für die Mitte 2021 anstehende Vorstandswahl kein neuer Vorstand finden, steht der Verein womöglich vor dem Aus, der mit seiner Gründung 1985 die Initialzündung für die Rettung von Schloss Horst gab. Das Problem: Die museumspädagogische Stelle Borks läuft ebenso wie die einer Verwaltungsmitarbeiterin über den Verein; finanziert werden beide von der Stadt.
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Schon Wolf R. Hoffmann, (noch) Vorsitzender des Fördervereins, hatte im September 2020 herausgestellt, wie „absolut unverzichtbar“ eine museumspädagogische Stelle sei und die Verwaltung aufgefordert, diese (neu) zu schaffen und dauerhaft bei der Stadt anzusiedeln. Auch für den Verwaltungsbereich müsse eine nachhaltige Lösung gefunden werden. Bisher getan habe sich jedoch noch nichts, lautet der Vorwurf von Petitions-Initiator Kai Hoffmann, den mit dem Fördervereinschef nur eine zufällige Namensgleichheit verbindet.
Petition wirft Verwaltung vor, Historiker-Verdienste nicht zu würdigen
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Bork habe bereits versucht, mit verantwortlichen Stellen der Stadt, Vorgesetzten und der Kulturdezernentin Kontakt aufzunehmen, wurde dabei aus seiner Sicht aber von allen Seiten nur mit Standardbriefen und halbgaren Aussagen abgespeist („Sollte eine neue Stelle ausgeschrieben werden, können Sie sich ja bewerben“). „Von keiner Seite wurde ihm ein Gespräch oder ein Lösungsansatz angeboten“, so die Kritik.
Vom Prachtbau zur Ruine – und zurück
1573 nach einem Brand fertiggestellt, war das Renaissance-Schloss des adligen Bauherrn Rutger von der Horst damals eine der kunsthistorisch bedeutsamsten Anlagen nördlich der Alpen. Später verfiel es zusehends, wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts als Tanzlokal und Gastronomie benutzt.
1985 gründete sich ein Förderverein zur Rettung, 1988 kaufte die Stadt das Gebäude, 1990 begannen archäologische Ausgrabungen des LWL, die erstaunliche Alltagsgegenstände zu Tage förderten.
Heute wird Schloss Horst genutzt als Standesamt, Bürgercenter, Museum, Veranstaltungsort, Stadtteilbibliothek, historische Druckwerkstatt und Gastronomie.
Bork werde bei einer möglichen internen Neubesetzung der Stelle keine Chance auf eine Bewerbung haben, da er bisher beim Förderverein und damit außerhalb der Stadtverwaltung angestellt war. „Die Stadt verliert damit auf einen Streich ALLE kompetenten Mitarbeiter am Museum Schloss Horst, die den Aufbau von Beginn an begleitet haben und sich mit dem Schloss fachlich auskennen“, meint Kai Hoffmann.
Fördervereins-Chef distanziert sich von der Initiative
Auch die Zukunft des Mittelalterfestes Gaudium stehe „in den Sternen“, „da auch hier die Planung und Durchführung vom Förderverein Schloss Horst mit dem bisherigen Vorstand und Herrn Bork geleistet wurde“.
Während sich Bork selbst auf Anfrage nicht näher äußern will, distanziert sich Noch-Vorsitzender Wolf R. Hoffmann ausdrücklich von der Petition. „Ich wusste davon nichts“, zeigt er sich überrascht – und irritiert: „Ich persönlich akzeptiere die Petition in dieser unsachlichen Form nicht. Hier wird die Stelle der Museumspädagogik mit der Person von Benjamin Bork vermischt und das ist so nicht in Ordnung.“ So verdienstvoll die engagierte Arbeit Borks seit 2008 auch sei, dem der Förderverein wegen seiner drohenden Auflösung kündigen musste: „Das Mittelalterfest ,Gaudium’ habe ich über einen Honorarvertrag organisiert.“
Stadt Gelsenkirchen will sich nicht zu Personalfragen äußern
Die Stadt erklärte auf Nachfrage, sie äußere sich grundsätzlich nicht zu Personalfragen – auch nicht zu dem impliziten Vorwurf, nicht fair mit Bork umzugehen. „Wir wissen um die Situation ab Juli und sind bemüht, eine stadtinterne Lösung zu finden“, teilte Sprecher Martin Schulmann mit. Welches Anforderungsspektrum mit einer neuen Stelle verbunden sein könnte, welche Qualifikation vorausgesetzt würde: Das müsse alles noch definiert werden. „Die Museumspädagogik im Schloss Horst ist von großer Bedeutung. Wir werden alles dafür tun, dass ab Juli keine Vakanz entsteht.“
Die an Oberbürgermeisterin Karin Welge gerichtete Petition unterschrieben hatten bis Donnerstagmorgen, 25. März, 9.40 Uhr, 138 Personen, davon 65 aus Gelsenkirchen. Zu finden ist sie online unter diesem Link zu finden.