Gelsenkirchen. Prozess wegen Tierquälerei: Gelsenkirchener Polizeibeamter muss 5000 Euro Bußgeld an den Tierschutzverein zahlen. Züchterin ist schwer krank.

Über vier Jahre vergingen, bis die Quälerei von 121 Chinchillas in Gelsenkirchen, die in ihrem eigenen Kot gehalten wurden, jetzt ein juristisches Nachspiel hatte. Die Züchterin kann nicht mehr angeklagt werden, sie ist schwer krank und verhandlungsunfähig. Das Verfahren wurde eingestellt.

Der Wohnungseigentümer Ralf S., der die Unterbringung der Pelztiere geduldet hatte, entging einer Verurteilung, weil er eine Mitverantwortung einräumte. Das langwierige Verfahren wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz wurde vorläufig eingestellt. Der 58-jährige Polizeibeamte aus Gelsenkirchen muss 5000 Euro Bußgeld an den Tierschutzverein überweisen.

Der Vorsitzende Richter Dr. Karl-Martin Lucks sah in der Zahlung der Geldbuße eine sinnvollere Ahndung der Tat, als den Angeklagten in anderer Form zu bestrafen. So fließe das Geld wenigstens an die richtige Stelle. Tiere darf Ralf S. nicht mehr halten. Die Zuchtgenehmigung ist widerrufen worden. Sieben geladene Zeugen und die medizinische Sachverständige konnten wieder die Heimreise antreten.

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Der damalige Oberamtsanwalt hatte ein Gutachten beantragt, in dem die Folgen für die Tiere und ihr Leiden festgestellt werden sollten. Dr. Lucks bezweifelt, ob man ein Gutachten gebraucht hätte, um das Leiden der Tiere festzustellen.

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Tiere bewegten sich in einer Kotschicht von 15 Zentimetern Dicke

Polizeibeamte und Mitarbeiter des städtischen Veterinäramtes waren entsetzt, als sie sich im November 2016 in der Wohnung an der Körnerstraße umsahen. 121 Chinchillas vegetierten auf engstem Raum in ihren Transportboxen und Käfigen, lebten im eigenen Kot. Der Ammoniak-Gestank, erinnerten sich die Mitarbeiter, sei unerträglich gewesen. Kontrolleure mussten Atemschutzmasken anlegen. Bis zu 15 Zentimeter dick war die Kotschicht, in der sich die Tiere bewegten, Sand war kaum noch zu entdecken. Selbst in der Badewanne waren Tiere untergebracht. Auch 25 Wellensittich-Paare wurden in der Wohnung gehalten.

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Wann Züchter Gewerbe anmelden müssen

Chinchillas sind ursprünglich in Südamerika beheimatet, gelten als Wüstentiere, sind nachtaktiv und gelten als besonders reinlich. Den Sand benötigen sie für Sandbäder, um den Pelz zu reinigen.

In den Käfigen und Boxen waren weder Klettermöglichkeiten noch Nagematerial vorhanden. Zwei Raummeter pro Tier, sagen Tierschützer, benötigen die Nager bei richtiger Haltung.

Züchter müssen bei Kaninchen ab jährlich 100 Jungtieren, bei Hunden ab dem dritten Wurf und bei Katzen ab dem fünften Tier ein Gewerbe anmelden.

Tierheimleiter: Geschätzt 100.000 Euro an entstandenen Kosten

Die medizinische Sachverständige, die ihre Erkenntnisse nicht mehr vortragen musste, hatte unter anderem festgestellt, dass sich die unsachgemäße Unterbringung auch auf das soziale Verhalten der Tiere auswirke. Sie hätten erheblich unter den Folgen der Unterbringung gelitten. Durch die ständige Ammoniak-Konzentration würden auch die Schleimhäute angegriffen.

Damals wurden die Tiere im Gelsenkirchener Tierheim untergebracht. Das jetzige Urteil stimme ihn traurig, sagt Tierheimleiter Thorsten Wiese. Zwar komme die Geldbuße dem Tierschutz zugute, doch hätte eine derart schlimme Behandlung von Tieren stärker bestraft werden müssen. Er bedauert, dass Tierschutz kein stärkeres Gehör finde. „Die Tiere haben extrem gelitten.“ Sie hätten so hoch in ihren Exkrementen gesessen, dass sie sich am Käfigdach Haare ausgerissen hätten. Erst nach zwei Jahren hatte das Tierheim alle Tiere vermittelt. Die entstandenen Kosten hätten sicherlich 100.000 Euro erreicht, schätzt Wiese.