Im November hatte der in Gelsenkirchen lebende Syrer Basil Al Rechid seine neue Aufenthaltserlaubnis beantragt. Bis heute wartet er vergeblich.
Basil Al Rechid versteht die Welt nicht mehr: Im November 2020 hat der Familienvater, der vor sechs Jahren aus seiner syrischen Heimat geflüchtet ist und seit 2017 in Gelsenkirchen lebt, seinen neuen „Elektronischen Aufenthaltstitel“ (ETA) beantragt. Dahinter verbirgt sich eine Plastikkarte, die dem Personalausweis ähnelt und ihrem Besitzer eine gültige Aufenthaltserlaubnis bescheinigt. Das Problem: Über drei Monate nach dem Antrag wartet Al Rechid (26) noch immer auf dieses für ihn so wichtige Dokument.
„Ich lebe mit meiner Frau Roula und meinem Sohn Levend in einer 40-Quadratmeter-Wohnung in Schalke“, erzählt der Mann beim Treffen vor der WAZ-Redaktion. Nun habe er die Chance, in eine größere Wohnung mit Kinderzimmer zu ziehen. Zur Vorlage beim Vermieter benötigt Al Rechid aber einen gültigen ETA. Sein alter ist Ende November abgelaufen. „Ohne ETA kein Umzug – und die Zeit drängt, sonst ist die schöne Wohnung weg“, erklärt der Syrer seine Lage.
Security-Kräfte ließen Gelsenkirchener nicht in Ausländerbehörde hinein
Am 16. November hatte Al Rechid in der Ausländerbehörde, die am Rande der Zeppelinallee in der Altstadt liegt, alle für den Antrag erforderlichen Dinge eingereicht. Auch die Gebühr in Höhe von 60 Euro bezahlte er. Am 26. November erhielt er ein Schreiben der Behörde, „dass Ihr neuer ETA hergestellt und heute an uns versandt wurde“. Doch in den Tagen und Wochen danach folgte: nichts!
Also suchte Al Rechid im Januar und Anfang Februar zweimal persönlich die Ausländerbehörde auf, um sich nach den Papieren zu erkundigen. Zweimal wurde er von den Security-Kräften nicht eingelassen, weil das laut Corona-Schutzverordnung derzeit nicht erlaubt sei. Die Wachmänner gaben ihm die Auskunft, dass ihm „die Papiere per Post zugesandt“ würden. Al Rechid wartete. Wieder vergebens.
Der Nachbar seines Onkels schrieb einen Brief an OB Karin Welge
In seiner Verzweiflung wandte er sich an seinen guten Bekannten Franz J. Drabinski, der ein Nachbar seines Onkels ist. „Ich fand die Sache sehr ärgerlich und habe einen Brief an unsere Oberbürgermeisterin Karin Welge geschrieben. Das war am 9. Februar“, erzählt Drabinski.
Am 15. Februar erhielt er Antwort aus dem Büro, dass der Sachverhalt geprüft werde. Als neun weitere Tage später immer noch keine Antwort da war, wandten sich Al Rechid und Drabinski an die WAZ.
Auf Nachfrage bei der Stadt erklärte Sprecher Martin Schulmann, dass die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis für Al Rechid positiv geprüft worden sei. „Diese Aufenthaltserlaubnis wird regelmäßig zusammen mit einem Reiseausweis für Flüchtlinge ausgestellt, wobei die Dokumentennummer des neuen Reiseausweises in den separat ausgestellten ETA eingetragen wird“, erklärt Schulmann das Prozedere.
Ein Datumsfehler im Dokument
Der ETA von Basil Al Rechid sei am 30. November in der Ausländerbehörde eingetroffen, nur vom Reiseausweis fehlte jede Spur. „Bei der Bundesdruckerei ist es gängige Praxis, dass die Aufenthaltserlaubnisse getrennt von den Reisepässen in verschiedenen Lieferungen versandt werden. Da beide Dokumente zusammengehörten, wurde der ETA nach Eintreffen bei der Ausländerbehörde aufbewahrt, da vor der Aushändigung an den Kunden zunächst der Eingang des dazugehörigen Reisepasses abgewartet werden musste“, so Schulmann.
Letztlich kam heraus, dass der Reiseausweis nie in Gelsenkirchen angekommen war, weil er „aufgrund eines Datumsfehlers im Dokument“, so die Stadt, gar nicht angefertigt werden konnte. Also mussten beide Dokumente bei der Bundesdruckerei neu bestellt werden. „Innerhalb der nächsten zwei Wochen sollen sie nun vorliegen“, versprach Schulmann. Al Rechid werde dann unaufgefordert einen Termin zur Abholung erhalten.
Daten und Fakten zur Ausweis-Ausgabe der Gelsenkirchener Ausländerbehörde
Auf die Frage, ob Papiere wie diese überhaupt per Post verschickt werden dürften, antwortete der Stadtsprecher: „Nein, Reisepässe werden nicht postalisch verschickt. Deshalb wird Herr Al Rechid einen Termin zur persönlichen Abholung erhalten. Hat ihm der Wachdienst auf Nachfrage nach seiner Aufenthaltserlaubnis den Hinweis auf den Postversand gegeben, dann lag hier ein Missverständnis vor.“
Die Aufenthaltserlaubnisse, die ohne Reiseausweis ausgestellt werden, dürften hingegen unter bestimmten Voraussetzungen tatsächlich per Post zugestellt werden, so Schulmann.
Eine solch lange Verzögerung bei der Dokumentenausgabe in der hiesigen Ausländerbehörde sei nicht die Regel, sondern stelle „einen absoluten Einzelfall dar“, betonte der Stadtsprecher.