Gelsenkirchen. Das 0:4 zwischen Schalke und dem BVB war womöglich das vorerst letzte Revierderby für längere Zeit. Was währenddessen in Gelsenkirchen geschah.
Es ist einer der ersten Frühlingstage und die Sonne steht um 16:49 Uhr tief über dem Gelsenkirchener Hauptbahnhof. Man kann sich gut vorstellen, was hier normalerweise los wäre. Hunderte Fußballfans würden die langgezogene Bahnhofshalle füllen. Gleichzeitig läge Anspannung in der Luft. Denn die anderen, die Gelben, sind in der Stadt. Der FC Schalke 04 empfängt an diesem 20. Februar 2021 Borussia Dortmund zum Revierderby.
Rund eineinhalb Stunden vor dem Anpfiff ist es vergleichsweise ruhig im Bahnhof. Coronabedingt finden die Bundesliga-Spiele zurzeit ohne Publikum statt. Die Fans müssen zuhause bleiben. „Das ist echt schade. Früher war viel mehr los. Es ist ein wenig langweilig“, sagt ein Mitarbeiter eines Bahnhofscafés und fügt an: „Wenn Schalke gespielt hat, dann waren alle glücklich.“
Gelsenkirchener vermissen den normalen Derbybetrieb
Von der Vorhalle aus ist es ein kurzer Weg zur U-Bahn-Station. Die Straßenbahn, die an normalen Derbytagen im Minutentakt die Fans zur Arena bringt, fährt heute vier Mal die Stunde. Musa Karakus arbeitet als Bahnfahrer bei der „Bogestra“ und vermisst die Fans – obwohl sie schon einmal Lärm in den Waggons machen können. „Das muss man mit Humor nehmen“, sagt Karakus. „Wenn Schalke gegen Dortmund spielt, ist das auch für uns Fahrer immer etwas Besonderes. So ist es unheimlich.“
Nach rund zehn Minuten Fahrt gondelt Karakus mit der Linie 302 über die Berliner Brücke und spätestens jetzt weiß jeder, wo er sich befindet. Auf der Schalker Meile ist vieles in königsblau gehalten. Schilder, Laternen, Hausfassaden. Hier stehen die Glückauf-Kampfbahn, das alte Stadion von S04, und zahlreiche Kneipen. Aufgrund der Pandemie ist alles wie leer gefegt.
Revierderby: Ein paar Schalke-Fans versammeln sich an der Arena
Noch ein Stück weiter die Kurt-Schumacher Straße hinauf in Richtung Norden liegt das Vereinsgelände von Schalke 04. Es ist inzwischen 17:32 Uhr. In etwas weniger als einer Stunde beginnt das Spiel. Wo sonst diejenigen, die eine Karte ergattern konnten, die Arena fluten, ist heute deutlich weniger los. Vor der Arena haben sich gut zwei Dutzend Schalke-Anhänger versammelt. Mit Megafon bewaffnet geben die Fans Schlachtrufe zum Besten.
Etwas abseits stehen vereinzelt weitere Supporter, alleine oder in Kleingruppen. Auf dem Parkplatz wartet beispielsweise Thorsten, den auf Schalke alle nur „Kluti“ nennen, auf den Anpfiff. Vor ein paar Wochen, als S04 auf Bayern München traf, ist er von seinem Wohnort Ennepetal aus zu Fuß nach Gelsenkirchen gelaufen. „Als Motivationsspritze“, sagt „Kluti“ und lacht. Heute ist er gemeinsam mit seiner Freundin Steffi „für das Gefühl“ hier: „Es ist halt Derby. Da wäre man jetzt eigentlich im Stadion.“
Die Gäste gewinnen: BVB schlägt S04
18.30 Uhr, das Nachbarschaftsduell beginnt. Die Straßenbahn fährt weiter ihre Runde, vor der Arena werden vereinzelt Böller gezündet. Was alle, die auf dem weitläufigen Stadion-Areal verharren, eint: Sie hoffen auf eine Überraschung. Nichts anderes wäre ein Sieg der Knappen. Denn Schalke hat Monate zum Vergessen hinter sich. Beispielhaft wären da eine Serie von 30 Spielen am Stück ohne Sieg, die erst im Januar endete, und mehrere Trainerwechsel zu nennen. Ein Sieg gegen den Rivalen täte den Knappen aus vielen Gründen gut.
Doch die Anwesenden werden enttäuscht. Der BVB führt zur Halbzeit mit 2:0, die ersten verlassen frustriert das Gelände. Schwarz-Gelb legt nach der Pause zwei weitere Tore nach. Schalke bleibt damit Tabellenletzter.
Lediglich neun Punkte hat S04 nach etwa zwei Dritteln der Saison gesammelt. Die Folge: Königsblau taumelt in Richtung zweite Liga. Bei einem Abstieg ist dieses 0:4-Revierderby das letzte für eine vielleicht lange Zeit.
Schalke: Nach dem Derby kommt es zu unschönen Szenen
Nach dem Abpfiff wird es noch einmal stürmisch an der Arena. Hunderte S04-Anhänger tauchen plötzlich auf dem Gelände auf. Der Frust sitzt tief und es bleibt nicht beim stillen Protest. Die Besucher wollen ein Stadion-Tor stürmen und die Polizei muss eingreifen. Gegen 21:19 Uhr kehrt schließlich wieder Ruhe ein und der ganze Spuk ist beendet.
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