Gelsenkirchen. Gelsenkirchen und weite Teile des Ruhrgebiets liegen unter einer Eis- und Schneedecke. Doch manche Dienstleister müssen trotzdem auf die Straßen.

Fasziniert schaut der kleine Tom aus seinem Kinderzimmerfenster und freut sich auf die nächste Runde Schlittenfahren im Stadtgarten. Der Schnee, der am Sonntag die Straßen in Gelsenkirchen in eine einzige Rodelbahn verwandelt hat, er ist nicht nur wie vorausgesagt liegengeblieben, es kommt auch ständig neuer hinzu.

Während Tom in heller Vorfreude seinen Schneeanzug vom Kleiderständer zieht, blicken seine Eltern besorgt auf die Straße, wo ihre Nachbarn im Morgengrauen versuchen, die festgefrorenen Türen ihrer Fahrzeuge zu öffnen - manch ungewollte Pirouette auf dem eisglatten Untergrund inklusive.

Da aber längst nicht jeder im Homeoffice arbeiten kann und die Busse und Bahnen der Bogestra und der Vestischen an diesem Montag größtenteils im Depot bleiben, bleibt den Gelsenkirchenern, die zur Arbeit, zum Arzt oder etwa zum Impfzentrum müssen, nur die Wahl zwischen dem eigenen Auto, einem Taxi oder einem Winterspaziergang.

Gelsenkirchen: Wetterbedingt sind Taxen nachgefragt, schleichen aber selber über die Straßen

Doch ein Taxi zu bekommen ist gar nicht so einfach, betätigt Hasan Yavuz, stellvertretender Vorstandsvorsitzender von Taxi Gelsen. 66 Fahrzeuge sind der Zentrale angeschlossen. Wie viele genau am Montag auf der Straße sind, weiß Yavuz nicht. Sehr wohl aber, „dass wir leider nicht alle Kunden bedienen können.“ „Denn wir kommen selber kaum voran auf der Straße. Nach vielen Monaten mit bis zu 70 Prozent Umsatzeinbrüchen sind die Taxen in Gelsenkirchen wetterbedingt zwar stark nachgefragt, aber wir können leider auch nur schleichen“, so Yavuz.

Daran, dass die Straßen möglichst befahrbar sind, arbeiten die Mitarbeiter der Gelsendienste nach eigenen Angaben auf Hochtouren. Mit 30 Räum- und Streufahrzeugen im Zwei-Schichten-System waren sie am Montag im Einsatz. „Weil es aber ständig nachschneit, kommen wir aus der Winterdienststufe 1 kaum heraus“, sagt Sprecher Tobias Heyne.

Zur Stufe 1 werden gefährliche Punkte des rund 1000 Kilometer langen Gelsenkirchener Straßennetzes und Hauptdurchgangsstraßen wie die Horster Straße oder die Bochumer Straße gezählt. „Sobald es die Witterung erlaubt, werden wir wieder in die Stufe 2 wechseln und nachgelagert in die Stufen 3 und 4.“

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Deswegen hofft Heyne auf Verständnis bei Anliegern und Anwohnern von Seitenstraßen – die werden noch eine Weile weiß bleiben müssen. „Natürlich könnten wir an so einem Tag wie heute die fünffache Zahl von Mitarbeitern einsetzen, aber das Personal dafür kann man ja nicht dauerhaft vorhalten“, sagt er.

Der Winterdienst müsse eben auch ökonomisch handeln – auch wenn sich die Bürger an so einem „besonderen Winterereignis“ wünschten, wesentlich mehr Streufahrzeuge auf den Straßen zu sehen.

Und so bleibt allen, die keine andere Wahl haben, nur die Option, sich vorsichtig und langsam über die Straßen zu bewegen. Etwa den Polizisten, die selbstverständlich weiter Streife fahren, wie ein Sprecher betont.

Ambulante Pflegedienste gehen weiter dem Dienst nach

Auch die Beschäftigten der Ambulanten Pflegediensten Gelsenkirchen (APD) haben bei diesem Wetter keine Verschnaufpause – sie müssen sich auf die vereisten Straßen wagen. „Wenn wir etwas länger bei einem Patienten sind, müssen wir danach schon wieder kratzen“, erzählt APD-Mitarbeiterin Erika Beck, die am Wochenende Bereitschaftsdienst hatte.

„Manche Patienten haben aber auch gesagt: Heute helfen wir uns mal selbst. Da hat sich dann die Ehefrau gequält, ihrem Mann die Strümpfe abzuziehen.“ Dass das aber nur im Ausnahmefall gehe, sei natürlich klar. Die Appelle der 64-jährigen, erfahrenen Pflegekraft, langsam und vorsichtig zu fahren, scheinen bei den Jüngeren im Team jedenfalls angekommen zu sein: „Es hat letztendlich doch alles hervorragend geklappt, es gab keine Vorfälle und wir konnten alle Patienten versorgen – auch wenn der Dienst sicher durchschnittlich eine Stunde länger gedauert hat.“

Und auch die Polizei meldet, einen vergleichsweise ruhigen Tag. Bis auf einige Blechschäden seien die Gelsenkirchener gut durch den Montag gerutscht.

Wenn es nach dem kleinen Tom geht, dann darf der weiße Winter gerne noch ein paar Tage bleiben, Jetzt, da der Schlitten schon mal aus dem Keller geholt ist. . .