Gelsenkirchen-Schalke-Nord. Vom „vergessenen Stadtteil“ zum Programmgebiet. In Gelsenkirchen wollen Politik und Verwaltung „Schalke-Nord neu denken“. So sehen die Pläne aus.
„Schalke Nord neu denken“- das ist das Leitmotiv für die kommenden acht Jahre. Der, so Kritiker, „vergessene Stadtteil“, soll in Teilen saniert, umgebaut, vor allem aber „neu erfunden“ werden. Angsträume und Problemimmobilien sollen verschwinden, neue Freiräume entwickelt werden, der Verkehr für Radler und Fußgänger optimiert, der Stadtraum neu geordnet werden. Das „Integrierte Entwicklungskonzept Schalke-Nord“ hat die Fachverwaltung angeschoben. Bis zur Ratssitzung am 4. März durchläuft es 15 verschiedene Beratungsgremien.
Gelsenkirchener Eigenanteil liegt bei rund 7,8 Millionen Euro
Sichtbarstes Zeichen ist eine – mit Anlagen – gut 120 Seiten starke Verwaltungsvorlage, die bislang die Grundzüge des Konzepts und die Ausgangslage umreißt. Bisher vorhandene Planwerke, Fachkonzepte und Strategien sollen gebündelt werden, um das Programmgebiet strategisch zu entwickeln, fasste Irja Hönekopp im Planungsausschuss grob die Herangehensweise zusammen. Bei ihr als Abteilungsleiterin im Referat Stadtplanung laufen die Fäden zusammen. Finanziell hat es das Gesamtpaket in sich: Bis 2028 sollen knapp 60 Millionen Euro in den Stadtteil fließen – größtenteils sind das Fördermittel für die Stadterneuerung. Der städtische Eigenanteil liegt bei 7,8 Millionen Euro. Eine Verlängerung des Programms über 2028 hinaus wird angestrebt.
Einen originären Ortskern hat Schalke-Nord nicht, auch kaum Grünflächen
Zwischen Kurt-Schumacher- und Alfred-Zingler-Straße sowie im Norden der Emscherstraße und im Süden der Schalker Güterbahntrasse liegt das Programmgebiet und bezieht auch Teile von Bismarck mit ein. Industriegebiete wie der Gewerbepark Schalke und der Gewerbepark A 42, das Viertel an der Berliner Brücke, die legendäre Kampfbahn Glückauf oder auch der Automobilzulieferer ZF und der Consol-Park liegen im Gebiet. Einen originären Ortskern hat Schalke-Nord nicht, auch kaum Grünflächen, dafür viele Leerstände, eine zersiedelte Wohnstruktur und etliche Problemimmobilien.
Neu- und Ausbau der Grundschule an der Kurt-Schumacher-Straße
42 Einzelmaßnahmen auf sechs definierten Handlungsfeldern „zur Stabilisierung und Revitalisierung der Gebietskulisse“ sieht das Integrierte Entwicklungskonzept Schalke-Nord (IEK) vor. Wohnen, Gewerbe, Einzelhandel, aber auch Bildung, soziale Infrastruktur und Stadtklima sollen optimiert werden.
Daten und Fakten zur Bevölkerungsstruktur
12.002 der 264.787 Gelsenkirchener (Stand Ende 2019) leben in Schalke-Nord in 5822 (Stadtweit 137.987) Haushalten. Der Anteil der kinderreichen Familien liegt mit 25 Prozent deutlich über dem Gelsenkirchener Schnitt (18,2 Prozent), entsprechend werden auch mehr kinderreiche Alleinerziehende (5.5 zu 3,4 Prozent) gezählt.
Ebenso statistisch auffällig: Nur 54,3 Prozent der Bewohner sind Deutsche ohne Migrationshintergrund (stadtweit 65,5 Prozent). Höher als im Gelsenkirchener Durchschnitt ist auch mit 6,2 Prozent der Bevölkerung die Zahl der Familien, die aus Rumänien zugezogen sind. 2,8 Prozent sind es in der Gesamtstadt.
Die Entwicklung am Gewerbepark Schalke, ein Sportpark an der Glückauf-Kampfbahn oder auch der Um- und Ausbau der Grundschule an der Kurt-Schumacher-Straße stehen in den kommenden Jahren beispielsweise auf der Agenda, auch die Entwicklung auf dem Consol-Gelände, dazu Hof- und Fassadenprogramme, die Stärkung des Fuß- und Radwegenetzes, die Attraktivierung der Emscherinsel, ebenso etliche ökologische Verbesserungen.
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Druck, Sorgen und Nöte der Bewohner vor Ort wurden öffentlich, nachdem 2019 ein Schalker Fahrlehrer einen Wutbrief an die Stadtspitze geschrieben hatte. Seither hat die Verwaltung das Thema stärker m Blick. Im August 2019 kündigte der damalige Stadtbaurat Martin Harter an: „Der Fokus ist auf Schalke-Nord gerichtet.“ Zuspruch gab es nun von allen Seiten: Das nun vorgelegte Entwicklungskonzept sei ein „guter Aufschlag“ für einen im Idealfall dynamischen Prozess, wie ihn sich der Grüne Stadtverordnete Burkhard Wüllscheidt für den Stadtteil wünscht. Einen „großen Entwicklungsschub“ erwartet die SPD-Fraktion für den Stadtteil und sieht „viel Potenzial für die nächsten Jahre“. Ebenso wertet es die CDU. Die Christdemokraten, machte ihr Stadtverordneter Malte Stuckmann deutlich, richten dabei ihr besonderes Augenmerk auf die Entwicklung im Industriepark Berliner Brücke.
Stadtteilerneuerung von Schalke-Nord im Koalitionsvertrag festgeschrieben
„Wir hoffen, dass sich noch weitere Förderzugänge erschließen werden. Dadurch, dass auch die Menschen vor Ort bereits in diesen Prozess eingebunden werden, ergibt sich insgesamt ein stimmiges Vorgehen“, glaubt die Ausschussvorsitzende und SPD-Ratsfrau Silke Ossowski. Auch Taner Ünalgan, Sprecher der SPD-Fraktion im Stadtentwicklungs- und Planungsausschuss, äußert sich zufrieden: „SPD und CDU haben die Stadtteilerneuerung von Schalke-Nord in den Koalitionsvertrag geschrieben und es ist gut zu sehen, dass wir mit dem IEK hier große Fortschritte machen. Vor uns liegt jetzt noch ein herausfordernder aber lohnenswerter Weg, den wir entschlossen angehen werden.“
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