Dominic Schneider ist Bezirksbürgermeister im Gelsenkirchener Norden. Er verrät, was ihn umtreibt – und wie er fast bei der CDU gelandet wäre.
Um ein Haar wäre Dominic Schneider bei der CDU gelandet. Damals, 1999, hatte der heutige Bezirksbürgermeister des Gelsenkirchener Stadtbezirks Nord gerade angefangen, sich für Lokalpolitik zu interessieren. „In diesem Jahr trat Oliver Wittke an, und mir hat der Wahlkampf, den die CDU gemacht hat, durchaus gefallen – das hatte Schwung“, erzählt Schneider heute. Doch als er CDU-Mann Andreas Est bei einem Wahlkampfstand in Hassel ansprechen wollte, habe der sich einfach weggedreht. „Dann eben nicht“, dachte sich Schneider. Sechs Jahre später trat er in die SPD ein.
Zugegeben: Das war natürlich nicht der einzige Grund. Mit seiner politischen Grundüberzeugung hätte Dominic Schneider vermutlich keine Heimat bei den Christdemokraten gefunden – er bezeichnet sich durchaus als „links“. „Im Parteiprogramm der SPD ist immer noch die Rede vom demokratischen Sozialismus“, sagt Schneider. „Das ist eine Utopie, an der ich festhalte – auch wenn ich nicht glaube, dass die zu meinen Lebzeiten noch verwirklicht wird.“ In Sachen Kommunalpolitik zeigt sich Schneider aber wesentlich pragmatischer: „Da geht es darum, frei von Ideologie wirklich Sachen vor Ort zu verändern“, sagt er. Und genau aus diesem Antrieb ist er als Jugendlicher in die Politik eingestiegen.
Aus diesem Grund engagierte sich der Gelsenkirchener in der Politik
Schneider, Jahrgang 1981, kam in Hassel zur Welt, ist in Hassel aufgewachsen und lebt auch heute noch dort: „Im gleichen Stadtteil, in der gleichen Straße wie immer“, sagt er und schmunzelt. Es war auch das Schicksals seines Stadtteils, das ihn dazu brachte, sich für Politik zu interessieren. „Als die Zeche geschlossen wurde, als es immer mehr Leerstände gab: Damals wuchs in mir die Idee, dass man etwas tun müsste, sich einsetzen müsste.“ Schon relativ früh habe er gewusst, welches Gremium für ihn das richtige sei. „Im Stadtrat oder gar im Land- oder Bundestag habe ich mich nie gesehen“, sagt er. „Aber die Bezirksvertretung schien mir schon früh der Ort zu sein, wo sich Probleme vor Ort lösen lassen.“
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2005 war Schneider in die SPD eingetreten, seit 2014 ist er Mitglied der Bezirksvertretung Nord, bis vor der Kommunalwahl war er Vorsitzender der SPD-Fraktion. Als der langjährige Bezirksbürgermeister Thomas Klasmann nach 16 Jahren im Amt 2020 nicht mehr zur Wahl antrat, entschied sich die SPD für Schneider als Nachfolger – der 39-Jährige ist der jüngste Bezirksbürgermeister in der Stadt.
Sein Sohn hatte seine eigene Vorstellung von dem, was ein Bürgermeister tut
Natürlich ist er nicht „nur“ Bezirksbürgermeister – anders als etwa die Oberbürgermeisterin ist Schneider, genauso wie seine Amtskollegen und die Mitglieder der Bezirksvertretung, ehrenamtlich tätig. Im Hauptberuf ist Dominic Schneider Chemikant bei BP – auch seine Arbeitsstelle liegt also in dem Bezirk, für den er zuständig ist. „Mein Arbeitgeber unterstützt mich vorbildlich bei meinem politischen Amt“, sagt er. Gerne erinnert er sich an seinen ersten Dienst nach der Kommunalwahl. „Ich hatte Nachtschicht, und mein ehemaliger Ausbilder kam auf mich zu“, erzählt er. „Er fragte mich, ob ich gewonnen hätte. Als ich das bejahte, drehte er sich stolz zu seinen Kollegen um und sagte ,Der Dominic ist einer von uns!’“
Doch so ein Amt verschlingt natürlich viel Zeit – neben dem Beruf bleibt nicht mehr ganz so viel für die Familie übrig. Schneider ist verheiratet, seine Frau Sybille ist Lehrerin für Inklusion an der Lessing-Realschule. Sie haben zwei Kinder, einen fünfjährigen Sohn und eine achtjährige Tochter. Die hat sich schon damit abgefunden, dass ihr Vater vielbeschäftigt ist. „Papa ist sowieso schon ganz oft im Rathaus“, lautete der lakonische Kommentar der Tochter nach der gewonnenen Wahl. Nur dem Sohn musste Dominic Schneider einen Zahn ziehen: „Dem war der Beruf des Bürgermeisters vor allem von den Benjamin-Blümchen-Kassetten geläufig – und er war etwas enttäuscht zu erfahren, dass im wirklichen Leben der Bürgermeister nicht einfach in ein Geschäft gehen und sich dort beschenken lassen kann“, sagt Schneider und lacht.
Das hat sich Dominic Schneider vorgenommen
Der größte der fünf Stadtbezirke
Gelsenkirchen ist in fünf Stadtbezirke unterteilt: Nord, Ost, Süd, West und Mitte. Jeder der Bezirke verfügt über eine Bezirksvertretung mit, je nach Einwohnerzahl, zwischen 17 und 19 Mitgliedern. Die Bezirksvertretung wird vom Bezirksbürgermeister geleitet - früher trug dieser die Bezeichnung Bezirksvorsteher.
Zum Bezirk Nord gehören die Ortsteile Buer, Hassel und Scholven, flächenmäßig ist es der größte der Gelsenkirchener Bezirke. Dominic Schneider ist seit Ende 2020 im Amt. Sein Stellvertreter ist Ingo Kowalczyk (CDU).
In Wirklichkeit ist das Leben eines Bezirksbürgermeisters viel weniger glamourös, deswegen aber nicht weniger spannend, findet Schneider. Gerade im Bezirk Nord, der so vielfältig und unterschiedlich ist, zu dem die Mehrfamilienhäuser an der Polsumer Straße genauso gehören wie die Villen an der Pöppinghausstraße, die Bauernhöfe in Scholven genauso wie die Hochstraße in Buer. Er möchte alle Menschen erreichen, hat sich Schneider vorgenommen, möchte alle ermutigen, sich für ihren Stadtbezirk zu engagieren. „Gelsenkirchen war einmal die Stadt der 1000 Feuer“, sagt er, und er weiß, dass das etwas pathetisch klingt: „Ich möchte diese 1000 Feuer in den Herzen wieder entfachen.“
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