Die Corona-Zwangspause zehrt an den Nerven aller Kulturschaffenden. Kunstverein Gelsenkirchen fordert von Land und Stadt eine Exitstrategie.

Der Kunstverein Gelsenkirchen warnt davor, dass die Kultureinrichtungen zu den großen Verlierern der Corona-Krise werden und einen irreparablen Schaden erleiden könnten. In einem als „Hilfeschrei“ betitelten Schreiben fordert Vereinsvorsitzender Ulrich Daduna das Land NRW und die Stadtverwaltung dazu auf, allen in der Zwangspause verharrenden Kunst- und Kulturschaffenden nun schnellstmöglich eine Perspektive aufzuzeigen. „Es ist fünf Minuten vor dem Aus“, so sein dramatischer Appell.

Alle Kultureinrichtungen hatten funktionierende Hygienekonzepte erarbeitet

Das Kunstmuseum Gelsenkirchen ist im Corona-Lockdown geschlossen.
Das Kunstmuseum Gelsenkirchen ist im Corona-Lockdown geschlossen. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Der 1968 gegründete Kunstverein ist Heimat für 240 Mitglieder und organisiert in jedem Jahr gleich mehrere Ausstellungen im Kunstmuseum am Rande der Horster Straße in Buer. Das ist aber aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie nun schon seit Monaten geschlossen – genau wie alle Kinos, Theater und kleinere Aufführungsstätten im ganzen Land auch.

Obwohl er grundsätzlich alle nötigen Schritte im Kampf gegen die Virus-Ausbreitung unterstützt, hält Daduna die Zwangsschließungen der Kultureinrichtungen für eine unsinnige Maßnahme. „Die Kulturbranche hatte nach dem ersten Lockdown im vergangenen Frühjahr funktionierende Hygienekonzepte erarbeitet“, so der Vorsitzende. Eine vermehrte Fallzahl von Ansteckungen sei auch deshalb dort eben nicht festgestellt worden. Daher stoße die Schließungsentscheidung auch auf so viel Unverständnis im Kreise der Kulturschaffenden.

Es droht, dass der gesamte Kultursektor einen leisen Tod stirbt

Kunstvereins-Vorsitzender Ulrich Daduna – hier im Bild mit der Leiterin des Gelsenkirchener Kunstmuseums, Leane Schäfer – sorgt sich wegen der anhaltenden Zwangsschließungen um die Zukunft aller Kultureinrichtungen.
Kunstvereins-Vorsitzender Ulrich Daduna – hier im Bild mit der Leiterin des Gelsenkirchener Kunstmuseums, Leane Schäfer – sorgt sich wegen der anhaltenden Zwangsschließungen um die Zukunft aller Kultureinrichtungen. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

„Museen und Theater sind Orte der Bildung und des Diskurses und wegen ihres Bildungsauftrages systemrelevante Einrichtungen“, betont Daduna. Er fordert nicht nur von der Landesregierung, sondern auch von der lokalen Politik „eine baldige, klare, abgestufte Exitstrategie aus dem Lockdown für Museen, Theater und Bühnen“. Es sei höchste Zeit, dass die Politik Entscheidendes ändere, einen Plan verwirkliche, bevor ein ganzer Sektor den leisen Tod sterbe und den Künstlerinnen und Kreativen ihre Lebensgrundlage entzogen werde.

Darum sei es jetzt wichtig, dass die Politik den Betreibern von Museen, Theatern und Kinos unter den bereits praktizierten und etablierten Hygiene- und Sicherheitsvorschriften (Abstand halten, Maske tragen, Händedesinfektion, Besucherregistrierung) zügigst eine Perspektive zur Wiedereröffnung aufzeige. „Die Zeit der Dauerabsagen oder Verschiebungen von Ausstellungen und Konzerten muss ein Ende haben“, so Daduna.

23 Studierende aus Münster sollten ihre Werke im Kunstmuseum Gelsenkirchen zeigen

Der Kunstverein wollte am 19. Februar eigentlich seine erste Ausstellung des Jahres 2021 im Kunstmuseum eröffnen. 23 Studierende der Kunstakademie Münster, die dort die Klasse von Professorin und Bildhauerin Mariana Castillo Deball besuchen, sollten ausgewählte Werke in Gelsenkirchen präsentieren. „Das müssen wir verschieben, wollen aber möglicht einen Ersatztermin noch vor dem Sommer finden“, kündigte Daduna an. Unterstützung erhält er dabei nicht nur von den Mitgliedern seines Vereins, sondern zahlreichen Kulturfreunden: „Es gibt immer einen großen Hunger auf Kunst in dieser Stadt. Und der muss nun endlich wieder gestillt werden können.“

Die Wartezeit bis zur Wiedereröffnung der Kultureinrichtungen könnte etwa mit „Schaufenster-Ausstellungen“ überbrückt werden, so Daduna. Soll heißen: Wo es die örtlichen Gegebenheiten mit großen Fensterflächen zulassen, sollte den vorbeilaufenden Passanten dort Kunst präsentiert werden. Zudem könnten die Fassaden aller geschlossenen Kultureinrichtungen nach Einbruch der Dunkelheit mit Hilfe von Projektionen in ein neues, auffälliges Licht gerückt werden, schlägt Daduna vor. „Wie auch immer: Wir müssen Mittel und Wege finden, um auch in Zeiten der Schließung im Bewusstsein der Menschen zu bleiben.“