Vielen Mitarbeitern der Courtyard by Marriotts-Hotels in Gelsenkirchen und Bochum soll gekündigt worden sein. Das berichtet eine Angestellte.

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Das weithin sichtbare Schild des Courtyard by Marriott-Hotels neben der Arena auf Schalke soll am 15. Februar durch den „Stays Design Hotel“-Schriftzug der neuen Gesellschafter ersetzt werden. Für Furore sorgt die Düsseldorfer Anter Group nicht nur mit ihrem Konzept, das stark auf Wellness und Erotik setzt. Eine Kündigungswelle habe das Personal jetzt getroffen. Rund 180 Mitarbeiter sind betroffen, heißt es aus der Belegschaft.

Mitarbeiterin: Rund 180 Angestellte ohne Job, 66 Kündigungen per Boten zugestellt

„Wer nicht mitzieht, bekommt die Kündigung“, erzählt eine Hotel-Mitarbeiterin, die aus Angst vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen anonym bleiben will. Auch ihr ist es so ergangen. Sie berichtet, dass am vergangenen Wochenende „66 betriebsbedingte Kündigungen per Boten verteilt“ worden seien, in Folge dessen nur noch etwa eine Handvoll Angestellter das Hotel auf Schalke führten, „die meisten davon ohne administrative Erfahrung“. In Bochum sähe es ähnlich aus. Damit sind rund 180 Hotel-Mitarbeiter in Gelsenkirchen und Bochum ohne Job.

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Neue Hotel-Gesellschafterin auf Schalke setzt auf Wellness und Erotik

Die Anter Group ist neue Gesellschafterin der beiden Courtyard by-Marriott-Hotels in Gelsenkirchen und Bochum sowie des Renaissance-Hotels direkt am Stadion des VfL Bochum. Dem Vorbild des Dortmunder Stays Design-Hotels folgend sollen diese drei Häuser ausgerichtet werden. Gesetzt wird dabei auch auf die Karte Erotik, was in Gelsenkirchen und andernorts zu heftigen Reaktionen geführt hat. Befürchtet wird Sex-Tourismus.

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In Dortmund sind einige der Zimmer für erotische Aufenthalte eingerichtet worden. Sie tragen Namen wie „Shades of Stay“ oder „Moulin Rouge“ und sind unteren anderem mit Pole-Dance-Stangen ausgestattet. Ketten am Bett lassen Raum für Fesselspiele, so zumindest zeigen es die Werbe-Bilder.

Aus ehemaliger Tagungsebene wird der Wellness-Bereich

In den angebotenen Verträgen sollte die Hotel-Mitarbeiter nach Angaben der Informantin per Unterschrift auch ihr Einverständnis geben, dass einer „Videoüberwachung wie in Dortmund in bestimmten Bereichen zugestimmt wird“. Als Grund dafür seien Diebstähle angegeben worden.

Parallel dazu schreitet der Umbau des Courtyard by Marriott-Hotels voran. Die Mitarbeiterin berichtet, dass die erste Etage, auf der sich zu Marriott-Zeiten noch Tagungsräume befanden, zu einem Wellness-Bereich umgebaut wird.

Kritik an angebotenen Neu-Verträgen für Hotelpersonal: Weniger Geld für mehr Arbeit

Mitziehen bedeutet den Schilderungen der Informantin nach, „die angebotenen Knebelverträge widerspruchslos zu akzeptieren“. Offeriert würden Vollzeitverträge, die bei 1800 Euro Bruttolohn 176 Stunden Arbeit im Monat aufführten. Dazu kein Weihnachts- und Urlaubsgeld, sowie „Work on Demand“. Ein Angestellter in Vollzeit kam bislang auf etwa 2300 Euro brutto im Monat. Heißt: Fast ein Viertel weniger Geld für zehn Prozent mehr Arbeitszeit.

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Arbeiten auf Abruf: „Keine Buchungen, keine Arbeit, kein Geld“

Insbesondere das „Arbeiten auf Abruf“ sorgt für Empörung und massive Existenzängste bei den Mitarbeitern. „Denn wenn wie gerade jetzt in der Corona-Krise die Buchungen ausbleiben, gibt es praktisch keine Arbeit und daher auch kein Geld“, so die Mitarbeiterin, die das in einem Gespräch mit Firmenchef Taylan Anter erfahren habe.

„Wovon soll man dann leben“, fragt die Hotel-Fachfrau, die sich auch um die Azubis sorgt. Der Nachwuchs habe bald Prüfung, bekomme außer in der Schule aber keine praktische Handreiche, um einen erfolgreichen Abschluss zu machen.

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Besonders enttäuscht seien sie und ihre Kollegen darüber, dass ihnen falsche Versprechungen gemacht worden seien von Seiten der Anter Group. „Erst hieß es: ‘Du gehörst dazu, wir sind eine Familie’ - ein paar Tage später flatterte dann die Kündigung ins Haus.“

Sprecher der Anter Group: Franchise-Verträge aufgelöst, Kündigungen ausgesprochen

Elmar Appel, Referent der Geschäftsführung, teilte auf Anfrage zu den erhobenen Vorwürfen mit: „In unserer Stellungnahme an Ihr Haus vom vergangenen Freitag hatten wir mitgeteilt, dass die Franchise-Verträge aufgelöst worden sind. Infolge dessen sind unter anderem Kündigungen ausgesprochen worden.“ Weitere Stellungnahmen würden nicht abgegeben.

In der Gelsenkirchener Redaktion ist eine Stellungnahme am Freitag nicht eingegangen.

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