Gelsenkirchen. Wochenmarkt in Gelsenkirchen-Ückendorf bietet Kunden genügend Raum, um einzukaufen und im Gespräch mit der Nachbarschaft zu bleiben.

So klein der Ückendorfer Markt auch ist, so viel ist hier trotzdem los: Es herrscht ein großes Hallo – im wahrsten Sinne des Wortes. Menschen begrüßen einander, wechseln Corona-bedingt mit ausreichend Abstand einige Worte. Und die Händler kennen ihre Kundschaft beim Namen. Die Stimmung ist heiter an diesem sonnigen Vormittag im Januar.

Märkte in Gelsenkirchen sind auch Treffpunkte, um in Kontakt zu kommen

Hier stehen zwei ältere Damen, die sich zum „Marktbummel“ verabredet haben. Sonst, so berichten sie, begegnen sie einander bei einem Seniorentreff in Günnigfeld. Im Moment bleibe nur der Wochenmarkt für ein paar gesellige Minuten. Am Geflügelstand von Andre Neubauer scherzt und lacht Ferdi Schaefer mit „seinem“ Händler. „Ich habe auch vor Corona hier gekauft“, erzählt der Kunde. „Weil es einfach nett ist. Aber es ist schon spürbar, dass gerade ältere Menschen die Gelegenheit nutzen, mit jemandem in Kontakt zu kommen.“

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Der Wochenmarkt biete sich dafür ja an. „Gespräche gibt es immer hier. Dafür gibt es den Markt ja auch“, sagt auch Händler Neubauer. Und Ferdi Schaefer ergänzt, das ginge ja auch kaum anders, bei der Kundschaft. „Schließlich sind wir ja im Ruhrpott.“

Viele Kunden schütten den Markthändlern auch mal ihr Herz aus

Viele Stände sind es nicht, die hier auf dem kleinen Schulte-im-Hofe-Platz stehen. Dennoch ist die Auswahl groß: Es gibt Obst und Gemüse, Geflügel und Fleisch, Gebäck, Blumen und auch Fisch. Letzteren verkauft Petra Grabe. Noch ist sie im Gespräch mit einer Kundin. Diese will wohl etwas ganz Besonderes kochen. „Wenn man nirgends mehr hin kann, muss man es sich doch zu Hause schön machen“, ermuntert die Fischhändlerin. Ein bisschen erzählen, das gehört für sie dazu. „Man kennt die Leute. Und im Moment schütten sie hier schon mal ihr Herz aus. Da muss man sich dann auch mal ein bisschen Zeit nehmen.“

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Dass Menschen einkaufen, um sich zu Hause etwas Besonderes zu gönnen, das erlebt auch Obst- und Gemüsehändler Michael Schulz. „Durch Corona gehen plötzlich auch ungewöhnliche Sorten besser“, erzählt er und verrät, bei Bedarf stehe er gerne mit Rezepttipps zur Seite. Das gehöre für die Familie dazu, mache den Wandel am Stand ja erst möglich. „Sonst hätten wir ja immer noch ein Warensortiment wie vor 50 Jahren.“

Gespräche fallen in Lockdown-Zeiten auch mal länger aus

Ein Mann geht vorüber. „Hallo Wolfgang“, grüßt der Händler ihn herzlich. Dann lacht er. „Genau das macht diesen Markt aus: Hier wird immer geredet.“ Und im durch Kontaktbeschränkungen geprägten Lockdown fielen die Gespräche auch schon mal etwas länger aus.

Die Sonne wagt sich nun immer mehr heraus. Sie lädt ein, einen Moment zu verweilen. Einige Marktbesucher haben sich am Kiosk der Familie Sali zusammengefunden. Mit viel Abstand erleben sie hier zumindest ein gefühltes Stückchen Nähe. „Heute ist der Markt gut besucht“, erzählt Shkurte Sali. Gerne würde sie ihren Kunden Tische und Stühle anbieten. Sobald es erlaubt ist, will sie das auch wieder tun.

Kundin stellt fest: "Markt ist Leben"

Viel los ist auch am Blumenstand. Die ersten Frühlingsblüher künden von besseren Zeiten und werden gern mitgenommen. Hier hat Heike Wessels eben ihren Einkauf beendet. Sie war an mehreren Ständen, ist mit allen Händlern gut bekannt. „Das ist doch wichtig in diesen Zeiten. Da wir ja fast nichts mehr dürfen, ist der Markttag eine tolle Sache.“

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Man erlebe ein bisschen Gemeinschaft im Quartier. „Und wenn es nur für eine halbe Stunde ist.“ Ihr Wort zum Abschied fasst es bestens zusammen: „Markt ist Leben.“ Dann tritt sie den Heimweg an, kommt jedoch nur ein paar Meter weit. „Hallo Heike“, wird sie schon vom nächsten Bekannten herzlich begrüßt.

Normalerweise auch noch ein Textil- und ein Gewürzhändler

Knapp 20 Jahre existiert der Markt auf dem damals neu gestalteten Schulte-im-Hofe-Platz. Er findet immer mittwochs statt. Corona-bedingt wurde die Zahl der Händler etwas eingeschränkt. Traditionell erweitern auch ein Textilhändler und ein Gewürzhändler das Angebot.

Besonders ist auch, dass direkt am Markt eine Gastronomie existiert. Corona-bedingt allerdings hat der Pächter inzwischen aufgegeben. Siegbert Panteleit, im Auftrag der Stadt verantwortlich für die Wochenmärkte, sucht nun einen neuen Pächter, damit der Platz nach der Pandemie wieder zum einstigen Leben erwacht.