Gelsenkirchen. Das mehrfach schwerbehinderte kleine Mädchen wird in der Bärenfamilie in Gelsenkirchen rund um die Uhr betreut –Vorlesen inklusive
Hannah* ist ebenso wie ihre jungen Mitbewohner eine Hochrisikopatientin, und zwar nicht nur in Bezug auf Covid-19. Die Zweijährige ist mehrfach schwerstbehindert, ebenso wie die anderen Kinder in der „Bärenfamilie“ in Buer.
Die knapp Zweijährige hat die erste Zeit ihres Lebens bei ihrer Mutter und der Uroma gelebt. Doch eines Tages ging es einfach nicht mehr, war die Mutter am Ende ihrer Kräfte. Hannah muss rund um die Uhr an Monitore zur Überwachung von Herz und Kreislauf angeschlossen sein, braucht ständig Unterstützung. Sie leidet unter epileptischen Anfällen, die lebensbedrohlich werden können. „Und wenn auch ein ambulanter Pflegedienst mit im Boot ist, bleibt genug an der Mutter hängen, ganz abgesehen von der ständigen Alarmbereitschaft“ erzählt Juliana Gries, die Pflegeleiterin der Einrichtung. Zudem komme es nicht selten vor, dass ambulante Pflegedienste gerade nachts ausfielen.
Hannahs Luftröhre ist sehr klein, sie kann nicht abhusten, ihr Schleim muss regelmäßig abgesaugt werden. Eine Trachealkanüle auf dem kleinen Hals hilft ihr beim Atmen. Sehr weiche Nahrung in kleinen Mengen kann sie zwar zu sich nehmen. Genug wäre das allerdings nicht. Ihre Nährstoffe und Kalorien bekommt sie vorwiegend über eine PEG-Magensonde zugeführt. Süße Leckereien wie Kekse könnten zur Lebensgefahr für sie werden, wenn sie sich verschluckt.
Das geräumige Zimmer von Hannah wirkt auf den ersten Blick wie ein ganz normales Klein-Mädchen-Zimmer. Eine Fotowand mit Bildern von Hannah mit und ohne Mama von den ersten Lebenstagen bis heute, viel Rosa, Kuscheltiere im Bett, an der Wand ein Wochenkalender mit vielen bunten Piktogrammen. Sie symbolisieren die geplanten pflegerischen und therapeutischen Anwendungen, die die Zweijährige bekommt, damit sie sich möglichst wohlfühlt und in der Entwicklung gefördert wird. Neben dem Bett allerdings steht viel Technik parat, die ihr beim Überleben hilft.
Besuche sind wegen der Corona-Einschränkungen derzeit nur für zwei Stunden am Tag maximal erlaubt. Weil mehrere ihr Kind besuchen möchten und nicht mehrere Besucher gleichzeitig im Haus sein dürfen, sondern dies nur nacheinander möglich ist. Das kann an besonderen Tagen wie Weihnachten oder dem nun bevorstehenden Geburtstag von Hannah besonders schmerzlich sein. Aber die Einschränkung inklusive der wöchentlichen Schnelltestes bei den Besuchern dienen der Sicherheit der hochgradig gefährdeten jungen Bewohner.
Hannahs Mutter ist häufig bei ihr. Das ist nicht bei allen Kindern der Fall. Nicht alle Eltern schaffen das, aus verschiedensten Gründen, vor allem aber auch, wenn es mehrere Geschwister gibt, die betreut werden müssen. Doch einsam sind die Kinder dann nicht.
Denn die personelle Besetzung in der Einrichtung ist üppig. Und es klingt überzeugend. Ergotherapie, Physiotherapie, Pflege rund um die Uhr, pädagogische Förderung im Rahmen der jeweiligen Möglichkeiten der Bewohner, bei Bedarf inklusive Fahrdienst zu entsprechenden Schulen stehen den Bewohnern zur Verfügung. Hannah liebt es, vorgelesen zu bekommen, zu Kuscheln und Musik zu hören. „Auch wenn sie nicht sprechen kann, zeigt sie uns, was sie mag und was nicht“, versichert Denise Schulz, die pädagogische Leiterin der Einrichtung. Ob die Arbeit mit so schwer beeinträchtigten Kindern nicht sehr belastend ist? "Im Gegenteil! Wir bekommen so viel zurück, das ist sehr bereichernd", schwärmt Denise Schulz.
* Name von der Redaktion geändert