Gelsenkirchen. Die Lage der Flüchtlinge auf Lesbos ist schrecklich. Der Gelsenkirchener Iordanis Georgiou leitete den Bericht eines Freundes und Helfers weiter.

Das Schicksal der Flüchtlinge aus Lesbos lässt den Gelsenkirchener Iordanis Georgiou nicht kalt. Zusammen mit anderen Helfern hat er bereits im Frühjahr 2020 Geld gesammelt, damit das Lager Moria nicht völlig im Dreck versinkt. Jetzt meldet sich der Maschinenschlosser und Thyssenkrupp-Betriebsrat in Altersteilzeit erneut zu Wort. Er hat von Michalis Aivaliotis, einem Freund und Lehrer, der dort ehrenamtlich seit Jahren Flüchtlinge und deren Kinder betreut und unterrichtet, einen Bericht aus dem neuen Lager Kara Tepe bekommen. Die geschilderten Zustände sind entsetzlich.

„Unser größtes Problem sind zurzeit die starken Regenfälle“, schreibt Michalis Aivaliotis. „7300 Menschen sitzen in überschwemmten Zelten. Sie müssen durch Wasser und Schlamm laufen, um zu den Toiletten zu gelangen. Es gibt kein warmes Wasser und keine Duschmöglichkeit.“ Besonders gefährlich ist ihm zufolge der Umstand, dass so viel Erde weggeschwemmt worden ist, dass „überall Munitionsreste zu sehen sind“. Früher war dieser Platz ein Schießübungsplatz.“

Helfer: Prügelnde Polizisten, Schock über die Gewalttat an einer Dreijährigen

Michalis Aivaliotis schreibt auch vom Schock, den die Gewalttat an einem dreijährigen Mädchen ausgelöst hat. Sie wurde mutmaßlich vergewaltigt, blutend auf der Toilette gefunden. Aivaliotis berichtet, dass „Moria-Weißhelme“ versuchen, den Strom notdürftig zu reparieren. Zugleich bemühten sich andere Helfer, trockene Kleidung, Matratzen und Schlafsäcke herbeizuschaffen, das aber ist angesichts weiterer angesagter Regenfälle wohl eine Sisyphosarbeit.

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Der griechische Helfer berichtet zudem davon, dass ein Verlassen des Lagers ohne triftigen Grund nicht mehr möglich sein. Arztbesuche müssten einen Tag vorher angemeldet werden, nur die Polizei im Lager sei berechtigt, einen Krankenwagen zu rufen. „Die Polizei verhängt für jede erdenkliche Kleinigkeit Bußgelder und geht sehr autoritär vor“, schreibt der Lehrer. „Am vergangenen Freitag lief solch eine Kontrolle von Insassen von Kara Tepe vollkommen aus dem Ruder. Die Beamten legten den Asylbewerbern Handschellen an und schlugen und traten auf sie ein.“ Später sollen die Einsatzkräfte festgenommen worden sein.

Der Gelsenkirchener Iordanis Georgiou setzt sich für die Flüchtlinge auf Lesbos ein.
Der Gelsenkirchener Iordanis Georgiou setzt sich für die Flüchtlinge auf Lesbos ein. © Foto: Iordanis Georgiou

Als Notbehelf für den Unterricht will Michalis Aivaliotis mit „Ingenieuren und Facharbeitern“ unter den Flüchtlingen zwei alte ausrangierte Busse umbauen, Gasheizung und Computer reinstellen. Dafür brauche er noch eine Genehmigung. Kosten: jeweils 4000 Euro für die Busse. Die Solidaritäts- und Hilfsorganisation „Solidarität International“ will am Freitag, 18. Dezember, zu Moria eine Online-Veranstaltung machen und dabei zu Spenden aufrufen. Der Gelsenkirchener Iordanis Georgiou ist Mitglied bei der Organisation.

Die EU-Kommission hatte Anfang Dezember angekündigt, dass griechische und EU-Behörden bis September 2021 ein „neues und dem Standard entsprechendes Aufnahmelager“ auf Lesbos errichten würden.