Gelsenkirchen. Die erste Oberbürgermeisterin Gelsenkirchens weiß um die Bedeutung des FC Schalke für ihre Stadt, sagt aber auch: „Wir haben noch mehr zu bieten“

Seit zwei Monaten im Amt der ersten Oberbürgermeisterin der Stadt, aber schon deutlich länger Gelsenkirchenerin: So schätzt Karin Welge die Bedeutung des krisengeplagten FC Schalke 04 für das strukturschwache Gelsenkirchen ein.

Frau Welge, Sie waren im Wahlkampf nah dran und sind trotz Corona auch jetzt im Gespräch mit vielen Gelsenkirchenern. Was bedeutet Schalke für die Stadt und was macht die Krise mit Ihren Bürgern?

Es ist wirklich nicht schön, einen so wichtigen Identifikationsfaktor in so einem schwierigen Fahrwasser zu sehen. Das macht uns allen in Gelsenkirchen keinen Spaß und hat natürlich auch Auswirkungen auf den Stolz vieler Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener. Umso wichtiger ist, dass wir in Gelsenkirchen auf vielen Beinen stehen, was die Binnen- und Außenwirkung betrifft. Nur so kann und wird es gelingen, eine positive Identität für unsere Stadt zu schaffen.

Der Verein ist natürlich ein wichtiges Aushängeschild Gelsenkirchens, aber längst nicht das einzige. Die ZOOM Erlebniswelt gehört in Umfragen regelmäßig zu den beliebtesten Zoos in Deutschland, unser Musiktheater im Revier ist eines der spannendsten Opernhäuser im Land und hat mit der neuen Sparte Puppentheater ein einzigartiges Repertoire und in den kommenden Jahren haben wir mit der Fußball-EM 2024 sowie der IGA 2027 zwei Großereignisse in Gelsenkirchen, die eine europaweite Ausstrahlung haben werden. Das können nicht viele Städte vorweisen.

Wir arbeiten energisch an der Weiterentwicklung Gelsenkirchens etwa als Stadt der Zukunftsenergien. Zukunft wollen wir mit dem Neubau der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung auch in das Herz unserer Innenstadt holen. Eine Hochschulneuansiedlung an dem Standort gleich gegenüber dem Musiktheater wird ein starkes Signal für unsere Stadt sein.

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Vor einigen Tagen erst wurde Gelsenkirchen einmal mehr in einer Studie bescheinigt, ein miserables Image zu haben. Zumindest in Sachen Fußball war Gelsenkirchen hingegen lange eine der Adressen des europäischen Fußballs. Wie sehr leidet auch die Marke Gelsenkirchen unter der Misere des Traditionsclubs?

Wir kennen das im gesamten Ruhrgebiet – in Umfragen landet die Region regelmäßig auf den hinteren Plätzen. Das Image des Ruhrgebiets lässt sich nur auf lange Sicht verbessern und wir arbeiten daran in Gelsenkirchen genauso hart wie in unseren Nachbarstädten von Duisburg bis Dortmund.

Welche Folgen hätte gar ein Abstieg des FC Gelsenkirchen Schalke 04 in die Zweitklassigkeit?

Das wäre zunächst einmal für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die vielen Millionen Fans ein schwerer Schlag. Aber noch ist es ja nicht soweit. Wenn in den kommenden Spielen endlich der erste Sieg geholt wird, dann kann der Klassenerhalt noch gelingen. Mir ist ein Gedanke ganz wichtig: Andere Städte mussten auch mit dem Abstieg ihres Vorzeigevereins umgehen – Essen mit RWE in der Viertklassigkeit, Duisburg mit dem MSV in der dritten Liga, der VfL Bochum spielt seit über einem Jahrzehnt in der zweiten Bundesliga. Ich finde es daher schwierig, wenn derartige Parallelen zwischen Stadt und Verein gezogen werden. Schließlich hat die Hansestadt Hamburg drei Jahre HSV in der zweiten Liga bisher auch gut überstanden.