Gelsenkirchen. Seit Anfang November sind die Türen der Gelsenkirchener Tanzschule „Neue Dancin’-Lounge“ geschlossen. Tanzlehrer Stephan Offermanns sorgt sich.

Traurig wirkt er, der große Tanzraum mit Blick auf den Buerschen Marktplatz. Wo normalerweise Paare (hier sei der abgedroschene Ausdruck einmal erlaubt) die Tanzbeine schwingen, herrscht gähnende Leere, die Lichter sind aus, die Musik schweigt. Die Tanzschule „Neue Dancin’-Lounge“ ist im Shutdown, seit Anfang November finden hier keine Kurse statt. Für Tanzlehrer Stephan Offermanns ist das natürlich eine schwierige Situation – die er nicht unkritisch sieht.

„Tanzschulen sind bislang nicht als Orte in Erscheinung getreten, wo sich viele Menschen mit dem Virus infiziert haben“, sagt er. Nach dem ersten Shutdown im Frühjahr habe man sich bei der Schule größte Mühe gegeben, ein Hygienekonzept aufzustellen, dass einen sicheren Besuch der Tanzschule möglich mache, berichtet Offermanns. „Wir haben die Teilnehmerzahl der einzelnen Tanzkurse verringert, haben Kurse geteilt“, berichtet er. Auf dem Parkett in den beiden Tanzsälen sind Markierungen angebracht, die für einen Mindestabstand sorgen.

Die Tanzschule ist eine Institution in Gelsenkirchen-Buer

Ohnehin kämen nur Paare zu den Kursen – wer mitmacht, tanzt also nur mit dem Menschen, dem er ohnehin schon nahekommt, ein Partnertausch sei nicht erlaubt, so Offermanns weiter. Trotzdem: Mit Beginn des zweiten Shutdowns Anfang November musste auch die Tanzschule wieder schließen. Der Zeitpunkt sei extrem unglücklich, sagt Offermanns. „Die Zeit zwischen Oktober und März ist immer unsere Hauptsaison“, so der Tanzlehrer, „dann finden die meisten Kurse statt.“

Die Tanzschule am Springemarkt ist eine echte Institution in Buer. Zwar nicht unter dem Namen „Neue Dancin-Lounge“ – der Name „Tanzschule Seidel“ ist aber ein Begriff im Stadtnorden, seit über 100 Jahren lernt man hier die Geheimnisse von Cha-Cha, Rumba, Walzer und Co. 1919 hatte Felix Seidel im Saal der Gastwirtschaft Achenbach in Erle das „Tanzinstitut Seidel“ eröffnet.

Situation bereitet Stephan Offermanns schlaflose Nächte

Nach dem zweiten Weltkrieg übernahm Heinz Seidel die Tanzschule, außerdem gründete er den ersten Gelsenkirchener Tanzsportclub, den TTK Blau-Gold Buer, dessen Trainer er über Jahrzehnte war. 1992 übernahm Ina Seidel-Rarreck in dritter Generation die Tanzschule, die sich seit 1969 in Buer am Marktplatz befand. 2007 schied Ina Seidel-Rarreck aus, seitdem firmiert die Tanzschule unter ihrem heutigen Namen.

Jetzt sorgt sich Stephan Offermanns aber um das Traditionsinstitut. „Ich habe seit dem ersten Shutdown im Frühjahr schon viele schlaflose Nächte gehabt“, sagt er. „Irgendwann wird man nachts wach, und dann geht der Film im Kopf an.“ Seine Sorge: Es werde immer schwieriger, Kunden für die Tanzschule zu gewinnen, sagt er. „Viele Menschen sind extrem vorsichtig geworden, und auch wenn ich ihnen versichern kann, dass es bei uns in der Schule sehr sicher ist, lassen sie sich nicht so leicht überzeugen.“

Online-Videos statt Kurse vor Ort

Eigentlich stünden in diesen Tagen viele Weihnachtsfeiern an – daran ist zurzeit nicht zu denken. „Vor allem die Ungewissheit, wie es weitergeht, ist schwer zu ertragen“, sagt Stephan Offermanns. Untätig ist er natürlich nicht. „Wir erstellen professionelle Videos, die sich unsere Kunden dann online anschauen können und halten so den Kontakt“, sagt er. Das sei aber natürlich nicht da gleiche: Offermanns hofft, dass sich die beiden Tanzsäle am Markt schnell wieder mit Tänzerinnen und Tänzern füllen.

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