Gelsenkirchen. Die Schalker Fans sehen schwarz vor dem Treffen in Dortmund. Es fehlt die Liveatmosphäre, es drücken die Corona-Bestimmungen in den Kneipen.
Das wichtigste Spiel des Jahres, daran glauben sie wohl alle noch, wenn es gegen Dortmund geht. Aber die Stimmung bei den Schalker Fans, die ist so tief im Keller wie wohl lange nicht mehr. Der erste Punkt hat noch kein Feuer entfacht.
„Die Ultras haben alles gesagt“, heißt es bestenfalls. Die haben die Mannschaft gefordert „ein paar Prozente müssen im Derby drauf“, wenn nicht, „dann wird es aber nicht so friedlich“. Euphorisch, heiß, aufgeladen, das ist aber keiner der Kommentare, die eine Blitzumfrage in Gelsenkirchen einfängt.
„Gegen Dortmund braucht’s ja eigentlich keine Extra-Motivation“, meint Thommy Wesselborg von der „Destille“ am Bueraner Berg. Den einen Punkt, den hat die Mannschaft auf niedrigem Niveau gegen Union Berlin geholt, das würde gegen die Dortmunder längst nicht reichen. Die Mutlosigkeit, die sieht er nicht nur bei den Spielern, die spürt er auch bei seinen Gästen. „Sonst waren die doch schon mittags um 12 hier und haben gefiebert. Jetzt fragen sie vielleicht per Telefon, ob sie um 17 Uhr Plätze reservieren können.“
Das Interesse lässt nach, merken die Wirte
Wie er es sieht, wird das Interesse am Fußball immer weniger, „die Leute haben auch echt keinen Bock mehr, mit Mühe ihre Hoffnung zusammenzu- kratzen. Und ob die dann wirklich rausgehen, um das Spiel bei mir in der Kneipe zu sehen, das entscheiden die inzwischen nur noch ganz spontan.“
Mittlerweile würde auch am Tresen oder draußen kaum noch über Fußball geredet. Das geht nicht nur in der „Destille“ in einem Kilometer Entfernung vom Stadion so, weiß Thommy vom Stammtisch mit elf Wirten aus Buer.
Und das kann, da ist er sicher, auch nicht an Corona liegen, „denn wir haben seit Beginn der Pandemie 0,0 Prozent Infektionsfälle, die auf unsere Läden zurückgehen“. Langsam geraten alle, die Fußball in der Kneipe zeigen, schwer unter Druck, Umsatz am Samstag zu machen. „Wir sind echt gleich doppelt die Leidtragenden“, meint er bitter, „die da auf dem Platz auflaufen, die dürfen wenigstens noch ihren Beruf ausüben.“
Corona schlägt noch weiter aufs Gemüt
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Den „Herzschlag für blau-weiß“ hält Mia Thies aus allem, was bei der Geschäftsstelle Schalker Fan-Club Verband e.V. an der Kurt-Schumacher-Straße gerade zu erfahren ist, „nur noch für ein müdes Zucken. Ich ärger’ mich da schon gar nicht mehr.“ Das Derby, davon hat sie ja auch nichts, wenn die Fans nicht ins Stadion kommen. „Dabei komme ich beim Fußball sonst wenigstens mal auf andere Gedanken.“
So ganz will sie aber doch nicht loslassen, ihr macht ja der neue Trainer doch noch Hoffnung. Aber als Schlusswort muss sie noch loswerden: „Bei so einem Spiel, da hilft eben nur, alles geben: Beißen, kratzen, Haare ziehen!“
Erst wieder richtig in der Arena
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Für einen ist das Revierderby erst dann wieder ein Thema, „wenn wir wieder in die Arena dürfen“, für Olivier Kruschinski, der allerdings auch klar macht: „Ich bin nicht Fan, ich bin Schalker.“ Unzählige Male in der Kurve hat er trotzdem gestanden. „Zurzeit ist das aber so gar nicht mein Thema“ hat er auch den Leuten von Sky Sport, der Fußballsender-Gruppe, gesagt, die ein Interview wollten, „da dürft ihr mich wirklich nicht nach fragen“.
Steffen Schiegner von der „Blauweißen Fahrschule“ und dem Fanclub Kumpels der Schalker Meile ist zunächst ziemlich einsilbig auf die Frage nach der Stimmung vor dem Revierderby. „Haben die Ultras doch alles gesagt. Jetzt kommt Druck von der Basis, und jetzt muss endlich Druck auf dem Platz aufgebaut werden.“ Düster meint er beim Blick auf die Mannschaftsfotos der vergangenen Jahre, „da waren noch Stars dabei“. Heute sieht er die Guten „alle abgehauen oder rausgeekelt, und woanders spielen die dann wie Bolle“. Das wird nix mehr, meint er. Aber er sieht sich ja trotzdem jedes Spiel an.