Gelsenkirchen. Die Zahl der coronainfizierten Gelsenkirchener steigt stark an. Wie die Stadt die Verbreitung verlangsamen will und was das für Bürger bedeutet.

Der allmorgendliche Blick auf die Corona-Statistik des Robert-Koch-Instituts (RKI) treibt nicht nur immer mehr Gelsenkirchener um, die nach den vergleichsweise niedrigen Infektionszahlen im Sommer, zuletzt etwas nachlässiger geworden waren. Vor allem die Sorgenfalten der Entscheidungsträger im Rathaus sind größer geworden.

Am Mittwochmorgen (21. Oktober) lag der für die Coronaschutzmaßnahmen maßgebliche Inzidenzwert bei 113,2. Seit er vor etwas mehr als einer Woche die Fünfzigermarke überschritten hat – wodurch Gelsenkirchen zum Corona-Risikogebiet geworden ist – entwickelt sich der Sieben-Tage-Wert nur noch in eine Richtung – nach oben.

Nachdem die Stadt zunächst gemäß der Anordnung des Landes, die Zahl der Gäste bei privaten Veranstaltungen im öffentlichen Raum wieder stark eingeschränkt und eine Sperrstunde für die Gastronomie verhängt hat, erließ sie zu Dienstag außerdem eine Maskenpflicht in den ausgewiesenen Fußgängerzonen rund um die Bahnhofstraße, Hochstraße sowie den Ernst-Käsemann-Platz.

So will die Stadt Gelsenkirchen die Verbreitung des Coronavirus verlangsamen

Dass er in der wahrscheinlich letzten Pressekonferenz seiner 16-jährigen Amtszeit als Oberbürgermeister, derart einschneidende Verordnungen erklären muss, hatte sich Frank Baranowski auch nicht gewünscht. „Aber wir müssen jetzt entschlossen handeln und uns alle gemeinsam weiter einschränken und gemeinsam gegensteuern.“ Sein eindringlicher Appell und der von Anne Heselhaus und Luidger Wolterhoff: „Halten Sie Abstand, halten Sie sich an die Hygieneregeln und vermeiden Sie zuhause größere Treffen mit mehreren Personen.“

Frank Baranowski, Gesundheitsdezernent Luidger Wolterhoff und Bildungsdezernentin Anne Heselhaus erklärten, mit welchen Maßnahmen die Eindämmung der Pandemie gelingen soll. Die Maskenpflicht in den Einkaufszonen wird um die Maskenpflicht in öffentlichen Gebäuden der Stadtverwaltung erweitert. Gültig: ab Donnerstag, 22. Oktober.

Kontaktverfolgung: 1000 Telefonate täglich, Team soll verdoppelt werden auf 140 Kräfte

Die wachsenden Infektionszahlen führen dazu, dass die Kontaktverfolgung so gut wie gar nicht mehr möglich ist. „In der derzeitigen Lage müssen wir ganz ehrlich sagen“, dass unsere Kapazitäten überlastet sind“, sagte Gesundheitsdezernent Luidger Wolterhoff.

Sorgen machen den Behörden "Personen mit vielen sozialen Kontakten", wie Wolterhoff sagt. Es sind weiterhin die Treffen in den Familien und im Freundeskreis, von denen die meisten Neuinfektionen ausgehen.

Aktuell arbeiten 70 Personen im Gesundheitsamt daran, die Kontakte Infizierter zu verfolgen. Laut Verwaltung sind das „um die 1000 Telefonate am Tag“.

Bei einem Inzidenzwert von 50 reicht laut Stadt die Kapazität des Gesundheitsamtes aus, weil aber der Wert mehr als doppelt so hoch liegt, soll nun in den nächsten Tagen auch die Zahl der Kontaktverfolger verdoppelt werden. Dazu werden Kräfte aus anderen Bereichen abgezogen. Unterstützung erhält die Stadt bereits durch zehn Bundeswehrsoldaten und fünf Ärzte und drei Verwaltungskräfte, die sich freiwillig gemeldet hatten. Weitere Bundeswehrkräfte werden angefragt. Das bedeutet auch logistisch eine Herausforderung, Räume werden benötigt, entsprechend viel EDV für die Helfer.

27 Infektionen in Fleischbetrieb in Gelsenkirchen - Quarantäne und Firmenschließung

Mit Stand vom Mittwochnachmittag (21.10.) sind in Gelsenkirchen 24 Covid-19-Patienten in stationärer Behandlung, vier Menschen befinden sich auf Intensivstation, einer muss beatmet werden. „Nahezu alle Altersbereiche sind betroffen“, so Luidger Wolterhoff zum vorherrschenden Infektionsgeschehen im familiären Rahmen.

Allerdings gab es am Mittwoch einen anders gelagerten Fall in einem fleischverarbeitenden Betrieb, dort ergaben Tests 27 Infektionen. Als Folge davon sind die Mitarbeiter unter Quarantäne gestellt worden, auch die Firma musste bis auf weiteres schließen.

Am stärksten betroffene Altersgruppe in Gelsenkirchen: 35 bis 59 Jahre mit 656 Fällen

Die aktuellen Infektionszahlen nach Altersgruppen in Gelsenkirchen: 60 Fälle (0-4 Jahre), 120 Fälle (5-14 Jahre), 646 Fälle (15-35 Jahre), 656 Fälle (35-59 Jahre), 196 Fälle (60-79 Jahre) und 54 Fälle (80+), unbekannt sind die Daten dreier weiter Fälle.

Maskenpflicht an weiterführenden Schulen auch in Gelsenkirchen zum Schulstart

Vor dem Schulstart nächste Woche versichert Bildungsdezernentin Anne Heselhaus, „dass sich alle Fenster in Klassenräumen zum Lüften öffnen lassen“. Derzeit liefen zudem Tests mit Lüftergeräten und CO2-Meldern. Auch die Ausstattung von Schülern und Lehrern mit Rechnern und I-Pads verliefen im Zeitplan. So seien etwa 12.000 Ipads für Schüler und 3000 Laptops für Lehrpersonal bestellt worden. Die ersten Geräte sind nun da, müssen aber mit der erforderlichen Software ausgestattet werden. Dazu verfügten alle Gelsenkirchener Schulen mittlerweile über die Gelsenkirchener Schulsoftware IServ, so dass zur Not auch Distanzunterricht möglich ist. Zum Schulstart wird es an weiterführenden Schulen ebenso eine Maskenpflicht geben „Das kam am Mittwoch per Weisung aus Düsseldorf“, sagte Heselhaus.

Folgende Maßnahmen gelten in Gelsenkirchen:


Im öffentlichen Raum dürfen sich nur noch maximal fünf Personen aus mehr als zwei Haushalten treffen.

An privaten Feiern in öffentlichen Räumen dürfen höchstens zehn Personen teilnehmen.

Veranstaltungen und Versammlungen sowie Kongresse mit mehr als 100 Personen sind unzulässig, wenn nicht drei Tage vor der Veranstaltung ein Hygiene-Konzept bei der zuständigen unteren Gesundheitsbehörde vorgelegt wurde; auch mit einem solchen Konzept sind Veranstaltungen mit mehr als 500 Personen im Freien oder mehr als 250 Personen in Innenräumen unzulässig.

Bei Veranstaltungen darf der Abstand von 1,5 Metern zwischen einzelnen Personen nicht durch eine qualifzierte Rückverfolgbarkeit ersetzt werden.

Bei Konzerten und Aufführungen und sonstigen Veranstaltungen und Versammlungen in geschlossenen Räumen gilt auch an Sitz- und Stehplätzen eine Maskenpflicht (außer dies ist mit der dort auszuübenden Tätigkeit - bspw. als Moderator - nicht vereinbar).

Ebenso gilt diese für Zuschauerinnen und Zuschauer bei Sportveranstaltungen auf den Sitz- und Stehplätzen.

In öffentlichen Außenbereichen, in denen regelmäßig eine Unterschreitung des Mindestabstands zu erwarten ist (z.B. stark frequentierte Fußgängerzonen) besteht eine Maskenpflicht.

Ab 23 Uhr gilt eine Sperrstunde für die Gastronomie
Auch der Verkauf von Alkohol ist zwischen 23 Uhr und 6 Uhr verboten.