Gelsenkirchen-Altstadt. 61 Studierende und Abiturienten halfen 94 Gelsenkirchener Mädchen und Jungen beim Nacharbeiten von Schulstoff in den Sommerferien.

Ein Buddy ist ein Partner, der seinem Partner in jeder Lebenslage zur Seite steht. Insofern ist der Name für die 61 Abiturienten und Studierenden, die in den Sommerferien ihre Freizeit opferten, um Kindern Wissen zu vermitteln und ihnen so zu einer besseren Zukunft zu verhelfen, einfach nur passend.

Lernbuddies helfen beim Lesen, Schreiben, Rechnen

So ganz will das mit den Wörtern noch nicht klappen. Mit den Buchstaben ist Elias vertraut, Schreibweise und Aussprache in Kombination sind dem Siebenjährigen aber nicht immer geläufig, Hand und Finger haben den Bogen noch nicht raus. Bei „Schifffahrt“ oder „Bettdecke“ beispielsweise, da lauern noch Fallstricke. Ähnlich ergeht es Deniz (7), da hakt es mitunter noch bei Silbentrennung oder bei den Endungen – allein bei Nomen können heit, -keit, -schaft, -tung, -nis und –tum schon für ordentliches Kopfzerbrechen sorgen.

Gelsenkirchener Eltern dankbar für die Hilfe der Lernbuddies

„Umso dankbarer“ sind Ina Beß-Scholz und Weli Güzeler, dass jemand ihren Kindern beim Erarbeiten des Schulstoffs hilft. Durch Corona ist ja vieles auf der Strecke geblieben, seitenweise Lerninhalte. Sie ist die Mutter von Elias, er der Vater von Deniz. Den beiden Sprösslingen, dazu noch dem neunjährigen Ali, dem älteren Bruder von Deniz, greift Juliana Schäfer unter die Arme. Sie ist eine von insgesamt 61 Lernbuddies in Gelsenkirchen, die 94 Kinder freiwillig in den Ferien betreut haben.

Lernhelferin Juliana Schäfer: "Etwas Sinnvolles tun, anderen helfen"

Die 29-jährige Lernhelferin aus Herne mit Wohnsitz Gelsenkirchen hat gerade ihren Master-Abschluss als Medienmanagerin gemacht. Die Corona-Pandemie erschwert ihr aber wie so vielen anderen auch den Übergang ins Berufsleben, trotz vieler Bewerbungen. „Warum also nicht etwas Sinnvolles für andere tun, habe ich mich gefragt und mich sofort bei der Ehrenamtsagentur für die Ferienaktion beworben“, sagt Juliana Schäfer. Macht sich gut in der Vita, obendrein gibt es eine kleine Aufwandsentschädigung. „Das ist schön, aber nicht ausschlaggebend“, betont die Lernhelferin. „Ich hätte es auch so gemacht, schließlich geht es ums Rüstzeug fürs Leben. Ich habe meines bereits, also helfe ich anderen, es ebenso zu bekommen.“

Ziel: Gelsenkirchener Kinder sollen den Anschluss in der Schule nicht verpassen

Genau darum geht es, dass Kinder den Anschluss in der Schule nicht verpassen. Diese Sorge treibt alle Eltern in Corona-Zeiten um. Ina Beß-Scholz und Weli Güzeler haben wie Tausende andere auch „ziemlich schnell feststellen müssen“, dass selbst Grundschulstoff nicht so ohne weiteres zu vermitteln ist. Und zwar aus vielerlei Gründen. „Berufliche Verpflichtungen, fehlendes pädagogisches Wissen, wie man Kindern etwas verständlich beibringt oder aber auch die erforderliche Autorität und Distanz, die eine Lehrkraft mit sich bringt – all das macht das Lernen mit den eigenen Kindern nicht einfacher“, erzählen die beiden Eltern.

Eltern in der Klemme: Zeitlich und pädagogisch überfordert

Beß-Scholz arbeitet als Prozessmanagerin in der Immobilienwirtschaft, Güzeler bei einem großen Geldinstitut, beide in Vollzeit, ebenso wie ihre Ehepartner. Da wird der Faktor Zeit zum größten Problem. Froh sind sie deshalb darüber, einen der begehrten Plätze beim Lernbuddy-Projekt der Ehrenamtsagentur ergattert zu haben. „Das hat den Kindern sehr geholfen“, sagen Vater und Mutter. Und auch Juliana Schäfer konstatiert froh: „Die Lernfortschritte sind sichtbar.“

„Wir konnten uns vor Anfragen kaum retten“, sagt Beate Rafalski, sie ist Geschäftsführerin der Ehrenamtsagentur Gelsenkirchen und hat das Projekt koordiniert – Elter, Kindern und Buddies zusammengebracht. „94 Kinder konnten wir stadtweit in Jugendzentren betreuen, der Bedarf war allerdings um ein Vielfaches höher.“ Gerne hätte die Agentur weitere Kräfte hinzugezogen, aber vor dem Start der Aktion hat eine Reihe freiwilliger Helfer das notwendige polizeiliche Führungszeugnis nicht rechtzeitig einreichen können, um noch berücksichtigt zu werden.

Überlegung: Lernbuddy-Projekt in den Herbstferien fortsetzen

Was nicht ist, könnte aber in Zukunft sein. Bei der Ehrenamtsagentur überlegt man gerade, die Aktion Lernbuddy in den Herbstferien weiterzuführen. Elias und Deniz fänden das „auf jeden Fall klasse“.

Lernbuddies bekommen dank Spenden Aufwandsentschädigung

Hintergrund: Als erster Hauptförderer dieses Projektes stellte die Nickel-Stiftung 5000 Euro zur Verfügung, so dass für die Lernbuddies auch ein Anreiz in Form einer Aufwandentschädigung geleistet werden konnte.

Angetan von der Bildungsoffensive, hat auch das Berufskolleg Königstraße Geld für die freiwilligen Studierenden und Abiturienten gesammelt. Weitere 3450 Euro kamen zuletzt hinzu. Mit der Folgespende der Lehrkräfte am Berufskolleg wurde die Ehrenamtsagentur in die Lage versetzt, das Projekt auskömmlich zu finanzieren.

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