Ückendorf. Die Dachsolaranlage des Wissenschaftsparks Gelsenkirchen war einst die weltgrößte ihrer Art. Ingenieur Thorsten Ellenbeck wartet sie seit 2004.

Die Sommersonne entfaltet in diesen August-Tagen ihre volle Wucht: Bis zu 34 Grad heiß soll es an diesem Wochenende werden. Entgegen aller Erwartungen eines Technik-Laien sind das aber alles andere als ideale Bedingungen für die Photovoltaikanlage auf dem Dach des Wissenschaftsparks. „Bei etwas kühleren Temperaturen sind die Solarzellen leistungsstärker als jetzt bei der Tropenhitze“, verblüfft Thorsten Ellenbeck. Er muss es wissen: Der Physik-Ingenieur (50) aus Köln übernimmt schließlich seit anderthalb Jahrzehnten die Wartung der einst größten Dachsolaranlage auf diesem Planeten.

Ende 1995, dem Eröffnungsjahr des Wissenschaftsparks, ging die nicht nur in Fachkreisen heftigst bestaunte Solaranlage in Betrieb. Sie erstreckt sich seitdem fast über die gesamte Fläche der Dächer des Hauptgebäudes und der neun seitlich abgehenden Pavillons. „Sechs Millionen Mark hat die Anlage damals gekostet“, weiß Ellenbeck. „Und sie war eine technische Innovation, die auch nach internationalen Maßstäben große Impulse gesetzt hat“, sagt der Ingenieur.

Eine Inspektion der Gelsenkirchener Solaranlage dauert anderthalb Tage

Die Original-Solarmodule von 1995 befinden sich auf den Dächern aller neun Pavillons (r.). Auf dem Hauptgebäude sind hingegen auch neue Exemplare zu finden, die im Laufe der Jahre gegen defekte Module ausgetauscht wurden.
Die Original-Solarmodule von 1995 befinden sich auf den Dächern aller neun Pavillons (r.). Auf dem Hauptgebäude sind hingegen auch neue Exemplare zu finden, die im Laufe der Jahre gegen defekte Module ausgetauscht wurden. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Zwischen 2004 und 2007 arbeitete er als Angestellter der Betriebsgesellschaft des Wissenschaftsparks und kümmerte sich als Projektmanager ums Themenfeld „Zukunftsenergien“. Die Wartung der Anlage zählte auch damals schon zu seinen zentralen Aufgaben. Diese behielt er auch bei, nachdem er als Mitarbeiter ausgeschieden war, um sich mit einem Ingenieurbüro in Köln selbstständig zu machen.

Von dort aus kann er heute das Meiste per Fernüberwachung kontrollieren – etwa, wenn unerwartet Spannungsverluste auftreten. Einmal im Jahr schaut Ellenbeck aber zu einer Inspektion vor Ort vorbei, um die Technik zu überprüfen. „Das dauert immer anderthalb Tage“, sagt er. Dabei nimmt er jedes der insgesamt 900 Solarmodule persönlich in Augenschein. Ein Solarmodul der im Jahr 1995 verbauten Modellreihe besteht aus 96 Solarzellen. Beim neuen, nun verwendeten Modultyp sind es noch 54 Zellen.

In den Solarzellen wird aus Sonnenlicht ökologisch sauberer Strom

In den so genannten „Wechselrichtern“ wird der in den Solarzellen produzierte Gleichstrom in Wechselstrom umgewandelt.
In den so genannten „Wechselrichtern“ wird der in den Solarzellen produzierte Gleichstrom in Wechselstrom umgewandelt. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Diese Zellen sind das entscheidende Bauteil: Denn in ihnen wird laut Ellenbeck der ökologisch saubere Strom produziert. Wie das funktioniert? In den Zellen wird der sichtbare Teil des Sonnenlichts in Gleichstrom umgewandelt. Dieser fließt über Leitungsstränge in zwei so genannte „Wechselrichter“, die in einem stark belüfteten und dadurch gekühlten Raum auf dem Dach untergebracht sind. Jeder dieser „Wechselrichter“ ist etwa so groß wie ein Wohnzimmerschrank. „Darin wird Gleich- in Wechselstrom umgewandelt. Und der überwiegende Teil davon wird direkt danach hier im Gebäude verbraucht“, so der Wartungsexperte.

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Der nicht genutzte Rest werde in Netz der Emscher-Lippe Energie (ELE) eingespeist. „Pro Jahr erzeugen wir hier oben etwa 130.000 Kilowattstunden“, sagt Ellenbeck beim Gang über das Dach. Mit nun fast genau 25 Jahren auf dem Buckel sei die Dachsolaranlage inzwischen „ein altes Schätzchen, das fast museumsreif ist“, sagt Ellenbeck und lacht. Im Laufe dieser langen Zeit hätten etwa 30 Prozent der alten Solarmodule ihren Geist aufgegeben und hätten ausgetauscht werden müssen. Beim jetzigen Kontrollgang entdeckt er an zwei weiteren Stellen Glasbruch. „Die müssen wir dann auch zeitnah auswechseln“, kündigt er an.

Mustergültig geplant und gebaut

Wie sehr sich die gesamte Technik im Laufe von zweieinhalb Jahrzehnten weiterentwickelt hat, lässt sich auch an den Preisen ablesen. „Heute würde eine Anlage dieser Größenordnung nur noch rund 250.000 Euro kosten“, weiß der Ingenieur. Die einst weltgrößte Dachanlage zählt heute zu den kleineren. Es gebe inzwischen welche, die etwa 500 Mal so leistungsstark seien. „Und dennoch“, so stellt Ellenbeck mit Hochachtung in der Stimme fest, „ist dies auch nach heutigen Maßstäben eine mustergültig geplante und gebaute Anlage.“

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