Gelsenkirchen. Laut Studie hat fast jeder dritte Herzpatient in Corona-Zeiten auf wichtige Untersuchungen verzichtet. Was ein Gelsenkirchener Facharzt dazu sagt.

Eine neue Studie des Wissenschaftlichen Instituts der AOK belegt, was Kliniken in der Region bereits bemerkt haben: Die Corona-Krise hat viele Patienten davon abgehalten, eigentlich lebenswichtige Untersuchungen und Behandlungen im Krankenhaus durchführen zu lassen. Wir fragten den Chefarzt Dr. Christoph Haurand, Facharzt für Kardiologie am Bergmannsheil Buer und Leiter der Notarztgruppe Gelsenkirchen Nord, nach seinen Erfahrungen.

Herr Dr. Haurand, die Studie spricht von 31 Prozent weniger Behandlungen von Herzinfarkten. Haben Sie ähnliche Erfahrungen gemacht?

Dr. Christoph Haurand: Ja, vor allem im März und April. Da sind deutlich weniger Patienten zu Notfallbehandlungen und mit Herzinfarkten gekommen. Mittlerweile kommen wieder deutlich mehr. Derzeit sind wir im Krankenhaus etwa auf einem Niveau von 70 Prozent Belegung in dem Bereich.

In welchen Fällen ist so ein Aufschieben von Diagnostik oder gar Behandlung denn besonders gefährlich?

Im Bereich der Kardiologie ist es besonders bei vorhandenen Beschwerden gefährlich. Etwa ein Drittel der Herzinfarktpatienten hat Symptome im Vorfeld, Brustschmerzen links bei Belastung. Dann wird das Herz minderversorgt. Wer mit den Beschwerden nicht zur Diagnostik geht, ist besonders gefährdet. In Extremfällen kann es bei solchen Gefäßverengungen auch zu lebensgefährlichem Kammerflimmern kommen, das in fatalen Fällen zum Tod führen kann.

Gab es auch akute Notfälle, die zu lange gewartet haben?

Leider ja, wenn auch zum Glück eher Einzelfälle. Beim Herzinfarkt spielt Zeit eine große Rolle. Wer nicht binnen acht Stunden behandelt wird, riskiert unter anderem vermeidbares Absterben von Gewebe, auch wenn mittels Katheter die Verengung beseitigt werden kann.

Wie riskant ist es in Bezug auf Covid-19, jetzt in die Notfallambulanz oder auch zur stationären Behandlung in die Klinik zu kommen?

Das Risiko, sich im Krankenhaus oder in der Ambulanz anzustecken, ist auf keinen Fall höher als beim Einkaufen im Supermarkt. Im Gegenteil, im Krankenhaus waltet besondere Vorsicht. Bei allen Patienten wird ein Abstrich gemacht. Im Zweifelsfall ist es bei Symptomen für Herzpatienten auf jeden Fall besser, sich sich untersuchen zu lassen.