Beckhausen. Der Hof Holz hat Insolvenz angemeldet. Der neue Geschäftsführer sieht keine andere Möglichkeit für den Gelsenkirchener Inklusionsbetrieb.

„Ohne Corona hätten wir es geschafft“, sagt Reimbern von Wedel. Er ist seit Anfang April Geschäftsführer des inklusiven Familienbetriebs Hof Holz in Gelsenkirchen. Coronabedingt war der Betrieb seither noch nicht einen Tag geöffnet. Nun hat man in der vergangenen Woche einen Insolvenzantrag einreichen müssen.

„Schieflage hat sich schon im Januar abgezeichnet“

„Ich bin hier zu Jahresbeginn dazu gekommen mit dem Auftrag, eine Verfahrensdokumentation zu erstellen. Das bedeutet, es hat sich schon damals eine Schieflage abgezeichnet. Da habe ich bereits gemerkt, es stimmt was nicht.“ Als er im April die Führung der Gesellschaft übernahm, habe er sich erst einmal ein Bild machen müssen. „Da kamen immer mehr Altlasten hoch.“ So seien Lieferantenverträge unpassend zum Betriebsmodell gewesen, nennt von Wedel nur ein Beispiel. „Wenn die Ausgaben höher sind als die Einnahmen, dann funktioniert das eben nicht.“ Neben der Geschäftsführung sieht von Wedel auch einen Teil der Verantwortung bei der Betreiberfamilie. Sie habe nicht zu jeder Zeit an einem Strang gezogen. Das Fazit: „Man hat aus der ersten Insolvenz im Jahr 2014 nicht gelernt.“

Warten auf den Insolvenzverwalter

Auch interessant

Zur Erinnerung: Damals war der Betrieb schon einmal in eine Schieflage geraten. Seit seiner Entstehung war der Hof unter dem Dach des Werkvereins geführt worden. Nach der Trennung sprang die Familie Holz ein, gründete die neue „Holz Betriebsgesellschaft gGmbH“. Jene knüpfte, weiterhin als gemeinnütziger Inklusionsbetrieb, an alte Erfolgsmodelle wie den Weihnachtsmarkt oder den Kreativmarkt sowie sommerliche Musiknächte an.

Damit ist es nun vorerst vorbei. Nun müsse man abwarten, wer zum Insolvenzverwalter bestellt werde und wie die Zusammenarbeit sich gestalte. „Wir haben ein Konzept in der Tasche und hoffen, dass wir weiter machen dürfen“, erklärt Reimbern von Wedel, der dann zunächst auf kleinere Formate setzen und mit ihnen den Neubeginn gestalten will.

Großer Biergarten laut Geschäftsführer keine Lösung

Märkte wie der Herbstmarkt inklusive Bewirtung der Besucher waren ein wichtiges Standbein des Hof Holz.
Märkte wie der Herbstmarkt inklusive Bewirtung der Besucher waren ein wichtiges Standbein des Hof Holz. © FUNKE Foto Services | Joachim Kleine-Büning

Dabei leidet der Hof, so der Geschäftsführer, vor allem unter dem Wegfall der großen Gesellschaften von Hochzeit bis Geburtstag. „Natürlich kann man die derzeit wieder machen, aber unter erschwerten Bedingungen.“ Seine Vermutung: „Das will doch keiner. Und es ist auch nicht das, was die Gastronomie braucht.“ Gleiches gelte für die Märkte. „Wenn wir die machen dürften, wären sie sehr personalintensiv“, spielt er auf die Kontrollen zur Einhaltung aller Hygienevorschriften an. Gleichsam sei ein wesentlicher wirtschaftlicher Aspekt bei den Märkten die Bewirtung gewesen. „Die läuft ja auch nicht mehr so.“ Hätten einst über einhundert Menschen unter der Remise Platz gefunden, seien es unter aktuellen Bedingungen rund vierzig. Auch ein großer Biergarten komme nicht in Frage. Der laufe zum einen nur bei schönem Wetter, zum anderen müsse auch der coronakonform entwickelt sein. „Und das ist nicht das, was die Leute wollen.“

Einfach weitermachen wie bisher geht nicht

Noch im letzten Sommer drängten sich die Besucher bei der Irish Night auf dem Hof.
Noch im letzten Sommer drängten sich die Besucher bei der Irish Night auf dem Hof. © FUNKE Foto Services | Andreas Hofmann

Noch ein Problem: „Ältere Menschen meiden im Moment die Gastronomie.“ Jene Zielgruppe machte bekanntlich einen großen Teil des Tagesgeschäftes aus. Kurzum: Weiter machen wie bisher sei aus verschiedenen Gründen unmöglich. Und temporäre Projekte würden nicht weiterhelfen, erklärt der 66-Jährige. „Uns reichen keine Solidaritätsveranstaltungen. Wir müssen regelmäßig Gelder erwirtschaften.“ Im Normalbetrieb fielen alleine 40.000 Euro Lohnkosten an, so von Wedel.

Mitarbeiter sind noch in Kurzarbeit

Insolvenzverfahren als Chance für neue Ideen

Im Mai noch hatte der Hof Holz ein neues Konzept vorgestellt für die von Corona geprägte Zeit: Ein Hofladen mit Produkten aus der Region hatte den Betrieb ergänzen sollen (die WAZ berichtete). Zusätzlich hatte man auf einen Café-Betrieb setzen wollen. Zur Realisierung kam es bislang nicht. Könnte es aber doch noch.

Das Insolvenzverfahren sieht man vorrangig als Chance, diese und andere Ideen wieder aufzugreifen und den gesamten Betrieb noch einmal neu aufzubauen. Bis auf Weiteres jedoch bleibt der Hof geschlossen.

„Unheimlich leid tut es mir für die Mitarbeiter, die wir vertrösten müssen.“ Sie befänden sich aktuell in Kurzarbeit. Die habe jedoch den Betrieb vor dem Schlimmsten bewahrt. „Wenn wir kein Kurzarbeitergeld hätten, wären wir schon längst kaputt.“ Das Insolvenzverfahren soll nun vor allem eine Chance sein für einen Neubeginn. „Jetzt haben wir noch die Möglichkeit, konstruktiv etwas zu machen.“ Und den Hof Holz damit zu retten.

Lesen Sie mehr Berichte aus Gelsenkirchen hier.

Oder folgen Sie uns auf Facebook.