Der Wettstreit um Stimmen wird bei der Kommunalwahl auch in Gelsenkirchen wegen Corona völlig anders ablaufen als jemals zuvor. Ein Kommentar.

Die heiße Phase des Kommunalwahlkampfes 2020 ist nun auch in Gelsenkirchen eingeläutet. Die Parteien schwören nicht nur ihre Mitglieder ein, sondern gehen ab sofort, rund acht Wochen vor dem Wahltermin, auch verstärkt in die Öffentlichkeit. Dennoch ist allen Beteiligten klar: Dieser Wettstreit um Wählerstimmen, er wird vollkommen anders ausgetragen werden müssen als alle bisherigen. Es ist wahrlich ein Kreuz mit dem Corona-Virus.

Gerade auf kommunaler Ebene ist der Straßenwahlkampf die wichtigste Komponente. Merkel und Scholz, Laschet und Söder, Habeck und Lindner – sie alle genießen das Privileg, dass ihr Wirken regelmäßig im Fernsehen abgebildet wird. Das erhöht den Bekanntheitsgrad – die mit Abstand wichtigste Währung in der Politwelt. Wer hingegen nicht zur nationalen oder landesweiten Prominenz zählt, der muss eben auf anderem Wege für sich und sein Tun trommeln. Auf der Straße.

Wer lässt sich schon gern von einem fremden Maskenträger ansprechen?

Auch dort gelten aber nun verschärfte Hygienevorschriften. Das Händeschütteln verbietet sich seit Monaten. Selbst Broschüren oder kleine Werbegeschenke dürfen die Kommunalpolitiker und ihre Helfer nur noch mit Handschuhen überreichen. Und wer will schon gern mit jemandem ins Gespräch kommen, dessen Gesicht zur Hälfte hinter einer Atemschutzmaske verborgen ist? Vermutlich nicht ganz so viele Zeitgenossen.

Deshalb müssen sich auch die Parteienvertreter unserer Stadt etwas einfallen lassen, um im Wahlkampf aufzufallen. Die ausgetretenen Pfade allein werden sie diesmal nicht zum Ziel führen. Andere Strategien müssen mit Mut und Überzeugung zur Anwendung kommen. Das bedeutet auch, dass die digitale Komponente in diesem Kommunalwahlkampf die dominante Hauptrolle spielen wird. Denn im Netz, da lässt sich auch ohne persönliche Begegnung prima für die eigene Position werben.

Nun heißt es also: Welche der antretenden Parteien ist in puncto Know-how und Ideenvielfalt für die Arbeiten im Internet am besten aufgestellt? Das könnte für den Ausgang der Wahl am 13. September die entscheidende Frage sein.

Die tatsächliche Lebensqualität mache ich an anderen Dingen fest

Noch ein letzter Gedanke zum jüngsten Städteranking des Instituts der deutschen Wirtschaft, das Anfang dieser Woche veröffentlicht wurde. Am Tabellenende tummelten sich mit Gelsenkirchen, Herne, Oberhausen und Duisburg „die üblichen Verdächtigen“.

Die Aussagekraft solcher Ranglisten über die tatsächliche Lebensqualität halte ich allerdings für sehr begrenzt. Wer etwa einen Blick auf die bundesweiten Kriminalitätszahlen wirft, der erkennt, dass die Negativ-Hochburgen die ach so angesagten Städte Berlin, Stuttgart und Frankfurt sind. In München kosten Mieten und Lebensunterhalt oft das Dreifache, in Düsseldorf das Doppelte wie hier. Und das Wichtigste: Im Ruhrgebiet leben die unkompliziertesten und hilfsbereitesten Menschen. Diese Charaktereigenschaften hieven das Revier in meiner persönlichen Lebensqualität-Rangliste auf den unumstrittenen Spitzenplatz.