Gelsenkirchen-Ückendorf. Der Wissenschaftspark Gelsenkirchen feiert in 2020 sein 25-jähriges Bestehen. Wir stellen Menschen vor, die dort ihr berufliches Zuhause haben.

Wenn Stephan von Bandemer in seinem Büro Besuch empfängt, dann sagen seine Gäste zur Begrüßung erfahrungsgemäß fast alle den gleichen Satz: „Meine Güte, was haben Sie einen schönen Arbeitsplatz hier!“ Dann lächelt der Projektleiter des Instituts für Arbeit und Technik (IAT), weil er 25 Jahre nach seinem Einzug in den Wissenschaftspark Gelsenkirchen noch genauso empfindet. Als Mieter der allerersten Stunde hat der 63-Jährige die Entwicklung im Hause hautnah miterlebt. Und seit einem Vierteljahrhundert schätzt er die kreative Grundatmosphäre in der Ideenschmiede von Ückendorf.

1995 erfolgte die Eröffnung des Wissenschaftsparks Gelsenkirchen

Markenzeichen des Wissenschaftsparks Gelsenkirchen: Die Fensterfront der Glasarkade im Schein der Juli-Sonne ist auch von außen betrachtet nach wie vor ein echter Hingucker.
Markenzeichen des Wissenschaftsparks Gelsenkirchen: Die Fensterfront der Glasarkade im Schein der Juli-Sonne ist auch von außen betrachtet nach wie vor ein echter Hingucker. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Im Jahr 1995 war es, als der Wissenschaftspark als ein Leitprojekt der Internationalen Bauausstellung Emscherpark seine feierliche Eröffnung erlebte. „Und wir waren von Beginn an mit dabei“, sagt von Bandemer. Hinter dem Wörtchen „wir“ verbirgt sich das Team des IAT. Seit dessen Gründung im Jahr 1988 erforscht das Institut die Probleme, aber auch Chancen des Strukturwandels im Ruhrgebiet und soll Impulse für die Praxis geben. „Wir sind die Brücke zwischen der Grundlagenforschung und der praktischen Anwendung im Alltag“, erklärt er. Und das alles geschah zunächst im Auftrag des damaligen NRW-Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Heute ist das IAT eine Zentralwissenschaftliche Einrichtung der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen.

Konkretes Beispiel für die Aktivitäten des IAT gefällig? Da fällt von Bandemer als wichtiges Projekt der jüngeren Vergangenheit die Telemedizin ein. Es gebe immer weniger Menschen, die nach einer schweren Erkrankung oder Operation eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in einem Kurort absolvieren wollen. Eine ambulante Reha passe auch nicht jedem. „Deshalb haben wir geforscht, ob eine von Ärzten am Telefon oder am PC-Bildschirm begleitete Reha-Maßnahme auch in den eigenen vier Wänden stattfinden könnte“, erklärt er. Die Gesellschaft sei im Wandel. Und den veränderten Reha-Wünschen wolle man mit konkreten Lösungswegen nachkommen, so von Bandemer.

In den ersten Jahren fungierte er noch als Geschäftsführer des IAT. „Damals war das Institut noch an der Florastraße im ehemaligen Gebäude der Landeszentralbank untergebracht.“ Nach der Fertigstellung des Wissenschaftsparks erfolgte der sofortige Umzug in die Pavillons Nummer eins und zwei. „Da hatten wir noch 100 Beschäftigte, inzwischen sind es etwa halb so viele“, so von Bandemer.

Seine Führungsaufgabe gab er dann freiwillig auf. „Ich wollte mich lieber aufs Forschen konzentrieren. Und das wäre mir in der Geschäftsführer-Position nicht möglich gewesen“, begründet er seine Entscheidung. Ein Schritt, den er bis heute nicht bereut hat.

Gesundheitswirtschaft ist eine tragende Säule der Arbeitswelt geworden

Dass sein Schwerpunkt einmal in der Gesundheitsforschung liegen würde, hätte sich der studierte Politikwissenschaftler und Volkswirt bei seinem Studienabschluss auch nicht träumen lassen. Dieses Fachgebiet sei aber ein wichtiges. Die Gesundheitswirtschaft sei schließlich eine tragende Säule in der veränderten Arbeitswelt des Ruhrgebietes geworden. Im Dienstleistungssektor gebe es inzwischen revierweit die meisten Arbeitsplätze. Und die Gesundheitssparte sei ein wichtiger Bestandteil.

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Verbesserungsideen entwickeln will das IAT auch für die Nachsorge von Patienten, die einen Schlaganfall erlitten haben. Die Akutversorgung in den „Stroke Units“ in ausgesuchten Revierkliniken sei inzwischen herausragend, findet von Bandemer. „Das hat Ferrari-Niveau. Die Nachsorge erinnert aber oft eher an eine Holzkutsche“, wählt er ein aussagekräftiges Bild.

Der gebürtige Hamburger ist stets Fan des FC St. Pauli geblieben

Seit 1988 lebt der gebürtige Hamburger nun im Ruhrgebiet, genauer gesagt: in Recklinghausen. Zur Arbeit fährt er täglich mit dem Zug. „Auf der Autobahn steht man ja eh nur noch im Stau herum.“ Mehr als 30 Jahre im Revier haben seine große Fußball-Liebe aber nicht verändern können. Die gilt nach wie vor den zweitklassigen Kiez-Kickern des FC St. Pauli. Als kleinen Trost empfindet er es, dass der Stadtrivale HSV derzeit in der gleichen Spielklasse kicken muss. Er selbst war übrigens ein richtig guter Handballer, ging einst für Hannover in der 2. Bundesliga auf Torejagd. Nun begnügt er sich damit, das Geschehen der Topclubs und des Handball-Nationalteams zu verfolgen.

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Bleibt noch die Frage, was sich in 25 Jahren im Wissenschaftspark am meisten verändert hat. Da grübelt von Bandemer kurz und sagt: „Das Gebäude selbst ist bis heute ein institutioneller Ankerpunkt geblieben. Was sich geändert hat, ist die Feierbereitschaft der Menschen, die hier arbeiten“, sagt er und lacht. „Früher hatten wir hier definitiv viel mehr lange Nächte als heute.“