Hassel. Das Stellwerk im Stadtteilpark in Gelsenkirchen-Hassel wird ein Standort für heimische Vögel. Das Projekt ist das erste dieser Art im Ruhrgebiet.

Die Hausrotschwänze waren es, die den Stein ins Rollen brachten. Diese kleinen Singvögel machten erst auf sich und dann auf das leerstehende Stellwerkhäuschen auf dem ehemaligen Kokerei-Areal an der Marler Straße in Hassel aufmerksam. Weil sie schon einmal dort heimisch waren, wurde die Idee „ausgebrütet“, gleich das unscheinbare Häuschen zum „Artenschutz-Haus“ umzuwidmen. Wenn schon das gigantische Areal gerade als Stadtteilpark Hassel von einer bisher verbotenen Stadt aufgestiegen ist.

Schon beim Herrichten des Backsteinbaus am nördlichen Rand, direkt vor der Fernwärmeleitung und den Eisenbahngleisen, herrschte offenbar reger Betrieb, und das noch vor der offiziellen Übergabe und Eröffnung des Parks.

Das Artenschutzhaus im Stadtteilpark Hassel in Gelsenkirchen präsentieren stolz (v.l.) Nicole Büsing, Landschaftsagentur Plus, Karl Peter Brendel, NRW-Stiftung Naturschutz, Heide Naderer, Vorsitzende Nabu NRW, Dr. Thomas Bernhard, Umweltreferat Stadt Gelsenkirchen, Ewald Steinmann, Vogelsang-Stiftung.
Das Artenschutzhaus im Stadtteilpark Hassel in Gelsenkirchen präsentieren stolz (v.l.) Nicole Büsing, Landschaftsagentur Plus, Karl Peter Brendel, NRW-Stiftung Naturschutz, Heide Naderer, Vorsitzende Nabu NRW, Dr. Thomas Bernhard, Umweltreferat Stadt Gelsenkirchen, Ewald Steinmann, Vogelsang-Stiftung. © WAZ | Uli Kolmann

Graffiti-Künstler „Sponk“, bürgerlich Dan Geffert, der die Fassade schon größtenteils optisch überholt hat, hat sich jedenfalls mit einigen interessierten Spaziergängern und Radfahrern unterhalten, die mehr über dieses verschwiegene Plätzchen wissen wollten.

Platz für ein riesiges Insektenhotel

Eine überdimensionale Eule hat Sprayer Sponk schon auf der großen Wand ihre Flügel ausbreiten lassen, den Rest für weitere Details grundiert. Gegenüber der Zeit als trister Stellwerk-Rest sind an dem Gemäuer nun die Fensteröffnungen mit Holz verkleidet, hier soll unter anderem ein riesiges Insektenhotel Platz finden. Unter der Dachkante sind einladend schon einige Unterkünfte für Mauersegler montiert worden, die wird das uniforme Äußere kaum stören.

Allerdings werden sie in dieser Saison dort auch kaum schon brüten, dieses Geschäft haben sie eigentlich schon hinter sich. „Die Brutzeit beginnt etwa im April, im Juli oder August ziehen die meisten Mauersegler dann schon wieder nach Afrika“, beschreibt Detlef Müller von der Unteren Naturschutzbehörde bei der Stadt. Neben dieser Art sind auch Rauchschwalben, Turmfalken, Feldlerchen und sogar Flussregenpfeifer schon gesichtet worden. Die mögen offenbar die Wasserlachen auf Baustellen, wie sie hier sicher zu finden waren.

Stolz auf den gemeinsamen Einsatz

Die Besucher sollen in der Zukunft die Tiere beobachten können, aber nicht zu nah herankommen, was ein Gatter und Totholz-Hecken deutlich machen. Auch wird der Gelsenkirchener NaBu-Ortsverband ein Auge auf das Artenschutzhaus und die weitere Entwicklung im Park haben. Auf die gemeinschaftliche Vorgehensweise von Planern, Geldgebern, Betreuern und künftigen Verwaltern sind alle Beteiligten besonders stolz. Mit im Boot sind nun der Naturschutzbund NaBu NRW, die Vogelsang-Stiftung, die Landschaftsagentur Plus als Tochter der Ruhrkohle AG und Flächen-Entwickler, die NRW-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege sowie die Stadt Gelsenkirchen über das Umweltreferat.

Auf die Ehrenamtlichen des NaBu Gelsenkirchen setzen die Landschafsagentur und das Umweltreferat auch besonders bei der Beteiligung der Öffentlichkeit, also über begleitete Führungen durch den neuen Stadtteilpark und Informationen über das Artenschutzhaus. Bebilderte Info-Tafeln sind bereits in Arbeit. Interessant werden Park und Stellwerkhäuschen auch noch durch die vorgesehene Anbindung an das Radwegenetz, hier die „Allee des Wandels“ auf der ehemaligen Zechenbahn zwischen dem Bahnhof Westerholt an der Hertener Bahn, der Zeche General Blumenthal in Recklinghausen und der Halde Hoheward im Hertener Süden.

Wohnen und Skaten

Über 20 Jahre nach der Stilllegung der Kokerei plant die RAG Montan Immobilien auf dem 30 Hektar großen Areal der ehemaligen Kokerei noch weiter. Parallel zur Wohnbebauung an der Flachsstraße soll ein Quartier mit 170 bis 190 Wohneinheiten entstehen.

Auch im Park ist noch nicht Schluss, denn auf der großen, noch brachliegenden Fläche zu Füßen der Aussichtspunkte, der „Olympe“, soll bis Ende des Jahres eine Skateranlage für die Jugendlichen aus der Nachbarschaft entstehen.

Das regelrechte Naturerlebnis, die Möglichkeit, die Natur zum Anfassen stärker zu den Menschen zu bringen und dabei einen wenn auch kleinen Beitrag zur Artenvielfalt und gegen Klimawandel und Flächenaufheizung zu bieten, betrachten alle Aktiven als dankbaren Beitrag.