Gelsenkirchen-Ückendorf. Nach drei Wochen Corona-Pause macht die Hundeschule „Hot Dog“ in Gelsenkirchen weiter. Auf dem Lehrplan steht auch „Selbstverteidigung mit Hund“.

Endlich hat die Schule wieder begonnen. Aber erst einmal steht auf dem Stundenplan, alles zu vergessen, was vorher war. „Vorher“ war allerdings die Welpenschule, und die beiden gelehrigen Schüler, um die es geht, gehen auf vier Pfoten. Im Kurs „Selbstverteidigung mit Hund“ der Hundeschule „Hot Dog“ lernen sie Respekt der etwas anderen Art. Vor allem aber vermitteln sie Respekt, wenn es drauf ankommt.

Dazu müssen sie bellen, aber nur dann, wenn das Kommando kommt. Sabine Wilms, Inhaberin und Trainerin bei „Hot Dog“ an der Ostpreußenstraße, reicht dazu ein „pssst“, kaum zu hören für alles, was keine Hundeohren hat. Und was nicht weiß, was jetzt kommt.

„Erwin“ hat seine Lektion gelernt, da muss Übungspartner Marvin schon richtig böse tun auf dem Platz in Gelsenkirchen.
„Erwin“ hat seine Lektion gelernt, da muss Übungspartner Marvin schon richtig böse tun auf dem Platz in Gelsenkirchen. © FFS | Ingo Otto

Sabine Wilms und Britta Dielmann, die Trainerinnen, erklären die Hintergründe. Kurz gesagt: Wer nicht hört, kriegt Ärger. Denn der Hund hört. Auf dem Trainingsplatz am Bahndamm wird ein kurzes Rollenspiel nachgestellt. „Ey, gib mir dein Handy“, eine Szene, wie sie viele der Kursteilnehmer „vom gestandenen Mann bis zur Rentnerin“, so Wilms, bestimmt fürchten. Wenn sie ihnen dann aber doch im realen Alltag passieren sollte, kommt der Hund ins Spiel. Egal, wie groß, egal, welche Rasse.

Die Warnung ist Pflicht

Die Zweibeiner lernen erst einmal, die Reaktion, die Warnung an den bedrohlichen Gegenüber: „Lassen Sie mich in Ruhe!“. „Sie“, beschreibt die Trainerin, „damit niemand sonst meinen könnte, es geht hier nur um Beziehungs-Stress“. Hilft die verbale Abwehr nicht, kommt die Ansage „Sonst schicke ich den Hund“. Der schon auf das leise „psst“ hin aufmerksam bellt. Denn jetzt soll er ja. Die Warnung ist Pflicht, auch in der Angst einflößenden Situation, wegen möglicher Versicherungsfragen.

„Lässt sich die Situation aber gar nicht vermeiden, und reagiert der Böse nicht, verschafft der Hund mir den Platz, die Zeit zur Flucht“, schildert Wilms, „aufs Beißen allerdings werden die Hunde hier nicht abgerichtet“. „Schutzhunde-Ausbildung ist ein ganz anderes Thema“, unterstreichen die zertifizierten Ausbilderinnen, die auch den viel diskutierten Wesenstest abnehmen können. Immerhin demonstrieren die beiden vierbeinigen Musterschüler, Ridgeback-Boxer-Mix „Erwin“, und „James“, ein junger Carne-Corso-Rüde, was von ihnen erwartet wird.

52 Kilo fliegen Richtung Kehle

Denn bis in die Höhe der Kehle eines zweibeinigen Gegners kommen die beiden schon. Um dann allerdings nicht zu schnappen, sondern zu schubsen. Was der Gegner aber nicht wissen kann. Tatsächlich kommt als Hintergrund das viel zu oft gehörte: Die wollen, ja wirklich, wirklich nur spielen.

Deshalb kommentiert Sparringspartner Jan nach der „Attacke“ von „James“ in der Übungseinheit auch: „Hoffentlich hat jetzt keiner den Kuss gesehen“. Gesehen haben aber alle, dass die 52 Kilo des Carne Corso, mit Schwung und Vorderpfoten auf der Brust des Gegenübers, auf jeden Fall Respekt bringen.

Auch der liebe Kleine kann böse bellen

„Und auch der Zweibeiner wird nach meistens nur einer Stunde schon selbstsicherer“, weiß Britta Dielmann aus der Erfahrung. Gefragt ist das vor allem bei Frauen, die den deutlich größeren Anteil der Kursteilnehmer stellen. Dass praktisch jeder Hund für den Selbstverteidigungskurs geeignet ist, davon ist sie ebenso überzeugt. „Wenn er nicht bis zur Brust, bis zur Kehle kommt, dann eben tiefer“, und das klingt mindestens ebenso unangenehm, „und auch der noch so liebe Kleine kann ganz böse bellen“.

Neuer Platz mit Halle

Um den Kursbetrieb unter Corona-Einschränkungen wieder aufnehmen zu können, musste „Hot Dog“-Leiterin Sabine Wilms erst beim Ordnungsamt und dann bei der städtischen Gewerbeaufsicht vorstellig werden. Das „grüne Licht“ kam, weil ein eigener, eingezäunter Übungsplatz zur Verfügung steht.

Neue Kurse will die Hundeschule allerdings erst wieder anbieten, wenn die Teilnehmer mit den Tieren auch wieder außerhalb unterwegs sein können, um das Training auch in ungewohnter Umgebung durchzuführen. Fest steht schon, dass die Schule in das Gewerbegebiet an der Europastraße gegenüber umziehen wird, dann sogar mit einer Halle auf dem Gelände, um wetterunabhängig zu sein.

Infos und Kontakt gibt es telefonisch und im Netz: 0172 609 1897, , www.hundeschule-hot-dog.de

Maxime in den „Hot Dog“-Kursen ist „Wir erziehen nicht deinen Hund, wir unterrichten dich. Nur so kann der Mensch lernen, seinen Hund richtig zu verstehen, um ein eingespieltes Team zu bilden, bei dem sich beide Partner aufeinander verlassen können.“

Das Miteinander von Hund und Mensch zeigt sich in Zeiten der Corona-Umgangsbeschränkungen in einem Nebenaspekt auf ganz eigene Art und Weise: Eine Mund-Nasen-Maske ist hier Pflicht, aber nur dann, wenn die Hunde frei laufen. Weil die Menschen den Abstand untereinander womöglich nicht einhalten können, wenn sie einmal raufende Hunde trennen müssen. Aber die hier, die wollen das doch bestimmt nicht. Aber das muss ja nicht jeder wissen.