Gelsenkirchen-Bismarck. Rentier Holly bei den Seelöwen: Während die Gelsenkirchener Zoom Erlebniswelt wegen Corona geschlossen ist, gehen die Tiere im Zoo spazieren.
Ruhig ist es an diesem Donnerstagmittag im Gelsenkirchener Zoom. Eisbärin Nanook macht einen Mittagschlaf in der Sonne. Im Gehege daneben ziehen zwei Seelöwen gemächlich ihre Bahnen. Plötzlich unterbricht das Klappern von Hufen die Stille in der Erlebniswelt Alaska. Mit energischen Schritten marschiert ein Rentier den Besucherweg entlang in Richtung Bering-Straße. Holly stattet den Robben einen Besuch ab.
Nein, die Rentierdame ist nicht ausgebüchst, um den Zoo unsicher zu machen. Tierpflegerin Kerstin Möllers unternimmt mit ihr einen Spaziergang. Seitdem der Zoom wegen der Corona-Pandemie für Besucher geschlossen ist, sind die beiden regelmäßig gemeinsam unterwegs. Sie nutzen die menschenleeren Wege, um das tägliche Beschäftigungsprogramm auf die Bereiche außerhalb des Geheges zu verlegen. Für Holly eine willkommene Abwechslung.
Die Rentiere kennen regelmäßiges Training
"Beschäftigung jeglicher Art ist super für die Tiere und hat auch für uns Pfleger Vorteile. So gibt es keinen Stress mehr bei tierärztlichen Behandlungen", erklärt Möllers. Mit den Rentieren aus der zehnköpfigen Gruppe, die die Nähe zum Menschen suchen, trainiert sie deshalb regelmäßig etwa das Anziehen eines Halfters oder die Klauenpflege. Und genau dabei hat Holly sich quasi aufgedrängt.
Immer wieder, so erzählt Möllers, habe sie die Nähe zu ihr gesucht, wenn sie mit anderen Tieren aus der Gruppe geübt habe. Weil Holly mit ihren bald 13 Jahren nicht mehr die Jüngste ist, hatte sie zunächst nicht mit ihr gearbeitet. Nun ist aus der Renkuh eine echte Musterschülerin geworden. "Sie hört schon sehr gut auf ihren Namen und kommt sofort, wenn ich ins Gehege gehe", erzählt die Tierpflegerin, die seit 2018 in der Erlebniswelt Alaska eingesetzt ist. Dass Holly nun sogar mit ihr spazieren geht, ist ein besonderer Vertrauensbeweis. "Dafür macht man diesen Job, für diese schönen Momente", sagt sie.
Zoo verpasst die "beste Zeit des Jahres"
Es sind gleichzeitig Augenblicke, die vergessen lassen, wie sehr dem Zoo die Besucher fehlen. "Bei den frühlingshaften Temperaturen wäre es hier sonst richtig voll. Jetzt wäre für uns die beste Zeit des Jahres", sagt Hendrik Berendson, Leiter des Zoom. Auch, wenn die Landesregierung noch nicht bekanntgegeben hat, wann Zoos wieder öffnen dürfen, hofft er, dass es dazu schnell eine Entscheidung geben wird. Die Bundesregierung hatte zuletzt erklärt, dass Tierparks und Museen bald geöffnet werden sollen.
Wie Zoobesuche mit erhöhten Sicherheitsvorkehrungen dann aussehen könnten, hat Berendson sich bereits überlegt. Eine Begrenzung der Besucherzahl sei durch zusätzliches Personal am Eingang gut umzusetzen. Außerdem könnten Zoomitarbeiter die Besucherströme so in die verschiedenen Welten lenken, dass keine Staus entstehen. "Anders als viele andere Zoos haben wir einen Rundweg. So begegnen sich die Menschen nicht ständig", sagt der Zooleiter.
Die Bedingungen legt die Stadt fest
Schwieriger würde es, wenn die Tierhäuser geschlossen bleiben müssten. "Es gibt zwar überall einen Bypass, aber wir müssen noch prüfen, ob die alle barrierefrei sind", so Berendson.
Unter welchen Bedingungen Tierfreunde in Gelsenkirchen wieder durch Afrika, Alaska in Asien schlendern können, bestimmt am Ende die Stadt. Bis es soweit ist, wird Holly weiter ihre Runden drehen und als einzige Besucherin den Seelöwen vom Tunnel aus beim Schwimmen zusehen.
>>> Besondere Vorsicht bei den Menschenaffen
Wegen der Corona-Pandemie hat sich die Arbeit der Tierpfleger in der Zoom Erlebniswelt kaum verändert, wie Zooleiter Hendrik Berendson berichtet. Denn die Tiere müssten weiter versorgt werden. Alerdings hat er sein Team in zwei Gruppen aufgeteilt. In allen Bereichen des Zoom wird nun im Wechsel gearbeitet. "Falls jemand erkranken sollte, ist so sichergestellt, dass nicht alle wegen Quarantäne zuhause bleiben müssen", erklärt Berendson.
Besondere Schutzmaßnahmen gibt es hingegen bei den Menschenaffen. Weil ihr Organismus dem menschlichen so stark ähnelt, ist nicht auszuschließen, dass sie sich mit Covid-19 infizieren können. Alle Tierpfleger, die direkten Kontakt zu den Affen im Zoom haben, tragen deshalb Mundschutze. Von Besuchern gehe jedoch keine Gefahr aus, betont der Zooleiter: "Sie kommen den Tieren nicht nah genug. Und wenn, dann sind sie durch Scheiben getrennt."