Gelsenkirchen-Horst. Rico Otterbach ist seit elf Jahren Pfarrer der Freien evangelischen Gemeinde in Horst. Er hat nun eine besondere Arbeitskollegin an seiner Seite.
„Als ich vor elf Jahren hier her kam, gab es keine Arbeit mit Kindern in unserer Gemeinde – weil es hier keine Kinder gab“, sagt Rico Otterbach, Pfarrer der Freien evangelischen Gemeinde in Horst. „Jetzt wächst eine neue Generation nach.“ Die Familie wird wieder ein Schwerpunkt. Schon seit Oktober kümmert sich die neue Gemeindereferentin, Sarah Otterbach, genau darum. Beide verbindet nicht nur die kirchliche Arbeit.
Gelsenkirchen: Die Otterbachs sind verheiratet und Arbeitskollegen
Das Besondere daran: Rico Otterbach und Sarah Otterbach sind verheiratet - und seit einiger Zeit eben auch Arbeitskollegen. Zum Hintergrund: Bereits im vergangenen Jahr reduzierte Rico Otterbach seine Stelle um ein Viertel, ist nun auch neben seiner Pfarrtätigkeit als selbstständiger Supervisor tätig. So wurden finanzielle Kapazitäten frei, die eine Einstellung seiner Frau überhaupt erst möglich machten.
„Ich habe soziale Arbeit studiert und evangelische Theologie und hatte schon im Studium den Plan, das zu verbinden. Mein Mann und ich haben viel darüber gesprochen wie es wäre, zusammen in einer Gemeinde zu arbeiten“, erinnert sich Sarah Otterbach.
Gemeinsam stellt das Paar der Gemeinde ihre Idee vor
Gemeinsam stellt das Paar der Gemeinde die Idee vor, die 33-Jährige zur Gemeindereferentin zu machen. „Das wurde sehr positiv aufgenommen.“ Seither läuft die Testphase. „Das hat Experimentcharakter“, sagt Rico Otterbach. Es sind besondere Schritte für die Gemeinde mit rund 70 Mitgliedern. Denn Freie evangelische Gemeinden bestreiten alle ihre Ausgaben selbst, innerhalb der Gemeinschaft. Somit können die Menschen vor Ort selbst entscheiden, wo sie die Schwerpunkte ihrer kirchlichen Arbeit setzen wollen.
Die ist in Horst in jedem Fall gen Zukunft gerichtet. Sarah Otterbach arbeitet mit den Familien, mit den Kindern. Einige Beispiele: „Alle zwei Monate gestalte ich einen Gottesdienst, bei welchem die Kinder im Mittelpunkt stehen, bei dem sie sichtbar sind. Dazu gehört auch eine Predigt.“ Daneben gibt es einmal im Monat eine „Familienzeit“. Die wird die neue Gemeindereferentin planen und organisieren. „Langfristig will ich versuchen, einen Gottesdienst für Kinder aufzubauen, der parallel zu dem für Erwachsene stattfindet.“
"Wir sind sehr stolz auf unsere Gemeinde"
Immerhin, ein erster Schritt ist gemacht. Mittlerweile gibt es eine Kinderbetreuung, so dass nahezu alle Eltern auch am Gottesdienst teilnehmen können. Freiwillige betreuen im Untergeschoss den Nachwuchs. „Wir sind sehr stolz auf unsere Gemeinde“, berichtet Rico Otterbach. „Als wir gefragt haben, wer dabei helfen würde, haben sich 24 Menschen gemeldet.“ Ein ziemlich guter Schnitt bei 70 Mitgliedern.
Ein weiterer Bereich, in dem Sarah Otterbach arbeiten will, ist die Seelsorge. Das kann besonders anderen Frauen das Gespräch über manches erleichtern – findet auch der Pfarrer. „Es ist ganz wunderbar, dass diese Option jetzt da ist.“ Tatsächlich, gesteht Sarah Otterbach auf Nachfrage, haben sich auch in der Vergangenheit schon Frauen mit ihren Sorgen an die Pfarrersfrau gewandt. Nun aber ist dies auch ein offizielles Angebot innerhalb der Gemeinde.
Das Ehepaar Otterbach setzt neue Akzente
Aber jetzt mal Hand aufs Herz: War nun die berufliche Weiterentwicklung des Pfarrers zuerst da oder die Bereitschaft, auf einen Teil der Stelle zugunsten der in den Beruf strebenden Frau zu verzichten? Rico Otterbach lacht und sagt ehrlich: Zunächst habe er sich weitergebildet – und auch bereits die Stelle reduziert.
Erst dann entstand der Plan, die Idee der Gemeinde zu unterbreiten. „Aber wir haben beide gesagt, wenn nicht auf diese Weise, wie sollen wir dann ausprobieren ob das klappt?“ Denn das Paar hat zwei kleine Töchter zu betreuen. „Wir setzen jetzt einen neuen Akzent und schauen, wie sich das entwickelt.“
>>> Youtube-Kanal der Gemeinde
Mitte März wäre Sarah Otterbach offiziell in den Dienst eingeführt worden. Der Gottesdienst fiel wegen der Corona-Krise aus.
Auf dem Youtube-Kanal der Gemeinde gibt es bereits drei Videos mit einer Predigt, Impulsen und einem Lied für Kinder und einer Ansprache von Rico Otterbach, die sich die Gemeindemitglieder anschauen können.
Zeitgleich läuft bei den Otterbachs eine besondere seelsorgerische Aktion an: Sie rufen aktiv besonders ältere Gemeindemitglieder regelmäßig an, um ihnen Beistand zu leisten.
Mehr Artikel aus Gelsenkirchen lesen Sie hier.