Gelsenkirchen. Nach der Abschiebung eines Afghanen aus Gelsenkirchen stellt sich der OB vor seine Mitarbeiter. Den Vorwurf eines WAZ-Kommentars weist er zurück.

Die Abschiebung eines Afghanen aus Gelsenkirchen nach Dänemark lässt zurzeit die Emotionen hochkochen. Kritik an Mitarbeitern der Ausländerbehörde weist Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD) aber klar zurück. Im Interview mit Steffen Gaux sagt er, warum er sich gerade über den Vorwurf aus einem WAZ-Kommentar sehr geärgert hat.

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Herr Baranowski, die Abschiebung eines Afghanen macht zurzeit Schlagzeilen. Wie sehen Sie als Oberbürgermeister die Angelegenheit?

Es ist so, dass sich die Stadtverwaltung an die Urteile der jeweiligen Verwaltungsgerichte und an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gehalten hat. Die Rechtslage ist völlig eindeutig. Insofern waren die Abläufe absolut korrekt. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ausländerbehörde kann kein Vorwurf gemacht werden. Vor diesem Hintergrund bin ich schon mehr als irritiert über den Vorwurf, die Mitarbeiter hätten „kühl einen Menschen in den möglichen Tod geschickt“ (Anm. d. Red.: Dieser Vorwurf stand im Kommentar „Die Stadt ist der moralische Verlierer“). Ich kann schlichtweg nicht nachvollziehen, wie jemand, der sich an Recht und Gesetz hält, „aus ethisch-moralischer Sicht völlig versagen“ kann. Wenn es so ist, dass die Rechtsanwendung sich so weit entfernt hat vom Grundgesetz, dann muss man darüber reden. Aber dann kann man nicht kommunalen Mitarbeitern, die am Ende einer Entscheidungskette stehen, einen Vorwurf machen.

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Sie betonen, als Stadt nach geltendem Recht und Gesetz gehandelt zu haben. Das stimmt ja auch. Sind denn diese Gesetze, die hier zur Anwendung kommen, aus Ihrer Sicht die richtigen?

Zunächst einmal sind diese Gesetze geltendes Recht – sowohl geltendes EU-Recht, das Dublin-Verfahren, als auch die Asylgesetzgebung in Deutschland. Ich glaube persönlich, dass hier vieles nicht so funktioniert wie es funktionieren müsste, dass es insbesondere in einigen EU-Ländern starke Defizite gibt. Ich nenne mal Rumänien, aber auch die Vorgänger-Regierung in Italien. Bei Dänemark sind mir solche Defizite im Asylrecht nicht bekannt. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass wir am Ende als Kommune geltendes Recht anwenden. Wenn man ein anderes Asylrecht will, ist das eine Diskussion, die man auf einer anderen Ebene führen muss.

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Was geht Ihnen persönlich durch den Kopf, wenn Sie an abgeschobene Menschen denken?

Es ist mir völlig klar, dass hinter jeder Abschiebung ein Schicksal steht. Und ich bin jemand, der großes Verständnis dafür hat, dass sich Menschen für Asylbewerber einsetzen. Am Ende muss aber auch gelten, dass eine kommunale Ausländerbehörde nicht noch mal in eine Rechtsprüfung eintritt und auch keine Berufungsinstanz ist. Diesen Spagat haben wir auszuhalten, der ist manchmal schmerzhaft. Aber ich kann mir auch in anderen Fällen nicht aussuchen, ob ich Recht anwenden will oder mal nicht, sondern am Ende gilt das geltende Recht und darauf haben wir als Beamte einen Eid geleistet.

Wie stehen Sie zu dem Vorwurf, bei der Abschiebung sei Kirchenasyl gebrochen worden?

Das ist bekanntlich streitig. Ich habe aber gelesen, dass die Kirchengemeinde das per Klage überprüfen lassen will. Dazu kann ich nur ermuntern. Dann haben wir Klarheit.