Kirchen, Madonnen, Teufelchen: „Ein kunsthistorisches und spirituelles Lesebuch” aus der Großstadtpfarrei St. Augustinus widmet sich den geistlichen Bauten und Binnenansichten im Süden der Stadt. Das Buch ist im Josef Fink-Verlag erschienen. Kostenpunkt: 19.80 Euro
Rot, blau, gelb – das ist seit 2004 die Farbenlehre in St. Augustinus. Zumindest, wenn es um literarische Schöpfungen der Gemeinde geht. Nach dem roten (1000 Jahre St. Augustinus) und dem blauen Band (Marienhospital, Kapelle und christliche Kunst) liegt jetzt das Buch im gelben Einband vor. Titel: „St. Augustinus Gelsenkirchen”. Die Untertitel „Schätze und Impulse aus den Kirchen einer Großstadtpfarrei – Ein kunsthistorisches und spirituelles Lesebuch” verraten, dass es um mehr geht als die Binnenschau der Propsteikirche.
In der Buchhandlung Lothar Junius wurde das Werk jetzt in größerer Runde präsentiert. „Es ist wichtig in Zeiten eines beachtlichen Wandels Kostbares zu sichern”, findet Propst und Herausgeber Manfred Paas. Dazu diene das Buch. Und es liefere eben Impulse: für den Glauben, aber schlicht auch für die Auseinandersetzung mit Kirchengeschichte, mit Kunst, mit der Ausstrahlung von Gotteshäusern in die Stadt. In zwölf Kapiteln rücken die Autoren Sichtbares und Unsichtbares ins Blickfeld. Heinz Dohmen, langjähriger Dombaumeister des Bistums, führt architektonisch und fachlich versiert durch die zehn Kirchen der Propstpfarrei. Pastor Georg Späh setzt sich mit dem Kirchenlehrer Augustinus und den verschiedensten Darstellungen des Kirchenpatrons in Statuen, Medaillons und Kirchenfenstern ausseinander.
Paas selbst widmet sich dem nicht unumstrittenen Glück-auf-Denkmal und der Heiligen Barbara sowie dem Labyrinth an St. Augustinus, das seinen gewundenen (Lebens)-Weg erst aus der Vogelperspektive – oder beim Blick aus dem Kirchturm – preisgibt.
Über Palmen und Granatäpfel im Paradiesfenster der Heilig Kreuz Kirche schreibt Annette Woermann . Sie hat dabei als Chefapothekerin des Marienhospitals durchaus biblische Bezüge und auch die Heilkraft der dargestellten Pflanzen im Blick. Eine Randfigur in der St. Georgskirche hat Benedikt Conczorowski beschäftigt: ein Teufel, missmutig kauernd. Das Böse, so seine Quintessenz, „hat im Himmel letztlich nichts zu sagen. Es mag im Weltgeschehen präsent sein und die Menschen bedrohen – und zwar immer wieder neu und zu allen Zeiten. Dann doch siegreich sein wird es nicht.”
Die beschriebene Citypastoral in St. Augustinus steht für die Kirche im 21. Jahrhundert. Weit zurück führt Lydia Schneider-Roos in ihren Betrachtungen über eine besondere „Familienkonstellation”. Die Skulpturengruppe Anna Selbdritt vereint in der Propsteikirche die heilige Anna mit ihrer Tochter Maria und dem Jesuskind. Annen-Verehrung und Darstellungsform stammen aus dem 13. Jahrhundert (selbdritt steht dabei für Anna selbst und zu dritt), die Gruppe selbst schuf ein westfälischer Meister um 1750. Damit ist sie die älteste erhaltene Holzskulptur der Stadt. Seit 2003 steht sie in St. Augustinus.
„Auch mit weniger Christen gibt es einen Aufbruch, in die Tiefe zu gehen”, meint Paas – und bezieht sich damit auf den Anspruch des „spirituellen Lesebuchs”. Dazu tragen auch die Fotos von Dirk Nothoff bei, der zum zweiten Mal („wo ich hinkahm, wurde mir geholfen und die Türen geöffnet”) für die Reihe Motive von großer Ruhe und Ausstrahlungskraft geliefert hat. Letztlich zeigen sie auch, so Paas, dass hier „nicht nur Industriekultur ist, hier ist auch eine großartige, gewachsene 1000jährige christliche Geschichte”