Gelsenkirchen. Nach der Lagerung von giftigen Raffinerierückständen auf der Gelsenkirchener Zentraldeponie werden die Rufe nach Aufklärung lauter.
Die Berichte über Petrolkoks und Ölpellets beschäftigen weiter Politik und Bürger. Die Bündnisgrünen im Düsseldorfer Landtag erwarten nach Informationen dieser Zeitung am Dienstag eine Antwort auf eine Kleine Anfrage, in der sie die Frage stellen, „warum für die Landesregierung giftige Schwerölrückstände einmal gefährlicher Abfall und einmal wertvoller Brennstoff ist.“
Zudem hat die Bürgerinitiative (BI) „Uns stinkt’s“ bei der Bezirksregierung Münster unter Berufung auf das Umweltinformationsgesetz (UIG) einen Fragenkatalog eingereicht, in dem es unter anderem um die Lieferzeiten und Liefermengen der als „gefährlicher Abfall“ deklarierten und auf der Gelsenkirchener Zentraldeponie Emscherbruch eingesetzten Raffinerierückstände geht.
In der Darstellung der Bündnisgrünen bestehe der „einzige Unterschied zwischen den Materialien darin, dass die Shell Deutschland Oil GmbH ihren Rückstand mittels Filtration aus dem Prozesswasser trennt, die Ruhr Oel GmbH den Rückstand hingegen durch Zugabe von Öl zu Pellets formt“, wie es weiter in der Anfrage (3205) heißt.
Brennstoff für Kraftwerk, Industrieabfall für Deponie
Ölpellets werden im Gelsenkirchener Uniper-Kraftwerk als Brennstoff verbrannt, während als „Petrolkoks“ deklarierte Rückstände der Shell Raffinerie Rheinland in Köln-Wesseling, vermischt mit Stäuben und Schlämmen, nach einem Bericht des Umweltministeriums NRW als gefährlicher Abfall unter anderem auf der Gelsenkirchener Deponie Emscherbruch landeten. Derzeit prüft die für die Deponie zuständige Bezirksregierung Münster den Antrag der Abfallentsorgungs-Gesellschaft Ruhrgebiet (AGR) als Betreiberin, die Lagerstätte zu erweitern und fortlaufen zu lassen. Dagegen haben sich die Städte Gelsenkirchen und Herne per Ratsbeschluss ausgesprochen, dagegen protestiert die Bürgerinitiative wegen der Umweltbelastung in den Jahrzehnten des Deponiebetriebes.
Bürgerinitiative: Vier geeignete Deponien lagen näher als Gelsenkirchen
Für die Bürgerinitiative „Uns stinkt’s“ und ihren Sprecher Heinz-Peter Jäkel ist die Aufarbeitung dieser Rückstände – die erwähnte Vermischung – ein Umweg, „ein sehr lukratives Geschäft aufrecht zuhalten“. Denn der Gesetzgeber sehe eigentlich eine standortnahe Entsorgung vor. Zudem sei die Vermischung gefährlicher Abfälle laut Kreislaufwirtschaftsgesetz mit anderen Stoffen und Abfällen unzulässig. Aus einer Antwort einer älteren Kleinen Anfrage (4742) gehe hervor, dass es im Umkreis von rund 30 Kilometern um den Raffinerie-Standort Köln vier Deponien gebe, die die Abfälle hätten aufnehmen können: „Dormagen, Leverkusen, Hürth und Troisdorf“, so Jäkel.
Die BI schließt daraus, dass es der AGR bei der geplanten Erweiterung nicht um Entsorgungssicherheit gehe, sondern „allein ums Geld“. „Für die Bezirksregierungen Köln und Münster“, so Jäkel abschließend, „ist es zudem kein Ruhmesblatt, dass mal die Verbrennung von Ölpellets zulässig ist und ein anderes Mal Petrolkoks als gefährlicher Abfall entsorgt werden muss.“ Deshalb habe man die Bezirksregierung Münster um Aufklärung gebeten, angefragt seien unter anderem Liefermengen und -zeiten von diesen Raffinerierückständen, Analyseprotokolle von Stichproben, Transport- und Deponierungsgenehmigungen.