Gelsenkirchen. Karin Welge will Nachfolgerin von Frank Baranowski und damit Oberbürgermeisterin von Gelsenkirchen werden. Die SPD nominierte sie als Kandidatin.
Der Unterbezirks-Vorstand der SPD Gelsenkirchen hat sich entschieden: Karin Welge soll Nachfolgerin von Frank Baranowski und damit ab September Oberbürgermeisterin von Gelsenkirchen werden. Sie wurde am Dienstagabend einstimmig als Kandidatin der SPD für die Wahl am 13. September nominiert.
„Ja, ich habe es mir gut überlegt“, sagt die 57-Jährige auf WAZ-Nachfrage. Natürlich sei ein solcher Schritt „keine Zu-Null-Entscheidung“ – es sei aber „eine deutliche Entscheidung für Gelsenkirchen und für dieses Amt“. Eine Alternative hätte es laut Gelsenkirchens SPD-Chef Markus Töns auch gar nicht gegeben: „Nachdem Frank Baranowski seinen Rückzug angekündigt hatte, haben wir uns im Vorstand zusammengesetzt und sofort einen Namen parat gehabt: Karin Welge.“
Welge will Job als Kämmerin professionell weiterführen
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Sie habe auch, so Töns, sofort Ja gesagt. Auch wenn der kommunalpolitische Flurfunk immer wieder geflüstert hat: Die SPD will Karin Welge, aber sie muss noch überzeugt werden. So sei das nicht gewesen, beteuert die frisch gekürte Kandidatin. „Ich bin in dieser Stadt mit einem politischen Amt bekleidet, das parteiübergreifend ist“, sagt die Kämmerin. Sie habe die laufenden Haushaltsberatungen „ruhig und besonnen“ zu Ende bringen wollen. Aber auch jetzt werde sie ihren Job professionell weiterführen. „Ich bin für Transparenz und eine offene Diskussion bekannt.“
Bekannt ist Karin Welge den Bürgern vor allem als Kämmerin. Mit dem Beinamen „Herrin der Zahlen“ ist sie aber nicht glücklich. „Das bin ich gar nicht.“ Das Geld sei nur ein Mittel, nur die Grundlage, aber keine Liebe. „Die Liebe ist: Was kann ich mit dem Geld machen?“
Um diese Frage zu beantworten, sieht Karin Welge in der OB-Kandidatur den nächsten logischen Schritt in ihrem Leben. „Gelsenkirchen ist so einzigartig vielfältig. Und ich habe nie die Herausforderung gescheut. Hier Oberbürgermeisterin zu sein wäre das große Finale für mich.“
Was wollen Sie machen, wenn Sie die Wahl gewinnen?
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Und was würde sie als erstes machen, sollte sie die Wahl gewinnen? „Das eine Thema gibt es nicht, dafür stehen zu viele in Abhängigkeit zueinander.“ Wichtig sei ihr „eine Standort- und Arbeitsmarktpolitik, die eng mit der Wirtschaftsförderung verbunden ist und den engen Kontakt zu Unternehmen pflegt“. Neue Arbeitsplätze seien wichtig. Es gelte zu verhindern, „dass aus Arbeitslosigkeit für viele Menschen über kurz oder lang Perspektivlosigkeit wird.“ Das hieße in letzter Konsequenz auch, dass für Menschen, die im ersten Arbeitsmarkt nicht Fuß fassen können, Alternativen geschaffen werden müssen. Auf eine Alternative aus der Vergangenheit kann sie verweisen: „Der Gelsenkirchener Appell trägt auch meine Handschrift. Der Bund hat das Konzept im Wesentlichen übernommen und wir konnten aktuell über 500 Menschen in neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse im sozialen Arbeitsmarkt bringen.“
Weitere Themen sind für Welge die Stadterneuerung („Für mich d i e strategische Daueraufgabe“), die Mobilität der Zukunft („Mobilität muss erschwinglich bleiben“) und Digitalisierung. Dabei wolle sie den Bürgern „nicht technische Spielereien, sondern den wirklichen Nutzen der Digitalisierung greifbar machen“.
Als Ziel formuliert Welge „ein größeres Miteinander der Akteure in der Region“. Viele hätten das Thema auf der Agenda. „Ich will der Motor einer solchen Kooperationswelle sein.“
Zwei Kandidaten für die OB-Wahl stehen nun fest
Mit Karin Welge stehen nun zwei Kandidaten für die Oberbürgermeister-Wahl am 13. September fest. Bereits vor Weihnachten nominierte die CDU ihren Schatzmeister Malte Stuckmann.
Zur Person: Karin Welge
Karin Welge ist seit 2015 Kämmerin der Stadt Gelsenkirchen, seit 2019 zudem Stadtdirektorin. Zuvor war sie von 2011 bis 2015 Sozialdezernentin.
Welge war viele Jahre in Xanten politisch aktiv – auch als Kämmerin. 2009 trat sie für die SPD, die Grünen, die FDP und ein Wählerbündnis als Bürgermeisterkandidatin an. Aber sie verlor die Wahl. Ein Trauma, sagt sie heute, habe diese Niederlage aber nicht hinterlassen.
Die heute 57-Jährige stammt gebürtig aus dem Saarland. Sie ist geschieden, Mutter zweier erwachsener Töchter und seit 2019 auch Großmutter. Heute lebt sie auch in Gelsenkirchen, im Stadtteil Feldmark.
Welge rechnet fest damit, dass nahezu alle anderen Parteien noch eigene Kandidaten aufstellen werden. Hätte die von der NRW-Landesregierung angestrebte Abschaffung der Stichwahl Bestand gehabt, sähe das möglicherweise anders aus. Dann, so glauben Welge und Parteichef Markus Töns, hätten sich hier und da mehrere Parteien auf gemeinsame Kandidaten einigen können. Nach einem Gerichtsurteil aus dem Dezember bleibt nun aber alles so, wie es war: Sollte keiner der OB-Kandidaten am 13. September die nötige absolute Mehrheit erhalten, gehen die zwei mit den meisten Stimmen am 27. September in die Stichwahl.
Dass Welge die erste Frau im höchsten Amt der Stadt Gelsenkirchen werden könnte, ist ihr bewusst, macht für sie aber nicht den größten Reiz ihrer Bewerbung aus. „Es gibt ja so ein Vorurteil, in Gelsenkirchen hätten die Frauen nicht viel zu sagen. Dem würde ich gerne entgegentreten. Außerdem würde die Entscheidung für eine Frau Gelsenkirchen in der Außenwirkung gut tun.“