Gelsenkirchen. 1959 fing Manfred Dorra als Bühnenmaler am Musiktheater Gelsenkirchen an. Er blieb ihm 47 Jahre treu. Ein persönlicher Rückblick.

Am 15. Dezember 1959, bei der feierlichen Eröffnung des Musiktheaterbaus am Kennedyplatz, war Manfred Dorra ausnahmsweise nicht im Theater. Im Gegensatz zu den Wochen zuvor, in denen er manches Mal auch die Nacht im Malersaal verbracht hatte. Auf Styroporblöcken ruhend, zugedeckt mit Stoffballen, die später für Kulissen verbaut wurden. Die Zeit drängte, und auch die damals gültige 52-Stunden-Woche reichte nicht immer aus, um mit der kreativen Arbeit fertig zu werden. Manfred Dorra, heute 78 Jahre jung, war damals junger Bühnenmaler, seit August 1959 am Gelsenkirchener Theater.

Die Ausbildung und das erste halbe Gesellenjahr hatte er am Bochumer Schauspielhaus absolviert, dann hatte man dort keine Arbeit mehr für ihn. Der Verwaltungsleiter hatte aber Kontakte ans Gelsenkirchener Haus, so war der Wechsel schnell perfekt.

Für den „Sommernachtstraum“ als Eröffnungspremiere neue Techniken entwickelt

Mit der Palette ist Manfred Dorra noch vertraut, auch wenn er mittlerweile seit zehn Jahren nicht mehr am Theater arbeitet.
Mit der Palette ist Manfred Dorra noch vertraut, auch wenn er mittlerweile seit zehn Jahren nicht mehr am Theater arbeitet. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Auch wenn Werner Ruhnaus wunderbarer Bau noch nicht offiziell eingeweiht war: Dorra arbeitete bereits seit August 1959 hier. Er und seine Kollegen hatten alle Materialien und Werkzeuge aus den Hinterhof-Werkstätten, die seit dem Krieg als Behelfsateliers gedient hatten, ins neue Haus gebracht, um dort die Bühnenbilder für die Eröffnungspremiere – den „Sommernachtstraum“ – und die erste Oper an der neuen Spielstätte, Richard Wagners „Lohengrin“, vor Ort fertigen zu können.

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„Beim Sommernachtstraum hatten wir eine schräge Drehbühne, über der stilisierte Bäume schwebten. Die waren aus Plastikrohren gefertigt, die mit Pressluft und einer Heizmaschine aufgebläht wurden, so dass angedeutete Äste entstanden. Es war recht modern, aber das mag ich auch sehr gern“, erinnert sich Dorra. Dass er bei der Eröffnungspremiere nicht dabei war, lag übrigens nicht an Desinteresse: „Als kleiner Bühnenmaler, der ich damals noch war, bekam man zwar auch mal Karten für Vorstellungen. Aber nicht für so eine Premiere!“

Nach Renteneintritt noch drei Jahre als Produktionsleiter bei Schindowski

„Für den Lohengrin haben wir sehr viele Prospekte malen müssen. Die Fotos davon hängen heute alle im Theatermuseum in Düsseldorf“, erklärt er. 47 Jahre hat Manfred Dorra im Musiktheater im Revier gearbeitet, länger als jeder Andere am Haus. Anfangs fungierte er als Bühnenmaler, später als Werkstatt- und Produktionsleiter. 2006, mit 65 Jahren, ging er eigentlich in Rente. Nur „eigentlich“, weil er danach weitere drei Jahre als Produktionsleiter arbeitete, allerdings ausschließlich für den Ballettbereich, mit Bernd Schindowski.

Mit allen Intendanten gearbeitet, von Hans Hinrich bis Michael Schulz

Manfred Dorra ist begeistert vom Ruhnaus Musiktheater.
Manfred Dorra ist begeistert vom Ruhnaus Musiktheater. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

„Ich habe mit allen Intendanten am Haus gearbeitet, von Hans Hinrich bis Michael Schulz. Aber die Arbeit mit Schindowski und seinem Ballett habe ich besonders genossen,“ bekennt Dorra. Seine Lieblingsinszenierung war Schindowskis getanzte „Johannespassion“ anno 1991, aber auch die Arbeit am „Gilgamesch-Epos“ habe großen Spaß gemacht. Die „Johannespassion“ von Schindowski nannte die „Zeit“ dereinst „getanzten Kult“. Der Rezensent sprach von „eindringlichen und zugleich irritierenden Bildern“ im Bühnenbild von Manfred Dorra.

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Bergmannsziege steht heute noch in Hassel

Manfred Dorra (links) mit Bühnenbildner Theodor Lau (r.) und einem Kollegen 1967 im Malersaal.
Manfred Dorra (links) mit Bühnenbildner Theodor Lau (r.) und einem Kollegen 1967 im Malersaal. © Manfred Dorra

Auch Plastiken gehören zum Werk von Dorra. Sie zieren und zierten nicht nur Bühnenbilder, sondern auch öffentlichen Raum. Wie seine Skulptur einer Bergmannsziege, die noch heute in Hassel zu bewundern ist. Von den meisten seiner Arbeiten allerdings gibt es nur noch Fotos. Die Bühnenmalerei ist eben nicht auf Dauer angelegte Kunst. Was aber bleibt, sind die Bilder der Inszenierungen und Ausstattungen im Kopf der Besucher.

Großes Lob für den Oberbürgermeister

Der Etat für die Ausstattung hat sich in den all den Jahren nur unwesentlich verändert, erinnert sich Dorra. Zuletzt in seiner Zeit mit Bernd Schindowski (2006 bis 2009) waren es 20.000 bis 30.000 Euro je Produktion.

Besonders großes Lob hat der langjährigste Mitarbeiter des MiR für Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski. „Wie er trotz der Finanzlage der Stadt und der Struktur für das Theater einsteht, das Haus unterstützt, ist einmalig.“

Übrigens: 60 Jahre nach der Eröffnung, beim Festakt zum runden Geburtstag des Musiktheaters, wird auch Manfred Dorra zu Gast sein. Geladener Gast.