Gelsenkirchen. Das war ein mutiges Programm in Gelsenkirchen: Das 3. Sinfoniekonzert der Neuen Philharmonie Westfalen bot ein wahres Trommelfeuer.

So viel fiebrige Aufregung war selten: Das 3. Sinfoniekonzert der Neuen Philharmonie Westfalen versetzte das Publikum im gut besetzten Haus am Montagabend dank exzessiver Trommelfeuer in einen Dauererregungszustand. Wer das Musiktheater im Revier nach des Tages Last müde und erschöpft betreten hatte, der verließ es am Ende garantiert hellwach und energetisch aufgeladen. Ein Abend, der hielt, was er versprach: „Rhythm is it!“

Zwei weitgehend unbekannte, vom Schlagwerk dominierte zeitgenössische Kompositionen von Atli Heimir Svensson (1938-2019) und Avner Dorman (1975) setzten das Publikum im ersten Teil beeindruckend unter Strom. Schon der vom Orchester auch geklatschte und gesprochene muntere „Icerapp“ von Svensson taute das Publikum mit seinem stilistisch wild gemixten Sound auf. Danach: eine Schießbude als Solo-Instrument, ein seltener Anblick im Sinfoniekonzert. Der weltweit gefragte, in Essen geborene Percussion-Virtuose Alexej Gerassimez heizte den Zuhörern mit „Frozen in Time“ (Gefroren in der Zeit) feurig ein, ein Titel, der auf die erdgeschichtliche Kontinentalverschiebung anspielt.

Nahezu sportliches Format

Dormans dreisätziges Werk verlangte vom Solisten nahezu sportliches Format. Es galt, ein ganzes Arsenal an Instrumenten von Marimba über Vibraphon, Xylofon, Trommeln bis hin zum Glockenspiel fein abgestimmt und präzise zu bedienen. Die konzentrierte, stark geforderte Neue Philharmonie begleitete glücklich, jazzig, groovend unter der Leitung von GMD Rasmus Baumann. In der Zugabe, einer Eigenkomposition, lotete Gerassimez die rhythmischen und technischen Klangmöglichkeiten von Stöcken und kleiner Trommel mit faszinierender Virtuosität und atemberaubender Schnelligkeit aus.

Großer Beifall und stehende Ovationen

Konzeptionell gelungen die Verbindung von NPW zum Spielplan des Opernhauses. Bei der neuen MiR Dance-Company steht gerade Igor Strawinskys „Le Sacre“ auf dem Programm. Die Neue Philharmonie Westfalen begeisterte mit der konzertanten, stampfenden, brodelnden, rhythmisch explodierenden Version von „Le sacre du printemps“. „Rhythm is it!“ Großer Beifall und stehende Ovationen für das in Riesenformation agierende Orchester, für den Solisten, aber auch Respekt für ein außergewöhnliches, mutiges Programmkonzept, das am Ende brillant aufging.