Gelsenkirchen. Große helfen Kleinen und lernen selbst dabei: Diese Idee steckt hinter dem „Balu und Du“-Programm. In Gelsenkirchen funktioniert das schon gut.

Der große Bär Balu aus dem Dschungelbuch, der den kleinen Mogli schützend an die Hand nimmt und von ihm auch selbst eine Menge lernt: Genau das ist die Idee hinter dem Mentoring-Programm „Balu und Du“. „Bilaterale Präventionswirkung“ heißt das offiziell. Das bundesweite, von ehrenamtlichem Engagement und schulischer Unterstützung getragene Mentoring-Programm läuft in Gelsenkirchen mittlerweile an sechs Schulen. Die Gesamtschule Buer-Mitte und das Max-Planck-Gymnasium haben mit Kindern von vier Grundschulen begonnen, seit 2018 sind auch die Gesamtschule Ückendorf, das Berufskolleg Königstraße, die Ev. Gesamtschule und die Gesamtschule dabei. Im nächsten Jahr will die Gesamtschule Berger Feld dazustoßen.

In Ückendorf haben gerade die ersten 22 Balus und Moglis ihr gemeinsames Jahr abgeschlossen. Mert und Hilal haben je ein Kind der Grundschule an der Hohenfriedberger Straße begleitet, auch die Glückauf-Grundschule war mit im Boot. Kinder aus Internationalen Förderklassen werden ebenfalls über das Programm begleitet, ab zweiter bis vierter Klasse. Für die Zwölftklässler-Balus war es ein Wahlkurs, in dessen Rahmen sie mitgemacht haben. Einführung, Vor- und Nachbereitung lief über die didaktische Leiterin ihrer Schule, Sabine Henning, unterstützt von der Koordinierungsstelle Kommunale Prävention der Stadt, die wöchentlichen Treffen mit den Grundschülern allerdings fanden in der Freizeit statt.

Treffen werden in einem Online-Tagebuch protokolliert, die Eltern werden vorab informiert

Ausflüge durch Spenden finanziert

Die Mittel für die Ausflüge und ein monatliches Taschengeld von zehn Euro für jeden Mogli werden aus Spenden finanziert. Die Schulen werben diese bei Unternehmen und Stiftungen ein. Pädagogische und organisatorische Unterstützung bekommen die Teilnehmer gratis von der Koordinierungsstelle Prävention.

Wer das Projekt unterstützen möchte: Wie das geht, ist über die Seite www.gelsenkirchen.de/baluunddu nachzulesen. Informationen gibt es auch bei der Schul-Projektleiterin in Ückendorf unter 0209 1489535 oder via Email an sabine.henning@gsue.de Spender werden auf der städtischen Balu-Seite übrigens auch namentlich benannt, die Spenden sind absetzbar, da der Träger ein gemeinnütziger Verein ist.

Der große Bär Balu und der kleine, pfiffige Mogli aus dem Dschungelbuch gaben dem Programm den Namen.
Der große Bär Balu und der kleine, pfiffige Mogli aus dem Dschungelbuch gaben dem Programm den Namen. © dpa | dpa-Film Buena Vista

Aufmerksamkeit schenken, Möglichkeiten aufzeigen, Freizeit miteinander verbringen und so das Selbstvertrauen stärken: Für die Treffen von Groß und Klein gibt es keine Vorschriften. Eis essen gehen ist genauso erlaubt wie andere Freizeitgestaltung. Hilal und Mert haben es genossen. Sie haben ihre Schützlinge in der Regel zuhause abgeholt und dann miteinander überlegt, was man unternehmen könnte. Mancher Stolperstein war dabei schon aus dem Weg zu räumen. „Mein Mogli war ein Flüchtlingskind, da gab es anfangs Verständigungsprobleme, auch mit den Eltern. Aber am Ende hat er viel besser Deutsch gesprochen. Und ich habe gelernt, mich verantwortungsbewusster zu verhalten. Mehr daran zu denken, wie es anderen geht“, sagt Mert. Auch die 19-jährige Hilal hat dabei viel über sich gelernt: „Ich habe gelernt, mehr auf Wünsche, Bedürfnisse anderer zu achten. Ob mein Mogli Durst hat, es ihm gut geht, ob ich den richtigen Wunsch erfüllt habe.“ In einem Online-Tagebuch haben beide nach jedem Treffen beschrieben, wie es verlaufen ist.

Wissen, wie es sich anfühlt, zu wenig Aufmerksamkeit zu bekommen

Hilal und Mert bereiten sich jetzt auf ihr Abitur an der GSÜ vor, die neuen Balus an ihrer Schule sind unter anderem Rabije (17) und Liesan (18). Die beiden jungen Frauen freuen sich schon auf ihre Aufgabe. Rabije möchte später auch beruflich mit Kindern arbeiten, als Lehrerin, Liesan nicht unbedingt. Ihr Antrieb: „Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn man nicht viel Aufmerksamkeit bekommt. Ich habe drei kleine Geschwister, da ist das oft so.“ Marita Meissner von der Präventionsstelle betont: „Das hat nichts mit Vernachlässigung zu tun. Es gibt viele Gründe, warum Kinder Unterstützung brauchen können, die wir bei unserer Auswahl über das Programm anbieten. Auch in Familien, die sich gut kümmern.“