Gelsenkirchen. 36 Projekte vom Fahrradparkhaus über neue Fachstellen bis zur Kinderuni: Gelsenkirchener SPD benennt ihre Projekte für die Etatverhandlungen.

1,1 Milliarden Euro beträgt das Gesamtvolumen des Gelsenkirchener Haushalts 2010. Zum dritten Mal in Folge legt die Stadt einen ausgeglichenen Haushaltsentwurf vor: Die Verfügungsmasse für Investitionen und Innovationen ist so groß wie seit Jahrzehnten nicht mehr, aber mit – kalkuliert - 2,3 Millionen Euro dennoch höchst überschaubar für Wünsche und Projekte. Der politische Verteilungs-„Kampf“ wurde mit der Haushaltsaufstellung eröffnet. Die Prioritäten, die die SPD 2020 setzen will, stellte die Ratsfraktion Freitag vor. Vorangegangen sind eine Klausurtagung und eine Feinjustierung, in der die Vorschläge gefiltert wurden.

Gelsenkirchener SPD rechnet nicht mit Parteien-Konsens

In der Summe blieben bislang 36 Prüfaufträge an die Verwaltung, die auf den Weg gebracht werden sollen – und zwar auf allen politischen Feldern: Soziales, Umwelt, Verkehr, Sicherheit, Bildung. Die ungewohnte Freiheit, die der Etatentwurf biete, wolle man nutzen und ausfüllen. „Das ist ein Gefühl, das ich lange Jahre nicht hatte“, gesteht Fraktionschef Klaus Haertel und betont: „Augenmaß ist vorhanden.“ Mit ihren bisherigen Vorschlägen, schätzen die Sozialdemokraten, liegen sie im sechsstelligen Bereich. Haertel warnt davor, das Konto auszureizen. „Wenn wir anfangen würden, die 2,3 Millionen Euro auf null runterzufahren, wird die Bezirksregierung nicht zustimmen.“

Das Radwegenetz soll ausgebaut, Lücken schneller geschlossen werden. Dafür wollen die Sozialdemokraten mehr Geld im Haushaltsplan einsetzen.
Das Radwegenetz soll ausgebaut, Lücken schneller geschlossen werden. Dafür wollen die Sozialdemokraten mehr Geld im Haushaltsplan einsetzen. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Stichwort Zustimmung: Dass die Sozialdemokraten Unterstützung von CDU und Grünen bekommen, ist kaum zu erwarten, auch wenn sie wie in den Vorjahren betonen, die Tür für die anderen Fraktionen „und vernünftige Gespräche“ stehe allzeit offen. Günter Pruin, kommunalpolitischer Sprecher der Partei, geht daher davon aus, dass der einstige Gelsenkirchener Konsens auch im fünften Jahr in Folge nicht greifen wird, die SPD wieder mit ihrer Ratsmehrheit allein die finanzpolitische Verantwortung tragen wird.

Die inhaltlichen Schwerpunkte:

Der 2007 ins Leben gerufene Kommunale Ordnungsdienst soll weiter aufgestockt werden – und zwar schneller als derzeit geplant. 2020 will die SPD den Zuwachs von zehn Stellen, 2021 von weiteren fünf.

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Der soziale Arbeitsmarkt, stellt der Sozialpolitiker Axel Barton fest, sei ein Erfolgsmodell. Ende des Jahres seien rund 500 Stellen besetzt. Die Arbeit in den Quartieren „hat segensreiche Wirkung. Das ist für die Bürger spürbar.“ Deutlich geworden sei aber auch, dass Alleinerziehende weniger stark von der Förderung profitierten als gedacht. Hier solle die Verwaltung prüfen, wie nachgesteuert werden kann. Ebenso soll geprüft werden, ob nicht eine neue Anlaufstelle für Familien mit erhöhtem Unterstützungsbedarf geschaffen werden könne, beispielsweise an der Markenstraße in Horst.

Anhebung der Kita-Freibeträge

Bei den Kindergartenbeiträgen will die SPD für 2020 prüfen lassen, welche finanziellen Folgen die Veränderung der Einkommensgrenzen bei den Kita-Beiträgen hätten. Grundsätzlich sollten mehr Eltern von Beiträgen freigestellt werden.

Die Befreiung gilt aktuell ab 17.500 Euro Jahreseinkommen. Befreit sind auch Eltern, die Wohngeld beziehen. Da das aber nicht für alle Geringverdiener gilt, befürwortet die SPD eine Anhebung der Obergrenze auf 23- bis 24.000 Euro.

Beim Thema Bildung wünscht sich die SPD stärkere „Demokratieerziehung“. Ihre Idee: Eine Fachstelle für politische Bildung, eventuell angedockt an das Institut für Stadtgeschichte. Auch das Thema Kinderuniversität möchte Bürgermeisterin Martina Rudowitz (wieder)-beleben, Prävention und Bildung im Kita-Alter fördern. Denkbar ist hier für sie ein Zusammenspiel mit der Westfälischen Hochschule.

Mehr aufforsten und auch zunehmend Stadtbäume pflanzen will die SPD. Dabei setzt sie auch auf bürgerschaftliches Engagement. Ein Vorbild lieferte beispielsweise Hans-Jürgen Muß aus Gelsenkirchen (links im Bild). Nach dem Sturm Ela spendete er drei Bäume.
Mehr aufforsten und auch zunehmend Stadtbäume pflanzen will die SPD. Dabei setzt sie auch auf bürgerschaftliches Engagement. Ein Vorbild lieferte beispielsweise Hans-Jürgen Muß aus Gelsenkirchen (links im Bild). Nach dem Sturm Ela spendete er drei Bäume. © FUNKE Foto Services | Thomas Schmidtke

Mobilität und Umwelt seien Kernthemen der Zukunft, sind Margret Schneegans und Manfred Leichtweis überzeugt. Schneegans will eine bessere Anbindung an den künftigen Radschnellweg, zudem den stärkeren Ausbau- und Lückenschluss beim Radwegenetz. Zwei Mobilitätsstationen mit Leihrädern, Lasträdern oder Car-Sharing, etwa an den beiden Busbahnhöfen, ebenso ein Fahrradparkhaus stehen hier auf der SPD-Agenda. Zudem wirbt Schneegans dafür, dass sich Gelsenkirchen dem Aufnahmeverfahren in die Arbeitsgemeinschaft der Fußgänger- und Fahrradfreundlichen Städte stellt. Das hätte Signalwirkung, glaubt sie. Ebenso wie die Idee, bei der Instandhaltung von Straßen keinen Vollausbau durchzuführen, sondern nur die Deckschichten zu erneuern. Städte wie Siegen operieren so, das minimiere Straßenbaukosten und Kommunalabgaben für Anlieger. Schneegans plädiert für die Probe aufs Exempel: „Vielleicht können wir nach dem Verfahren ja erstmal in jedem Bezirk eine Seitenstraße sanieren.“

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Auch eine Idee: ein Hochzeitswald

Für die „nötige Klimaanpassung“, so Leichtweis, brauchen wir eine „strategische Grundlage“, gebunden an „eine strategische Grünplanung“. Die solle ermitteln, wo Bäume aufgeforstet, wo innerstädtisches Grün vermehrt werden könne. Dem umweltpolitischen Sprecher ist eine breite Bürgerbeteiligung bei einer verstärkten Aufforstung wichtig. Und auch diese Idee gibt es fürs Klima: „Ich könnte mir einen Hochzeitswald vorstellen, in dem frisch vermählte Bäume pflanzen können.“