Gelsenkirchen. Die Deutsche Umwelthilfe beantragt im Zuge des Dieselfahrverbots auch ein Böller-Verbot. Auch Gelsenkirchen ist betroffen. Wie die Stadt reagiert.
16 Prozent der jährlich vom Straßenverkehr ausgestoßenen Menge – so viel Feinstaub verursachen Silvester-Böller innerhalb weniger Stunden. Das will die Deutsche Umwelthilfe (DU) ändern und beantragt ein Böllerverbot in 31 Städten – auch in Gelsenkirchen. Ende Juli ist das Schreiben der Deutschen Umwelthilfe bei der Verwaltung eingegangen.
„Das Schreiben wird noch von den entsprechenden Dienststellen – insbesondere vom Referat Umwelt – geprüft“, sagte Stadtsprecher Oliver Schäfer. Die Verwaltung verweist darauf, dass Gelsenkirchen seit drei Jahren die gesetzlich vorgegebenen Feinstaubgrenzwerte einhalte. Und auch in der Silvesternacht sei der Grenzwert nicht überschritten worden, so Schäfer weiter.
Den Daten des Landesumweltamtes zu Folge lag die Feinstaubbelastung an der Kurt-Schumacher-Straße am 31. Dezember 2018 im Mittel bei 37 und am 1. Januar 2019 bei 50 Mikrogramm pro Kubikmeter. Beim Jahreswechsel 2017/2018 lagen die Feinstaub-Werte bei 16 respektive 30 Mikrogramm pro Kubikmeter, einen weiteren Jahreswechsel zuvor bei 49/124 Mikrogramm pro Kubikmeter. Laut der EU-Richtlinie 1999/30/EG sind nur maximal 35 Überschreitungen des Grenzwertes von 50 Mikrogramm pro Jahr zulässig. Gelsenkirchen hatte bei Feinstaub in den vergangenen drei Jahren insgesamt 24, 28 beziehungsweise 26 Überschreitungstage und lag damit unterhalb der Vorgaben.
Ausschuss stimmt einstimmig gegen Böller-Verbot
Grundlage für die Forderung der DU ist die Überschreitung des von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Jahresmittelwerts von 20 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter. Derzeit liegt der Jahresmittelwert bei 40 Mikrogramm. Als gesundheitsgefährdend gilt eine dauerhafte Belastung.
Winzige Partikel mit tödlicher Wirkung
Der Feinstaub in der Luft ist unsichtbar und stammt hauptsächlich von Industrieanlagen, privaten Haushalten, Dieselruß, Straßenstaub und Autoreifenabrieb. Die winzigen Teilchen messen im Durchschnitt weniger als zehn Mikrometer, das entspricht einem Zehntel des Durchmessers eines menschlichen Haares.
Hohe Konzentration von besonders kleinen Partikeln, auch Ultrafeinstaub genant, ist für Menschen am gefährlichsten. Kleiner als ein Mikrometer bleiben die Staubpartikel nicht in Nase und Rachen hängen, sondern können ungehindert in die Lunge gelangen. Dort können sie Entzündungen, Wucherungen, Asthma, Bronchitis oder Krebs auslösen. In bestimmten Konzentrationen führen sie auch zum Herzinfarkt.
Eine EU-Studie zu Folge sterben in Europa jährlich 310.000 Menschen an den Folgen der Feinstaub-Belastung, davon 65.000 in Deutschland.
Im Gelsenkirchener Haupt- und Finanzausschuss ist über das Böllerverbot im Dezember 2018 bereits diskutiert und abgestimmt worden. Das Gremium hatte sich einstimmig gegen ein Verbot ausgesprochen. In verschiedenen Appellen warben die Politiker aber auch für einen freiwilligen Verzicht auf Böller. Seinerzeit hatte auch das Umweltreferat Stellung bezogen und „keine Rechtfertigung für ein grundsätzliches Feuerwerksverbot“ gesehen. Als Begründung wurde unter anderem aufgeführt, dass nach Rücksprache mit der Berufsfeuerwehr es in Gelsenkirchen „keine besonders brandempfindlichen Gebäude oder Anlagen gebe, bei denen ein Verbot verhältnismäßig und notwendig sei.
Alleingang ist weniger zielführend, Frage der Überprüfung völlig offen
Ein Böllerverbot beinhaltet eine Vielzahl von Problemen. Nachhaltig bessere Luft ließe sich nur erzielen, wenn das Verbot städteübergreifend (im Ruhrgebiet) wirken würde. Ein Alleingang einer Kommune brächte wenig. Außerdem stellt sich die Frage, wer die Einhaltung eines solchen Verbotes überprüfen soll. Der Kommunale Ordnungsdienst ist personell für das gesamte Stadtgebiet dazu gar nicht in der Lage. Und die Polizei hat an Silvester ohnehin genug anderes zu tun. Des Weiteren wäre auch eine einheitliche Regelung in Bund oder Land erforderlich, zum Beispiel was den Verkauf von Silvesterfeuerwerk angeht. Denn den Verkauf zu erlauben, aber das Abbrennen andererseits zu verbieten, würde sich logisch betrachtet ausschließen.