Gelsenkirchen/Stuttgart. Auf ihrer Facebook-Seite verbreitet die AfD Gelsenkirchen Bilder von der Schwertattacke in Stuttgart. Der Parteichef verteidigt das Vorgehen.
Was am Mittwochabend in Stuttgart passiert ist, macht einen sprachlos: Auf offener Straße wird ein 36-Jähriger von einem möglicherweise syrischen Mann mit Flüchtlingsstatus auf bestialische Art und Weise umgebracht. Immer wieder sticht der Täter auf sein Opfer ein und flieht anschließend. Stunden später kann ihn die Polizei verhaften. Was genau in Stuttgart passiert ist, lässt sich nicht nur aus Zeugenaussagen rekonstruieren – es gibt ein Video von der Tat. Und genau dieses Video könnte nun strafrechtliche Konsequenzen für die Gelsenkirchener AfD haben.
Video wurde Donnerstagnachmittag online gestellt
Die Partei hat dieses Video auf ihrer Facebook-Seite verbreitet. „Schwertattacke eines 28-jährigen Syrers in Stuttgart“ ist es überschrieben und wurde am frühen Donnerstagnachmittag online gestellt. Es zeigt ungefiltert die ganze Brutalität der Tat. Zunächst konnte man den 17 Sekunden langen Film wie jedes niedliche Katzenvideo mit einem Mausklick starten – später wurde ein Filter hinzugefügt, der den Nutzer vor dem Inhalt des Videos warnt: „Dieses Video zeigt möglicherweise Gewaltdarstellungen oder explizite Inhalte“, ist da zu lesen. Und darunter: „Wir haben dieses Video verdeckt, damit du entscheiden kannst, ob du es sehen möchtest.“
„Dieses Video zeigt möglicherweise Gewaltdarstellungen“
Nun musste man nicht mehr aufs Video, sondern auf die Schaltfläche „Video ansehen“ klicken. Damit erklärt der Besucher der Facebook-Seite der AfD Gelsenkirchen sich quasi einverstanden, ein Gewaltvideo zu konsumieren. Es war zunächst aber weiterhin mit nur einem Mausklick zu öffnen. Es scheint im Interesse der AfD zu sein, dass dieses Video von möglichst vielen angesehen wird. „Das sollten alle toleranten Buntmenschen sehen“, kommentiert die Partei ihren eigenen Beitrag. „Damit sie endlich begreifen, was in Deutschland angerichtet wird.“
Ein entsprechendes Strafverfahren wurde eingeleitet
Mit der Weiterverbreitung des Videos hat mindestens eine Person, die das Video für die AfD Gelsenkirchen bei Facebook gepostet hat, möglicherweise gegen Paragraf 131 des Strafgesetzbuchs verstoßen. „Wir haben ein entsprechendes Strafverfahren eingeleitet“, bestätigt Polizeisprecher Torsten Sziesze am Freitag auf WAZ-Nachfrage. „Zunächst gegen Unbekannt.“
Das regelt Paragraf 131
Paragraf 131 des Strafgesetzbuches beschäftigt sich mit dem Thema Gewaltdarstellung. Dort steht unter anderem in Absatz 1: „Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Schrift, die grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen in einer Art schildert, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt.“
Dies gilt laut § 131 auch, wenn ein solcher „Inhalt mittels Rundfunk oder Telemedien“ verbreitet wird. Unter Absatz 2 ist vermerkt: „Absatz 1 gilt nicht, wenn die Handlung der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte dient.“
Der Kreisvorsitzende der AfD Gelsenkirchen, der Bundestagsabgeordnete Jörg Schneider, verteidigt gegenüber der WAZ das Posting des Videos: „Das Video kursiert überall im Netz. Es ist ein Dokument, das Menschen zugänglich gemacht werden sollte.“ Schneider verweist auf die eingebaute Schutzfunktion. Dass die letztlich niemanden, auch Minderjährige, nicht davon abhält, das Video zu sehen, kommentiert er so: „Das ist im Internet leider grundsätzlich so, dass alles frei zugänglich ist.“
Bundestagsabgeordneter Schneider bezieht Stellung
Er erfährt am frühen Freitagmittag durch die WAZ von dem eingeleiteten Strafverfahren und kündigt an: „Ich werde meine Kollegen bitten, das Video zu entfernen. Wenn es strafrechtlich relevant ist, werden wir mit den Behörden zusammenarbeiten.“ Gegen 13.30 Uhr wurde das Video am Freitag von der Facebook-Seite der AfD Gelsenkirchen entfernt.
Warum das Video inklusive aller drastischen Szenen überhaupt hochgeladen wurde, begründet Schneider so: „Diese Gewalt ist fast alltäglich geworden. Wir wollen den Menschen klar machen, dass so etwas passiert. Das darf nicht unter den Teppich gekehrt werden. Dazu dient manchmal auch eine drastische Darstellung.“
Ein Kommentar zum Thema ist hier zu finden: https://www.waz.de/staedte/gelsenkirchen/volksgruppen-nicht-in-sippenhaft-nehmen-id226664183.html