Gelsenkirchen. Der Wetterdienst warnt vor extremer Hitze. Natur und Mensch leiden - Hilfen sind angelaufen. Gießtrupps sind unterwegs, Rettungskräfte bereit.

Nach einem Aufruf des Stadt-Försters in Viersen haben mehr als 100 Freiwillige am vergangenen Wochenende rund 1000 Jungbäume mit Gießkannen bewässert – der örtliche Versorger spendete 40.000 Liter Wasser. Kurz zuvor hat die Stadt Bochum an gefährdeten Bäumen Wassersäcke anbringen lassen. Hitze und Dürre sind in Deutschland und Gelsenkirchen angekommen. Jetzt erwarteten die Meteorologen erneut Sahara-Hitze. Rücken auch in Gelsenkirchen Helfer aus, um die angeschlagenen Sauerstoff- und Schattenspender zu retten?

Waldgebiete zu groß, um dort die Bäume zu wässern

„In solch großem Maß Bäume zu gießen, haben wir nicht ins Auge gefasst“, sagte Förster Oliver Balke von der Forststation Rheinelbe. Er ist verantwortlich für das Grün im Rheinelbepark, am Quartier Graf Bismarck sowie rund um die alten Zechenstandorte Alma und Dahlbusch. Waldgebiete in der Fläche zu gießen, sei kaum möglich, fährt Balke fort. „Allein der Rheinelbepark umfasst 36 Hektar mit einer Unzahl an Bäumen, das ist logistisch nicht praktikabel.“ Gleichwohl bekämen die Tümpel und Teiche im Park Wasserinfusionen, um die Insekten- und Amphibienpopulation dort nicht zu gefährden.

Grundwasserspiegel abgesunken, selbst für Wurzeln alter Bäume außer Reichweite

Ähnlich sieht das auch Ingrid Voigt vom RVR Ruhr Grün. Der Wald in Gelsenkirchen, beispielsweise im Emscherbruch leide, sagt sie. Darunter eine Vielzahl alter Bäume, deren Wurzeln zwar tiefer reichten, doch die Niederschlagsmengen der vergangenen Monate reichten einfach nicht aus, der Grundwasserpegel sei zu weit abgesunken. Auch der RVR lässt Jungbäume bewässern, beispielsweise am Wall an der Hattinger Straße Richtung A40. „Mehr ist nicht möglich.“

Trockene Blätter im Industriewald Rheinelbe. An einigen Bäumen vertrocknen die Blätter aufgrund der Trockenheit. Vielfach werfen Bäume Laub ab, um Energie zu sparen.
Trockene Blätter im Industriewald Rheinelbe. An einigen Bäumen vertrocknen die Blätter aufgrund der Trockenheit. Vielfach werfen Bäume Laub ab, um Energie zu sparen. © FFS | Joachim Kleine-Büning

Geschwächte Bäume, ein gefundenes Fressen für Schädlinge

Zu trocken, zu warm, zu viele Schädlinge: Ein Großteil der heimischen Nadelbäume ist nach Einschätzung der IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) Emscher-Lippe-Aa akut bedroht. Gerade heimische Fichten litten unter Dürre-Stress. „Die Bäume sind Schädlingen wie dem Borkenkäfer fast schutzlosausgeliefert“, sagt der Bezirksvorsitzende der Forst-Gewerkschaft, Georg Nießing. Die aktuelle Lage sei dabei erst der Anfang. „Der heimische Wald bekommt den Klimawandel längst zu spüren. Bei Fichten, Kiefern und Tannen geht es langfristig ums Überleben“,warnt Nießing. Nadelbäume machen etwa 41 Prozent der knapp 910.000 Hektar des nordrhein-westfälischen Waldes aus. Jeder dritte Baum ist demnach eine Fichte.

Wichtig sei daher jetzt eine neue „Waldstrategie“, um den Forst vor dem Klimawandel zu schützen. „Wir brauchen eine breite Aufforstung mit den Baumarten, die vor Ort gedeihen. Dabei müssen private Waldbesitzer und staatliche Forsten noch stärker als bisher auf Mischwälder setzen. Eine Fichte, die neben Buchen und Eichen steht, kommt besser mit Schädlingen zurecht“, so die Gewerkschaft.

Auch die Stadt Gelsenkirchen trägt dem Klimawandel Rechnung, setzt auf andere Baumarten bei der Neu- und Nachpflanzung. So stehen etwa auf dem Georgshain 15 Gleditschien, Lederhülsenbäume. Sie haben besondere Standortbedingungen: Hitzestress, besonderem Winddruck in umbauten Bereichen und ungezählten Hunden, die das Beinchen heben, müssen sie widerstehen. Entsprechend brauchen sie gute Startbedingungen. Ihre Wurzeln schlagen sie entsprechend in wasserdurchlässigem, mit Bimsstein und Lava aufbereitetem Substrat, die Stämme werden unterirdisch von Ankern festgeklammert und in Position gehalten, Bewässerungs- und Belüftungssysteme sollen das Baumleben erleichtern.

Gelsendienste arbeiten Prioritätenliste ab

Gelsendienste kann wegen des hohen Baumbestands in Gelsenkirchen nicht alle Bäume zeitgleich bewässern und setzt daher Prioritäten „Besonderes Augenmerk wird auf die im Vorjahr gepflanzten Bäume gelegt. Die Bäume verfügen noch nicht über ein vollständig ausgeprägtes Wurzelwerk und sind daher besonders auf die Bewässerung angewiesen“, sagte Sprecherin Andrea Eckert. Im ganzen Stadtgebiet seien daher circa 250 Wassersäcke an Stämmen der Jungbäume angebracht worden. Die restlichen (Straßen-)Bäume werden ebenso gewässert, zuerst die zwei- bis dreijährigen Gehölze, danach die übrigen.

Ideelle Bürger-Patenschaften für den Baum vor dem Haus

Balke wie auch Eckert würden sich über bürgerschaftliches Engagement freuen, um das Grün in der Stadt über die Dürreperiode zu bringe. Mit einer Art „ideeller Patenschaft für den Baum vor dem Haus“ so Balke und regelmäßig ein paar Eimern Wasser könnten die Gelsenkirchener schon viel für ihre Umwelt tun.

Frischwasser und Lüfter für Teiche

Gelsendienste hat außerdem am Montag den Teich im Bulmker Park mit 50 Kubikmeter Frischwasser aufgefüllt um eine Belüftung des Gewässers zu gewährleisten. Im Stadtgarten und im Teich der Anlage Schloss Berge sorgen Fontänen für eine Verbesserung der Belüftung. Diese Fontänen sind nicht nur hübsch anzusehen, sie wirbeln das Wasser auch (je nach Leistungsfähigkeit der Fontäne) bis zu fünf Meter in die Höhe. Gegebenenfalls werden Teichlüfter eingesetzt, die mit einem unter dem Wasser befindlichen Propeller das Wasser eine halben Meter oberhalb der Teichoberfläche aufwirbeln.

Kräfte der Freiwilligen Feuerwehr halfen im vergangenen Jahr bei der Wasserversorgung der Bäume.
Kräfte der Freiwilligen Feuerwehr halfen im vergangenen Jahr bei der Wasserversorgung der Bäume. © Foto: Feuerwehr Gelsenkirchen

Feuerwehr kann bei Wasserversorgung einspringen

Die Feuerwehr ist nach Angaben von Sprecher Carsten Jost natürlich auch in Bereitschaft. Wie immer für Mensch, Baum und Tier. Und wie im vergangenen Jahr könnten Einheiten der freiwilligen Brandbekämpfer ebenso im Rahmen ihres Übungsdienstes in den Abendstunden wieder Wasser aus ihren Fahrzeugen und von Hydranten für die Luftverbesserer abzapfen. „Wir haben aber noch keine Anfrage für solche Hilfeleistungen bekommen“, sagt Jost.

Der Leiter der Feuerwehr Gelsenkirchen, Michael Axinger (m.) und Pressesprecher Carsten Jost (l.) sowie der stellvertretende Leiter der Hauptfeuerwache Daniel Hüwe.
Der Leiter der Feuerwehr Gelsenkirchen, Michael Axinger (m.) und Pressesprecher Carsten Jost (l.) sowie der stellvertretende Leiter der Hauptfeuerwache Daniel Hüwe. © Funke Foto Services GmbH | Joachim Kleine-Büning

Rettungskräfte stellen sich auf höhere Einsatzzahlen ein

Die Feuerwehr stellt sich aufgrund der extremen Witterung darauf ein, dass die Zahl der Rettungseinsätze aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Hitzschlägen oder Sonnenstichen bei diesen Temperaturen zunehmen kann. Jost mahnt wie zuletzt auch Feuerwehr-Chef Michael Axinger: „Viel trinken, nicht direkt in die Sonne gehen, Schatten bevorzugen, keinen Sport treiben bei großer Hitze.“

Viel Wasser trinken rät die Feuerwehr.
Viel Wasser trinken rät die Feuerwehr. © dpa | Karl-Josef Hildenbrand

Wiesen- und Waldbrände sind ebenso nicht auszuschließen, die Waldbrandgefahr ist hoch. Schon eine Scherbe kann einen Brand auslösen, etwa auf einer Halde oder im Wald, dort herrscht Rauchverbot.

Auch Krankenhäuser und Alteneinrichtungen bereiten sich vor. Es gibt ausreichend Mineralwasser und Fruchtsaftgetränke. Und das Personal achtet in diesen Tagen besonders darauf, dass die Bewohner ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen.

Geschwächte Bäume sind ein gefundenes Fressen für Schädlinge

Zu trocken, zu warm, zu viele Schädlinge: Ein Großteil der heimischen Nadelbäume ist nach Einschätzung der IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) Emscher-Lippe-Aa akut bedroht. Gerade heimische Fichten litten unter Dürre-Stress. „Die Bäume sind Schädlingen wie dem Borkenkäfer fast schutzlosausgeliefert“, sagt der Bezirksvorsitzende der Forst-Gewerkschaft, Georg Nießing. Die aktuelle Lage sei dabei erst der Anfang. „Der heimische Wald bekommt den Klimawandel längst zu spüren. Bei Fichten, Kiefern und Tannen geht es langfristig ums Überleben“,warnt Nießing. Nadelbäume machen etwa 41 Prozent der knapp 910.000 Hektar des nordrhein-westfälischen Waldes aus. Jeder dritte Baum ist demnach eine Fichte.

Wichtig sei daher jetzt eine neue „Waldstrategie“, um den Forst vor dem Klimawandel zu schützen. „Wir brauchen eine breite Aufforstung mit den Baumarten, die vor Ort gedeihen. Dabei müssen private Waldbesitzer und staatliche Forsten noch stärker als bisher auf Mischwälder setzen. Eine Fichte, die neben Buchen und Eichen steht, kommt besser mit Schädlingen zurecht“, so die Gewerkschaft.

Stadt pflanzt resistentere Baumarten

Auch die Stadt Gelsenkirchen trägt dem Klimawandel Rechnung, setzt auf andere Baumarten bei der Neu- und Nachpflanzung. So stehen etwa auf dem Georgshain 15 Gleditschien, Lederhülsenbäume. Sie haben besondere Standortbedingungen: Hitzestress, besonderem Winddruck in umbauten Bereichen und ungezählten Hunden, die das Beinchen heben, müssen sie widerstehen. Entsprechend brauchen sie gute Startbedingungen. Ihre Wurzeln schlagen sie entsprechend in wasserdurchlässigem, mit Bimsstein und Lava aufbereitetem Substrat, die Stämme werden unterirdisch von Ankern festgeklammert und in Position gehalten, Bewässerungs- und Belüftungssysteme sollen das Baumleben erleichtern.

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