Gelsenkirchen. . Viele Niederlagen hat sie erlebt – und spät auch große Erfolge. Eine Biografie widmet sich Werk und Vita der Künstlerin Helene Menne-Lindenberg.

Zeit ihres Lebens widmete sie sich konsequent und allen Widerständen zum Trotz ihrer Malerei. Ein Weg voller Erfolge, aber auch Niederlagen. Die 1919 im Stadtteil Bulmke geborene Künstlerin Helene Menne-Lindenberg zählte 1950 zu den Mitbegründerinnen der Bundes Gelsenkirchener Künstler und prägte bis zu ihrem Tod im Jahre 1988 das kulturelle Leben der Stadt entscheidend mit. Danach geriet die Malerin ein wenig in Vergessenheit. Im Jahr des 100. Geburtstages von Helene Menne-Lindenberg ist in diesen Tagen eine umfassende Biografie auf den Markt gekommen, die sich in Text und Bild dem Werk und der Vita einer außergewöhnlichen Frau widmet.

Auf der ständigen Suche nach künstlerischen Herausforderungen

Die Monographie, gleichermaßen fundiertes Porträt eines Künstlerlebens als auch Spiegelbild einer wechselvollen Zeit voller Katastrophen und Umbrüche, schrieb die Berliner Germanistin Angelika Menne-Haritz, Tochter von Helene Menne-Lindenberg. Sie beschreibt ein Leben auf der ständigen Suche nach Lösungen für künstlerische Herausforderungen, nutzt für ihre Texte den umfangreichen schriftlichen Nachlass aus Tagebüchern, Briefen und Notizen. Abgerundet wird der Band durch ein Werkverzeichnis.

Mit einer Schenkung von neun Arbeiten ans Kunstmuseum Gelsenkirchen machte die Autorin bereits 2016 auf das Lebenswerk der Mutter aufmerksam. Das Museum widmete Menne-Lindenberg daraufhin eine Ausstellung im Grafikkabinett.

Retrospektive im Domizil an der Bergmannstraße folgt

Helene Menne-Lindenberg prägte bis zu ihrem Tod im Jahre 1988 das kulturelle Leben der Stadt. Das Bild gehört zu den Arbeiten, die im Kunstmuseum ausgestellt wurden.
Helene Menne-Lindenberg prägte bis zu ihrem Tod im Jahre 1988 das kulturelle Leben der Stadt. Das Bild gehört zu den Arbeiten, die im Kunstmuseum ausgestellt wurden. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Im Jubiläumsjahr erinnert auch der Künstlerbund, den Menne-Lindenberg einst mit ins Leben rief, an ihr Gründungsmitglied. Die Retrospektive mit rund 30 Gemälden, Zeichnungen und Linolschnitten ist ab 13. Oktober im Domizil an der Bergmannstraße zu sehen.

Das 135 Seiten starke, üppig bebilderte Buch, erschienen im Petersberger Michael Imhof Verlag, erinnert an eine Kindheit im wirtschaftlich aufstrebenden Gelsenkirchen, an den frühen, unverrückbaren Willen eines Mädchens, die Malerei als Lebensaufgabe zu begreifen, an Studienzeiten in Essen und Berlin, an alltägliche Nöte in Krieg und Diktatur. Und vor allem an den Aufbruch in neue künstlerische Freiheiten mit dem Ende des Naziterrors.

1950 den Gelsenkirchener Künstlerbund gegründet

Schon im Mai 1944 schreibt Menne-Lindenberg in einem Brief von einem Treffen in Gelsenkirchen mit dem Ziel, einen Verbund zu gründen. Ein Jahr später notierte sie euphorisch in ihr Tagebuch: „Unser Bund ist entstanden: Künstlerbund, bestehend aus zwölf Malern. Und mein Kunstideal hallt wider aus zwölf wollenden Seelen!“ Diese Gruppe gab sich den Namen „Hütte“, löste sich aber schon bald wegen politischer Kontroversen wieder auf. Danach wurde 1950 der bis heute aktive „Bund Gelsenkirchener Künstler“ gegründet. Dem ersten Vorstand gehörte auch Menne-Lindenberg an. Die Tochter erinnert in ihrer Biografie an dornige Wege einer Frau, die der gegenständlichen Landschaftsmalerei und der Figur verhaftet blieb.

Autorin stellt Buch vor

Das Buch ist im Michael Imhof Verlag erschienen und kostet 22,90 Euro. ISBN: 978-3-7319-0821-0

Autorin Angelika Menne-Haritz wird den Band am 31. Juli, 19.30 Uhr, in der Buchhandlung Junius, Sparkassenstraße 4, vorstellen. Vom 13. Oktober bis 16. November widmet der Bund Gelsenkirchener Künstler Helene Menne-Lindenberg eine Ausstellung.

Differenzen mit Anhängern der abstrakten Kunst

Und das in einer Nachkriegszeit, als Künstler wieder den Anschluss an die Moderne suchten: „Die fünfziger Jahre waren auch geprägt von zunehmenden Differenzen im Künstlerbund mit Anhängern der abstrakten Kunst. Offene Gespräche über die figürliche Malweise (…) wurden schwieriger. Das dabei entstehende Klima setzte ihr sehr zu und lähmte ihren Schaffensdrang.“ Einer negativen Rezension 1962, erinnert sich die Tochter, folgte eine lange Schaffenspause. In ihrem Spätwerk fand die Malerin zu neuen, reduzierten Ausdrucksformen und großer Anerkennung.

Das umfassende Oeuvre dieser Gelsenkirchener Künstlerin wieder zu entdecken und den unkonventionellen Lebensweg einer Malerin zu verfolgen, dazu lädt nun lohnend die Biografie ein, die auch ein Stück Gelsenkirchener Stadtgeschichte erzählt.