Elf Absolventen wurden im Industrieclub ausgezeichnet. Der Erich-Müller-Standortpreis wurde diesmal geteilt. Gelsenkirchen, erzählen drei der erfolgreichen Preisträger, wird als Studienort geschätzt -auch wegen der billigen Wohnmöglichkeiten.
Verschiedene Fachrichtungen haben sie studiert, unterschiedlichste Biographien zeichnen sie aus, längst sind sie wieder in alle Himmelsrichtungen verstreut – Montag standen sie dennoch Seite an Seite und im Mittelpunkt: Im Industrieclub wurden die elf besten Absolventen des letzten Studienjahres für ihre Leistungen an der Fachhochschule Gelsenkirchen geehrt.
„Die Besten im Westen”, so Oberbürgermeister Frank Baranowski, bekamen bei der Feier von Fachhochschule und Förderkreis nicht nur Urkunden, Lob und warme Worte von Professoren und Stiftern zu hören. Es gab auch Preisgeld von der Volksbank: 250 Euro für jeden Jahrgangsbesten. Dazu 1300 € für den Erich-Müller-Standortpreis.
Die Jury tat sich angesichts der hochkarätigen Arbeiten schwer mit der Einzelvergabe. Entsprechend wurde die Auszeichnung geteilt. Anja Heifel aus Essen (Studiengang Journalismus und Public Relations) befasste sich mit dem Spagat zwischen Marketing und Moral von PR-Kampagnen am Beispiel von „Terre des Femmes”. „Das ist die beste Arbeit, die ich je gelesen habe an unserem Institut”, würdigte Prof. Martin Liebig Heifels Abschluss-Werk. Fließend war der Übergang vom Studium zum Job für Lars Lehmann (Mikro- und Medizintechnik). Der Castrop-Rauxeler ist mittlerweile als Entwicklungsingenieur tätig. Für sein Diplom entwickelte er ein Prüfgerät, das mit Gassensoren Messdaten aufzeichnet. Auch diese Arbeit fand die Jury höchst preiswürdig.
„Wir als Hochschule sind stolz auf sie”, gestand Hochschulpräsident Bernd Kriegesmann und appellierte an die Absolventen: „Lassen sie ihre Ecken nicht rund machen, behalten sie ihren eigenen Kopf und finden sie ihren eigenen Weg.” Die Abschlussarbeiten „haben ein unglaublich hohes Niveau”, findet der Förderkreisvorsitzende Uwe Roth, „was nicht zuletzt auch für die Ausbildung spricht”. Und noch etwas bekamen die Jahrgangsbesten gleich mehrfach zu hören: „Bitte ziehen sie auch eine Karriere in Gelsenkirchen und Umgebung in Betracht. Solche Leute wie sie brauchen wir hier.” Hai Dung Dinh, der vor fünf Jahren aus Vietnam an die FH kam, um erfolgreich Wirtschaftsingenieurwesen zu studieren, wird den Wunsch und 1000 Euro mit nach Saarbrücken nehmen. Dort promoviert er. Ausgezeichnet wurde seine „besondere internationale Leistung” vom Deutschen Akademischen Auslandsdienst.
Stimmen und Meinungen nach dem Studium
Mara Boelhauve: 1986 in Dortmund geboren, dort das Abi gemacht – und dann nach Gelsenkirchen gezogen: Mit dieser Vita fällt man unter Revier-Rivalen auf. „Aber das war eine bewusste Entscheidung. Nicht unbedingt wegen der Stadt, aber das Studienangebot hat mir gefallen”, sagt Mara Boelhauve.
Hinzu kamen kleine Lerngruppen, persönliche Betreuung und durchaus Entfaltungsmöglichkeiten. „Stark verschult habe ich das Studium nicht erlebt”, sagt Boelhauve. Im Wintersemester '06 hat sie ihr Wirtschafts-Studium begonnen. Bald hatte sie das Pendeln nach Gelsenkirchen satt – „und außerdem eine phantastische WG gefunden. Und als Student muss man sagen: hier sind die Mieten sehr günstig.” Den Vergleich hat Boelhauve derzeit. Nachdem sie für ihre auf Englisch verfasste Bachelor-Arbeit (Note 1,0) Düfte und Aromen für eine Marketingstrategie wertete, macht sie nun in Frankfurt ein Jahrespraktikum bei Nestlé. „Danach würde ich gern den Master machen. In Berlin gibt es ein schönes Angebot.”
Mirco Lulkas: Gehirnstrompotenzial hat Mirco Lukas für sein Projekt Brainball buchstäblich eingesetzt, um eine Kugel auf einem Tisch zu bewegen. Tisch, Schrittmotoren und Steuerungscomputer hat er mitentwickelt und gebaut. Wie von Geisterhand rollt die Kugel, gesteuert durch Hirnströme. „Ich wollte spielerisch testen, was möglich ist”, sagt Lukas, der in seinem Bereich zu den ersten Studenten in Gelsenkirchen gehörte.
Dass er nach dem Abitur am Max-Planck-Gymnasium Elektrotechnik studieren wollte, war für den 25-Jährigen früh klar. Dass es die FH sein würde, auch. Die „praktischen Bezüge und der direkte Kontakt zu den Professoren” haben ihn überzeugt, zudem „war die Betreuung im Labor wirklich top”. Mit 40 anderen hat er den Bachelor-Studiengang angefangen und in sechs Semestern durchgezogen. „Am Ende saß ich teilweise in Vorlesungen mit fünf ´bis zehn Leuten. Gelsenkirchen war für mich die richtige Wahl.” Den Master hängt Lukas nun dran: in Bochum.
Anke Schmiedt: Den „Zusammenhang zwischen dem Schädigungsmuster in einer Schraubverbindung und möglichen auftretenden Belastungen” untersuchte Anke Schmiedt für ihre Abschlussarbeit. Hört sich praxisnah an, ist es auch. Schmiedt studierte den kooperativen Studiengang Maschinenbau, ihre Untersuchungs-Objekte stammten aus dem Kraftwerksbau. Dafür zog sie nach dem Abitur aus der Nähe von Detmold ins Revier, studierte in Gelsenkirchen, zog hier ins Studentenwohnheim und absolvierte gleichzeitig eine Ausbildung bei Siemens in Mülheim.
„So bekommt man Einblick in den Betrieb, das erleichtert den Einstieg. Auf der anderen Seite reizt der materielle Aspekt. Man bekommt ein Gehalt und muss nicht nebenher fürs Studium verdienen. das wäre sonst bei mir nötig gewesen.” Im Fachbereich war sie eine der ersten Kombi-Absolventen. Die Kooperation führt Anke Schmiedt fort. Sie bleibt Siemens verbunden – nun auch beim Master-Studium an der Ruhruni Bochum.
Weitere Preisträger im Überblick
Anja Heifel und Lars Lehmann sind die Standortpreisträger 2009. Neben Mara Boelhauve, Mirco Lukas und Anke Schmiedt gab es Auszeichnungen für: Alexander Gibhardt (Maschienbau), Matthias Löwner (Elektrotechnik), Felix Ribbing (Mikro- und Medizintechnik), Klemens Schrage und Maximilian Stein (beide Angewandte Informatik).