Gelsenkirchen/Düsseldorf. . Das Land will die Zwar-Zentralstelle nicht mehr finanzieren. Die Ü 50-Gruppen in Gelsenkirchen fürchten, dass ihnen dann Know-how fehlen wird.

Mittwoch um die Mittagszeit ist Wilfried Reckert gerade auf dem Weg zur U-Bahn. Er kommt frisch von einem Protesteinsatz vor dem Landtag in Düsseldorf. Wie rund 30 andere Männer und Frauen aus Gelsenkirchen auch. Sie gehören zu lokalen Zwar-Gruppen, diesen selbst organisierten, unterschiedlichsten Foren und Vereinigungen, die Programme bieten für Menschen „Zwischen Arbeit und Ruhestand“. Über 18 solcher Gruppen mit weit über 100 Interessengruppen bestehen in Gelsenkirchen. Unterstützung erfahren sie von der Zwar-Zentralstelle.

Die Finanzierung soll 2020 auslaufen

Doch die, fürchten Reckert und seine Mitstreiter, ist in Gefahr. Die Finanzierung soll 2020 auslaufen, die Landesregierung will die Stelle dann nicht mehr fördern. „Da würde dann das Licht ausgehen“, sagt Reckert. Es geht um 500.000 Euro. Geld, dass aus Sicht der Protestierenden sehr gut angelegt ist.

In Zwar-Gruppen für die Generation Ü 50 verbünden sich Menschen ohne Mitgliedschaft, ohne Mitgliedbeiträge und ohne Vorstände. Manche gehen gemeinsam spazieren, andere verfolgen Ortsteil-Projekte oder organisieren Nachbarschaftshilfe. Als Reckert noch Seniorenbeauftragter der Stadt Gelsenkirchen war, trieb er die Entwicklung mit voran. „Das ist relativ organisch gewachsen. Vor etwa zehn Jahren gab es nur zwei Gruppen, mittlerweile existiert in jedem Stadtteil eine, systematisch entwickelt haben sich auch zwei türkische und eine russische Gruppe und weitere mit inklusivem Charakter.“

Allein die Gruppe in Buer vereint 160 bis 180 Leute

Da keine Mitglieder gezählt werden, kann Reckert, selbst Mitglied der „Projektwerkstatt 50+“, nur schätzen, wie viele Menschen sich in der Stadt mit Zwar verbunden fühlen – „über 1000 werden es wohl sein, die erreicht werden“, sagt er. Allein die Gruppe in Buer vereine 160 bis 180 Leute. „Sie leben neue Nachbarschaftlichkeit, setzen sich für Generationensolidarität ein und wirken gegen Vereinsamung.“ Gerade angesichts der demografischen Entwicklung hält Reckert diese Form von Interessenvertretung und Gemeinsamkeit für besonders wichtig

Appell an NRW-Sozialminister Laumann

Selbstorganisation zeichnet die Gruppen aus. Doch sie benötigen oft Starthilfe und manchmal auch Unterstützung im laufenden Betrieb. Dann kommt landesweit die Zentralstelle mit ihrer Expertise ins Spiel. Reckert: „Sie unterstützt die Gründung von neuen Gruppen und liefert das Know-how, wie man die Entwicklung aktiv mitgestalten kann.“ Geboten werde ein System an Schulungen.

„Vermittelt wird zum Beispiel, wie man selbstorganisierte Gruppen moderiert oder auch wie man mit Konflikten umgeht. Das ist ein Angebot, das man eher auf die ganze Bundesrepublik übertragen und nicht wegkürzen sollte. Minister Laumann wäre gut beraten, sich einmal in den Zwar-Gruppen umzuschauen. Dann wüsste er, was sinnvolle Prävention gegen Pflegebedürftigkeit ist. Offenbar hat er die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt“, so Reckert.

Abgeordnete von Grünen und der SPD

Sollten die Protestierenden vor dem Landtag, rund 400 waren es nach Reckerts Schätzung, Mittwoch mit ministerieller Aufmerksamkeit gerechnet haben, wurden sie enttäuscht. „Abgeordnete von Grünen und SPD haben sich solidarisch mit unseren Forderungen gezeigt. Es soll auch ein Gespräch mit der FDP geben“, sagt Reckert, der weitere Proteste ankündigt. Zunächst am Samstag in Buer.


>>> Unterschriftensammlung für eine Petition <<<

Mit Demonstrationen und ihrer „openPetition“ (bislang 3998 Unterstützer in NRW) wollen Zwar-Gruppen das Aus der Zentralstelle verhindern. An einem Infostand an der Ecke Hoch- und Springestraße in Buer sollen am Samstag, 13. April, 11 bis 13 Uhr, Unterschriften für eine Landtags-Petition gesammelt werden.

Die Zentralstelle wird seit fast 40 Jahren vom Land gefördert. Das Aus ist für Ende 2019 angekündigt. Information zu Zwar auf
www.zwar-gelsenkirchen.de